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Der Krater

Titel: Der Krater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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betrachtete das Kind genauer und entdeckte, dass es ein Mädchen war, als Junge verkleidet.
    Der Mönch sagte: »Wenn sie wüssten, dass wir sie hier verstecken, würden wir alle sterben.« Er wandte sich dem Mädchen zu. »Komm her, mein Kind, und erzähle dem Amerikaner alles, was du weißt, auch die schlimmsten Dinge.«
    Die Kleine sprach mit ausdrucksloser Stimme, als sage sie in der Schule etwas auf. Sie berichtete von einer Explosion in den Bergen, und wie die ehemaligen Rote-Khmer-Soldaten gekommen waren. Sie hatten ihr Dorf überfallen, ihre Eltern ermordet und die Überlebenden durch den Dschungel zur Mine verschleppt. Sie erzählte, wie sie langsam erblindet war, während sie Haufen zerbrochener Steine nach den Edelsteinen abgesucht hatte. Dann beschrieb sie ganz klar und deutlich die Mine in allen Einzelheiten – wo die Soldaten patrouillierten, wo der große Boss wohnte und wie an der Mine gearbeitet wurde. Als sie fertig war, verneigte sie sich und trat zurück.
    Ford legte sein Notizbuch hin und atmete tief durch. »Erzähl mir noch einmal von der Explosion. Was für eine Explosion war das?«
    »Wie eine Bombe«, sagte sie. »Die Wolke ist hoch in den Himmel gestiegen, und danach ist tagelang schmutziger Regen gefallen. Viele Bäume sind umgestürzt.«
    Ford wandte sich an den Mönch. »Hast du die Explosion gesehen? Was war das?«
    Der Abt sah ihn mit durchdringendem Blick an. »Ein Dämon aus dem tiefsten Schlund der Hölle.«

19
    A bbey sicherte den eingeholten Anker mit der Kettenbremse und kam achtern. Sie hüpfte in die Steuerkabine hinunter. »Ab geht’s«, sagte sie, packte das Steuerrad, gab Gas und lenkte den Bug weg von der Insel, die sie gerade abgesucht hatten – Marsh Island.
    »Das war wohl nichts«, entgegnete Jackie säuerlich.
    »Zwei geschafft, noch drei liegen vor uns«, sagte Abbey und bemühte sich, zuversichtlich zu klingen. »Keine Sorge – wir finden ihn schon.«
    »Wehe, wenn nicht. In diesem Gebüsch da oben wäre ich beinahe verreckt. Ich komme mir vor, als wäre ich in einem Sack voll Wildkatzen gefangen gewesen. Sieh dir mal die vielen Kratzer an!« Sie hielt Abbey einen Arm vors Gesicht.
    »Kriegsverletzungen. Mit denen kannst du vor deinen Enkeln angeben.« Sie steuerte die
Marea
um die Nordwestspitze von Marsh Island herum. Die sinkende Sonne leuchtete blutorangenrot über dem fernen Festland, ein leichter Dunst hing in der Luft. Sie sah auf den Kartenplotter und ließ sich den Kurs zur nächsten Insel auf ihrer Liste anzeigen: Ripp. Sie konnte sie schon am Horizont sehen, mehrere Meilen jenseits der alten Bodenstation auf Crow. Die Anlage wirkte immer so fehl am Platze, eine riesige weiße Blase, die von der felsigen Insel aufragte wie ein gigantischer Bovist. Ein kleiner Schwarm Lichter trieb über das Wasser: die Crow Island Ferry auf dem Weg nach Tenants Harbor.
    »Erinnerst du dich an unseren Schulausflug da raus?«, fragte Jackie, die ihrem Blick folgte. »An die drei Spinner, die auf der Insel wohnen und sich rund um die Uhr um die Satellitenstation kümmern?«
    »Das war früher, als sie die Anlage noch benutzt haben, um Signale zur Saturnsonde zu schicken.«
    »Man muss sich doch fragen, was für ein Irrer so einen Job annehmen würde, auf einer Insel mitten im Nirgendwo. Erinnerst du dich an den Kerl mit den vorstehenden Zähnen, der uns angeglotzt hat? Was glaubst du, was die da den ganzen Tag lang machen?«
    »Vielleicht telefonieren sie mit E.T.«
    »He, E.T., hast du noch was von dem Mars-Gras?«, rief Jackie.
    Abbey lachte. »Da wir gerade von bewusstseinsverändernden Substanzen sprechen, fällt mir auf, dass die Sonne unter die Rah gesunken ist.« Sie hielt eine Flasche Jim Beam hoch.
    »Verstanden.«
    Abbey nahm einen Schluck und reichte die Flasche weiter. Jackie trank auch daraus. Die Sonne tauchte hinter den Horizont ab, und langsam breitete sich die Dämmerung über die glasklare Bucht.
    »O-oh«, sagte Abbey, die wieder nach vorn schaute. Sie nahm das Fernglas vom Armaturenbrett und spähte zur Insel vor ihnen. »In dem Haus auf Ripp brennt Licht. Sieht so aus, als wäre der Admiral dieses Jahr schon früher aus Jersey gekommen.«
    »Scheiße.«
    Als sie sich der Insel näherten, kam eine mit Schindeln gedeckte Villa mit zahlreichen Türmchen und Erkern in Sicht, von außen angeleuchtet.
    »Dieser Admiral ist ein verdammter Irrer«, bemerkte Jackie. »Es heißt, er sei im Koreakrieg gewesen und hätte da einen Haufen Frauen und Kinder

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