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Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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anderer achtzehn. Zuerst dachte er, die Straßenjungen wollten Geldbeutel oder Ringe stehlen, wofür sie in seiner Achtung gesunken wären. Doch dann erkannte er, daß einer der Jungs die Rüstung von der Leiche herunterzerrte, während der andere half, die schwere Last zu heben.
    Gut. Sie hatten es auf Rüstungen und Waffen abgesehen, die sie sonst nirgendwo kaufen konnten.
    »Wo ist König Orden?« fragte Borenson und versuchte, sich seine Aufgewühltheit nicht an der Stimme anmerken zu lassen.
    »Tot, wie all die armen Schweine aus der Burg«, antwortete der jüngste Bursche. Er stand mit dem Rücken zu Borenson und hatte nicht gesehen, mit wem er sprach.
    Borenson Kehle entwich ein Laut, eine Art Knurren oder Schnauben. »Alle?«
    In seiner Stimme mußte so etwas wie Gequältheit mitgeschwungen haben, denn der Junge drehte sich um und schaute hoch, die Augen ängstlich aufgerissen. Er ließ die Leiche fallen, wich zurück und hob die Hand zum Gruß. »Ja…
    jawohl, Sir«, sagte sein älterer Freund förmlich. »Ein einziger Mann hat überlebt und kann berichten. Alle anderen sind tot.«
    »Ein
    Mann
    hat
    überlebt?«
    fragte
    Borenson
    gedankenverloren, obwohl er am liebsten laut geschrien und Myrrimas Namen gerufen hätte, um zu sehen, ob sie antwortete. Myrrima hatte sich in der Burg aufgehalten.
    »Ganz recht, Sir«, erwiderte der ältere Junge. Er wankte zurück, aus Angst, Borenson könnte ihn schlagen. »Ihr - Eure Männer haben tapfer gekämpft. König Orden hat eine Schlange gebildet und Mann gegen Mann mit dem Wolflord gekämpft. Sie – ein solches Opfer werden wir nie vergessen.«
    »Wessen Opfer?« fragte Borenson. »Das meines Königs oder das der Kerle aus der Burg?«
    Der junge Mann machte kehrt und rannte los, als wollte Borenson die beiden erschlagen, was er auch fast getan hätte, wenn er auch wenig Verärgerung über sie empfand.
    Er ließ den Blick verstört über die grasbewachsenen Hügel schweifen, so als könnte er einen von Raj Ahtens Spähern auf einen Kamm hinaufreiten sehen. Statt dessen entdeckte er, als er den Kopf hob, unter einer Eiche Gaborn.
    Der Prinz hatte den Leichnam König Ordens für das Begräbnis vorbereitet, ihm mit einem Ring aus Speeren seiner gefallenen Soldaten umgeben, wie es in Mystarria Brauch war.
    Er stand einfach da, über seinem toten Vater, und drückte Iome an sich. Die Prinzessin wandte Borenson den Rücken zu und trug eine Kapuze, aber die Rundungen ihres Körpers waren unverkennbar. Ein kleines Grüppchen aus drei Days stand dicht zusammengedrängt ein paar Meter seitlich und beobachtete die Szene mit geheuchelter Geduld.
    Der blödsinnige König Sylvarresta war von seinem Pferd abgestiegen, stand im Ring aus Speeren, scharwenzelte um König Orden herum und blickte stumpf um sich, als wollte er um Hilfe bitten.
    Borenson überkam ein solches Gefühl des Grauens und der Hoffnungslosigkeit, daß er vor Verwunderung und Verzweiflung aufschrie.
    Die gefallene Burg, die gefallenen Könige.
    Vielleicht war ich es, der ihn getötet hat, dachte Borenson verstört – meinen eigenen König. Orden hatte Mann gegen Mann mit Raj Ahten gekämpft und verloren. Ich hätte die Befehle meines Königs befolgen und alle Übereigner töten können. Hätte ich den Befehl genau befolgt, vielleicht hätte das etwas geändert. Vielleicht wäre der Wolflord bei dem Kampf umgekommen.
    Ich habe meinen König sterben lassen.
    Das Schuldgefühl, das in Borenson keimte, war ungestüm, ein Unwetter, das von überall zu kommen und jede Faser seines Verstandes zu entwurzeln schien.
    Ein uraltes Gesetz in Mystarria besagte, daß der letzte Befehl eines Königs befolgt werden mußte, selbst wenn der König in der Schlacht fiel. Der Befehl mußte befolgt werden.
    Die Luft um Borenson schien dichter zu werden. Tief aus seiner Kehle drang sein rauhes, nach innen gekehrtes Kampflachen, als er seine Lanze senkte, mit einer knappen Bewegung des Kinns das Visier seines Helms nach unten klappte. Dann gab er seinem Pferd die Sporen.
    Die Lippen fest gegen die Zähne gepreßt.
    Zuvor hatte es aus grauen Wolken weiß geschneit. Eine milde Kälte. Eine in Eis erstarrte Schönheit, die alles überdeckte und zu glitzern begann, sobald ein Flecken Sonnenlicht darauf fiel.
    König Sylvarresta glotzte staunend und stöhnte manchmal entzückt auf, sobald er ein neues Wunder entdeckte – die Schneewehen, die über einer Pfütze auf der Straße verharscht waren, oder Klumpen schmelzenden Schnees, die von

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