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Der Krater

Titel: Der Krater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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umgebracht.«
    »Moderner Mythos.«
    »Was ich damit sagen will: Vielleicht sollten wir Ripp lieber vergessen.«
    »Jackie, die Linie verläuft mitten über die Insel. Wir suchen eben nachts – heute Nacht.«
    Jackie stöhnte. »Wenn der Meteorit auf Ripp Island gelandet ist, hätte der Admiral ihn sicher schon gefunden.«
    »Er war nicht da, als er niedergegangen ist. Und die Insel ist groß.«
    »Es heißt, er hätte Wachleute.«
    »Na klar, zwei Hot-Dog-Fresser, die auf ihren fetten Hintern in der Küche sitzen und
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glotzen.«
    Abbey betrachtete Hafen und Haus durchs Fernglas. Das Boot des Admirals, ein Crownline mit Außenbordmotor, war am Schwimmsteg vertäut, und in der Bucht lag eine große Motoryacht vor Anker. Sie konnte in den erleuchteten Fenstern des Hauses Bewegung erkennen.
    »Wir ankern auf der anderen Seite.«
    »Pass auf die Kabbelung an der Westseite auf«, warnte Jackie. »Die ist ziemlich bösartig. Am besten nähert man sich von Südsüdwest mit zwanzig Grad.«
    »Ist gut.« Abbey drehte das Steuer herum und änderte den Kurs so, dass sie sich der Insel von der anderen Seite näherten. Sie ankerten etwa fünfzig Meter vor der Küste. Die Sterne begannen zu leuchten. Abbey löschte die Ankerlaternen und schaltete alle Anzeigen aus, so dass das Boot im Dunkeln lag, während Jackie einen kleinen Rucksack mit dem Nötigsten packte: ein Flachmann mit Jim Beam, Tauchermesser, Fernglas, Feldflasche, Streichhölzer, Taschenlampen, Batterien und eine Dose Pfefferspray.
    Sie stiegen ins Beiboot. Das Wasser lag glänzend und dunkel da, die Insel vor ihnen hatte die Finsternis verschluckt. Abbey ruderte aufs Ufer zu, wobei sie das Blatt abdrehte, damit die Ruder nicht so laut ins Wasser platschten. Das Boot knirschte auf dem Sand, und sie hüpften von Bord. Durch die Bäume hindurch konnte Abbey gerade noch den Lichtschein vom Haus her sehen.
    »Und jetzt?«, flüsterte Jackie.
    »Mir nach.« Abbey orientierte sich mit ihrem Kompass, überquerte den Strand, schlug sich durch ein Dickicht aus Kartoffel-Rosen und brach schließlich in den Wald durch. Sie konnte Jackie hinter sich keuchen hören. Unter den Bäumen war es so pechschwarz wie in einer Höhle. Sie schaltete ihre Taschenlampe ein, schirmte sie mit der Hand ab und schwenkte den Strahl hin und her, während sie durch den moosigen Wald stapften und nach dem Krater suchten. Ab und zu blieb Abbey stehen, um die Richtung mit dem Kompass zu überprüfen.
    Zehn Minuten vergingen, und sie hatten noch nichts gefunden. Schon fast am anderen Ende der Insel wateten sie durch einen Sumpf und mussten dann durch einen trägen Fluss, dessen Wasser ihnen bis zur Brust reichte, so dass Abbey den Rucksack über ihren Kopf hielt. Das Sumpfland wich einer offenen Wiese. Unter den letzten Bäumen kauerten sie sich hin, und Abbey suchte mit dem Fernglas die Wiese ab, während Jackie ihre Schuhe auszog und schlammiges Wasser auskippte.
    »Mir ist eiskalt.«
    Die Wiese zog sich einen Hügel hinauf zu einem gepflegten Rasen und einem Tennisplatz, hinter dem das riesige Haus aufragte. Abbey sah Bewegung in einem Fenster – einen Schemen.
    »Wir müssen über diese Wiese«, flüsterte Abbey. »Da könnte der Krater sein.«
    »Vielleicht gehen wir lieber außen herum.«
    »Auf keinen Fall. Wir machen das richtig.«
    Keine von beiden bewegte sich.
    Abbey stupste sie an. »Hast du Angst?«
    »Ja. Und mir ist kalt.«
    Abbey holte den Flachmann aus dem Rucksack und reichte ihn ihrer Freundin. Jackie genehmigte sich einen Schluck, und Abbey tat es ihr gleich.
    »Fühlst du dich jetzt gewappnet?«
    »Nein.«
    »Bringen wir’s hinter uns.« Abbey spürte, wie die Wärme durch ihren Bauch rieselte, als sie sich auf die Wiese schob. Der Lichtschein vom Haus her reichte ihnen, also steckte sie ihre Taschenlampe in den Rucksack. Auf Händen und Knien, tief geduckt, krochen sie über das tote, verfilzte Gras.
    Etwa nach der halben Strecke hörten sie von fern einen Hund bellen. Instinktiv legten sich beide flach aufs Gras. Schwach drangen Frank-Sinatra-Klänge aus dem Haus herüber und verstummten wieder – jemand hatte eine Tür geöffnet und wieder geschlossen.
    Ein weiteres fernes Kläffen. Abbey spürte, wie ihr eiskaltes Wasser den Rücken hinabrann, und sie zitterte.
    »Abbey, bitte. Hauen wir ab.«
    »Psst.«
    Als Abbey gerade aufstehen wollte, sah sie zwei flinke Schatten um die Ecke der Villa schießen und oben über den Rasen flitzen, hin und her, die Nasen tief

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