Der Krater
seine Hand zusammen. »Willst du mit zu mir kommen?«, flüsterte sie ihm ins Ohr und streifte es dabei mit den Lippen.
»Ja«, sagte er. »Ja, gern.«
13
S isophon war genauso hässlich, wie Ford es in Erinnerung hatte, mit weißgestrichenen Zementbauten zwischen zerfledderten Palmen und kränklich wirkenden Banyanbäumen. Die Straßen waren unbefestigt, und an vielen Fassaden sah man noch die Schrapnell-Narben aus dem Krieg. Als Fords Fahrer in die Stadt einfuhr, raste ein UN -Jeep voller Blauhelme mit dem Logo des UNDP , des Entwicklungsprogramms der UNO , an ihnen vorbei.
Das Tourist A-1-Hotel stand noch an seinem angestammten Platz, heruntergekommener denn je, und auf der Straße davor drängten sich Kinder, die alles Mögliche verkauften. Das Gebäude aus Betonschalsteinen beherbergte vor allem NGO -Mitarbeiter und hatte vermutlich in all seinen schäbigen Jahren noch keinen echten Touristen gesehen. Ford nahm ein Zimmer, ließ seinen Koffer beim Manager persönlich zurück und gab ihm einen Zehntausend-Riel-Schein mit dem Versprechen, weitere fünfzigtausend zu zahlen, wenn der Koffer bei seiner Rückkehr noch intakt war.
Er verließ das Hotel zu Fuß und ging in Richtung eines Antiquitäten-Werks unter freiem Himmel am Rand der Kleinstadt. Auf diesem Weg wichen Zementbauten allmählich Pfahlbauten aus Holz mit Schilfdächern, kleinen Reisfeldern und Wasserbüffeln, die Holzkarren zogen. Die Antiquitäten-Werkstatt, die sich über eine große, offene Fläche erstreckte, bot ein Bild der emsigen Aktivität. Zeltdächer waren in langen Reihen aufgebaut, und darunter arbeiteten Steinmetze zum fidelen Klirren von stählernen Meißeln auf Stein. Dies war eines der bekannteren Antiquitäten-Werke in Kambodscha, wo ein ganzes Heer begabter Kunsthandwerker haufenweise Sandsteinbrocken in nachgemachte Antiquitäten aus der Angkor-Periode verwandelten, die dann in Bangkok und auf der ganzen Welt verkauft wurden.
Ford spazierte durch das fröhliche Werk unter freiem Himmel und sah zu, wie die Handwerker auf Sandsäcken gelagerte Steinbrocken bearbeiteten, aus denen dann tanzende Apsaras, Devatas, Buddhas, Lingams und Nagas aus dem 11. Jahrhundert zum Vorschein kamen. Aus einem nahen Metallschuppen, der einen eigenen Generator hatte, war das Surren von Hightech-Druckern zu hören, auf denen Fälscher die Dokumente produzierten, die eine Antiquität als echt auswiesen und ihr eine glaubhafte Herkunft bescheinigten. Daneben wurden die frischen Skulpturen mit Säure besprüht, in Schlamm gebadet, mit Tee verfärbt, mit Eiweiß eingeschmiert und sogar in der Erde vergraben, um sie alt aussehen zu lassen.
Ford ließ den Blick über die Menge der Arbeiter, Käufer und Verkäufer schweifen auf der Suche nach seinem alten Freund Khon. Und da war er, unmöglich zu übersehen mit seiner rundlichen Gestalt, dem glänzenden Kahlkopf und der dicken Brille. Er ging zwischen den Kunsthandwerkern hin und her, wechselte mit allen ein paar Worte, klopfte mit seinem Spazierstock gegen einige Stücke, lachte laut und amüsierte sich prächtig.
»Khon!« Ford ging zu ihm hin und begrüßte ihn mit einem herzlichen Händedruck.
»Wyman, mein lieber Freund! Beschissene Freude, dich zu sehen!«
»Der Name ist Kirk«, sagte Ford mit einem Zwinkern.
Ohne mit der Wimper zu zucken, rief Khon aus: »Kirk, mein lieber Freund!« Er lachte mit zurückgeworfenem Kopf so melodisch wie eine Glocke, dann riss er sich zusammen, und sein Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an. »Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen, nachdem …« Seine Stimme erstarb.
»Da bin ich.«
»Kirk, du bist verdammt dünn! Und so viele graue Haare! Es gibt da ein uraltes kambodschanisches Sprichwort: ›Dass Schnee auf dem Dach liegt, bedeutet nicht, dass im Herd kein Feuer mehr brennt!‹« Wieder lachte er.
»Irgendwie bezweifle ich, dass das ein echtes uraltes kambodschanisches Sprichwort ist.«
Khon winkte ab. »Ich habe dir ein Geschenk mitgebracht.« Er fuhr mit der Hand in die Tasche und holte eine kleine Steinskulptur hervor, den Kopf des Garuda, des mythischen Vogelwesens. »Ist natürlich eine Fälschung. Willkommen in Kambodscha.«
Ford war froh, dass er sich an die kambodschanische Sitte erinnert hatte, Geschenke auszutauschen. »Hier ist etwas für dich.«
Khon starrte durch seine runden Brillengläser auf den grünen Edelstein. »Sag bloß, du hast in Bangkok Edelsteine gekauft!«
»Das ist ein Smaragd, und er ist echt. Lausige Qualität
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