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Der Krater

Titel: Der Krater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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Leine, und Abbey begann zu rudern. Die
Marea
verschwand im Nebel. Bald kamen sie an einem Felsen vorbei, der wie ein schwarzer Zahn aus dem Wasser ragte, umgeben von Tang. Ein weiterer Felsen, und noch einer. Das Wasser hob und senkte sich in öligen Wellen. Kein Windhauch regte sich. Abbey spürte, wie der nasse Nebel sich in ihrem Haar und auf ihrem Gesicht sammelte und auf ihre Kleidung tropfte.
    »Jetzt verstehe ich, warum du das Boot nicht hier reinsteuern wolltest«, sagte Jackie mit Blick auf die Felsen, die aus dem Nebel ragten. Manche waren gut zwei Meter hoch und wirkten beinahe wie menschliche Gestalten, die sich aus dem Wasser erhoben. »Unheimlich.«
    Abbey pullte.
    »Wir könnten die ersten Menschen sein, die Shark Island je betreten haben«, fuhr Jackie fort. »Wir sollten eine Fahne aufstellen.«
    Abbey pullte weiter. Ihr sank der Mut. Es war schon so gut wie vorbei. Auch hier würde es keinen Meteoriten geben.
    »He, Abbey, tut mir leid, dass ich vorhin so herumgemotzt habe. Selbst wenn wir keinen Meteoriten finden, war es ein tolles Abenteuer.«
    Abbey schüttelte den Kopf. »Ich muss nur immer daran denken, was du gesagt hast – dass ich mein Leben versaue, weil ich das College hingeschmissen habe. Mein Vater hat jahrelang gespart, um mein Studium zu finanzieren. Und was mache ich? Ich wohne mit zwanzig noch zu Hause und kellnere in Damariscotta. Erbärmlich.«
    »Hör schon auf, Abbey.«
    »Ich habe noch achttausend Dollar Schulden an Studiengebühren, und mein Vater muss trotzdem weiterzahlen.«
    »Achttausend? Wow. Das wusste ich nicht.«
    »Mein Vater steht um halb vier Uhr morgens auf, um seine Fallen rauszubringen, er schuftet wie ein Pferd. Er hat mich ganz allein großgezogen, nachdem meine Mom gestorben war. Und was mache ich? Ich stehle sein Boot. Warum bin ich so eine schrecklich schlechte Tochter?«
    »Eltern
sollen
sich für ihre Kinder die Finger wund schuften. Das ist so gedacht.« Jackie versuchte zu lachen. »Huch, da sind wir schon.«
    Abbey blickte über die Schulter. Der dunkle Umriss der Insel ragte hinter ihnen auf. Es gab keinen Strand, nur mit Seetang behangene Felsen im Nebel.
    »Ich fürchte, wir werden nass«, sagte Abbey.
    Das Boot rumpelte an den nächsten flachen Felsen, und Abbey manövrierte es seitlich darum herum, stieg aus und hielt die Fangleine fest. Das Wasser stieg wirbelnd um ihre Beine hoch und fiel wieder ab, und sie fand das Gleichgewicht. Jackie reichte ihr Hacke, Schaufel und Rucksack und stieg aus dem Boot. Sie zogen es hoch auf den Felsen und sahen sich um.
    Ihnen bot sich eine Szene wilder Trostlosigkeit. Geborstene Granitbrocken türmten sich vor ihnen auf, zwischen denen abgebrochene Baumstämme, zertrümmerte Fischerausrüstung, kaputte Bojen und ausgefranstes Tau klemmten. Die Felsen waren weiß vor Möwenscheiße, und über ihnen kreisten unsichtbare Vögel, die mit zornigem Kreischen protestierten.
    Abbey schulterte den Rucksack. Sie stiegen über die Schutthalde aus Treibgut hinweg, kletterten die steilen Felsen empor und erreichten schließlich den Rand einer Wiese aus Binsenschneiden. Die Insel stieg schräg zur Spitze der Klippe hin an, gekrönt von einem gigantischen Keil aus geborstenem Granit wie ein Dolmen, den die Gletscher hier abgelagert hatten. Die Schneiden wichen Stachelbeerbüschen und vom Wind gekrümmten Gagelsträuchern. Sie erreichten die riesige Granitplatte und gingen daran vorbei auf die Klippe zu.
    Hinter dem Granitkeil blieb Abbey stehen und starrte auf den Boden. »O Gott.«
    Vor ihr lag ein frischer Krater von einem Meter fünfzig Durchmesser.

28
    F ord folgte den Soldaten den Pfad entlang und fand im Lager das reinste Chaos vor. Staub wirbelte durch die Luft, Soldaten flohen, Minenarbeiter wimmelten durcheinander, geschockt und verwirrt und nicht in der Lage, das Geschehen zu begreifen. Andere Arbeiter, darunter ganze Familien, flohen bereits, sie rannten, humpelten und hinkten in den Wald davon. Viele trugen oder stützten ihre Kranken.
    Ford sah sich nach Khon um und entdeckte die vertraute runde Gestalt schließlich, als sie vom Waldrand herabgerannt kam. Er trug einen Rucksack bei sich. Vor Ford blieb er stehen, keuchend und mit schweißnassem Gesicht. »Mr. Mandrake! Seien Sie mir gegrüßt.«
    »Gute Arbeit, Khon.« Ford öffnete den Rucksack und holte einen handlichen Geigerzähler heraus. Er schaltete ihn ein und machte eine erste Messung. »Vierzig Millirem pro Stunde. Nicht schlimm.«
    Khon betrachtete die

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