Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
Vom Netzwerk:
mit blankgezogenen Waffen den Hang heraufgeprescht. Hinter ihnen lief gemeines Volk. Manche der Menschen sahen aus, als seien sie außer sich vor Zorn, andere wirkten verzweifelt.
    Einige konnten nicht fassen, was sich zugetragen hatte.
    Gaborn hörte Rufe, lautes Gezeter: »Mord, ein feiger Mord!«
    und: »Tötet ihn!«, während andere in wortlosem Kummer lauthals den Tod ihres Königs beweinten.
    Junge Burschen mit Sicheln und Knüppeln kamen den Hang hinaufgerannt, ihre blutleeren Gesichter ein Zerrbild der Verzweiflung.
    Iome sank auf die Knie, nahm den Kopf ihres Vaters in den Schoß. Sie wiegte sich leise weinend hin und her. Das Blut ihres Vaters spritzte aus der riesigen Wunde, so als sei er ein Stier, den ein Schlächter ausbluten läßt. Das Blut sammelte sich und vermischte sich mit dem schmelzenden Schnee.
    Alles war so schnell gegangen. Gaborn stand einfach nur benommen da. Sein Leibwächter hatte den Vater jener Frau getötet, die er liebte. Gut möglich, daß Gaborns Leben in Gefahr war.
    Manche hier würden es als ihre Pflicht ansehen, das Geschlecht der Sylvarresta zu rächen. Eine Flut von Menschen wälzte sich auf Borenson zu. Einige junge Burschen spannten ihre Langbögen.
    Indem er seine ganze Kraft der Stimmgewalt zusammennahm, rief er: »Halt! Überlaßt ihn mir!«
    Borensons Pferd tänzelte auf das Gebrüll hin rückwärts, und er hatte Mühe, das Pferd im Zaum zu halten. Die, die Gaborn am nächsten waren, blieben erwartungsvoll stehen. Andere kamen noch immer unsicher den Hang hinaufgerannt.
    Iome blickte zu ihren Leuten hinunter und hob die Hand, um sie aufzuhalten. Gaborn nahm an, daß ihr Kommando alleine den Mob kaum aufgehalten hätte, wäre Borenson nicht ein so tödlicher Gegner gewesen. Doch teils aus Angst, teils aus Respekt vor ihrer Prinzessin, rückte die Menschenmenge nur noch zögernd vor, und einige ältere und weisere Lords nahe der vordersten Reihe breiteten die Arme auseinander, um die heißblütigeren Männer zurückzuhalten.
    Borenson funkelte den Mob voller Verachtung an, dann schwang er seinen Hammer, zeigte auf Iome und blickte tief in Gaborns Augen: »Sie hätte mit all den anderen sterben sollen!
    Auf Befehl Eures eigenen Vaters!«
    »Er hat diesen Befehl widerrufen«, antwortete Gaborn ruhig und setzte alles ein, was er gelernt hatte, um seine Stimmgewalt
    zu
    beherrschen,
    jede
    einstudierte
    Tonveränderung exakt wiederzugeben, um Borenson begreiflich zu machen, daß er die Wahrheit sprach.
    Borenson klappte vor Entsetzen das Kinn herunter, denn er steckte voller Schuldgefühle, und Gaborn trug ihm jetzt nur noch dicker auf. Fast bildete Gaborn sich ein, das höhnische Gespött zu hören, das man auf Jahre hinter Borensons Rücken äußern würde, ›Schlächter. Meuchelmörder. Königsmörder.‹
    Aber Gaborn konnte nichts anderes als die Wahrheit sagen, ganz gleich, wie fürchterlich sie sein mochte, ganz gleich, ob sein Freund an ihr zugrunde ging. »Mein Vater hat diesen Befehl widerrufen, als ich ihm König Sylvarresta vorgeführt habe. Er hat den Mann wie einen lieben Freund umarmt, der ihm teurer als ein Bruder war, und um Vergebung gebeten!«
    Gaborn deutete mit dem Speer auf König Sylvarresta, um das Gesagte zu unterstreichen.
    Wenn er zuvor geglaubt hatte, Borenson sei dem Irrsinn verfallen, dann war er sich dessen jetzt sicher.
    »Neeeeiin!« heulte Borenson auf, und Tränen traten ihm in die Augen, in deren Starre sich nun Grauen abzeichnete.
    »Neeeeiin!«
    Er schüttelte heftig den Kopf. Er ertrug nicht, daß er sich so verhalten sollte, konnte mit dieser Wahrheit nicht leben.
    Borenson ließ seine Streitaxt halb fallen, halb schleuderte er sie zu Boden, dann drehte er sich im Sattel um, zog sein rechtes Bein hoch und stieg unbeholfen von seinem Pferd ab, so als klettere er eine hohe Stufe hinunter.
    »Nein, bitte nicht!« sagte er, seinen Kopf von einer Seite auf die andere werfend. Er packte seinen Helm, zog ihn ab, so daß sein Kopf nackt war. Er krümmte sich, den Hals nach vorn gereckt, und als er dann vorwärtsging, starrte er, kaum hörbar stammelnd, auf den Boden.
    Er hatte einen merkwürdigen Gang – den Rücken krumm, den Kopf gesenkt, die Knie berührten fast bei jedem Schritt den Boden.
    Gaborn sah, daß Borenson innerlich zerrissen war, daß er nicht wußte, ob er auf ihn zugehen oder auf die Knie fallen sollte.
    »Mein Lord, mein Lord, oh, oh, erschlagt mich, mein Lord.
    Erschlagt mich!« rief Borenson, während er weiter

Weitere Kostenlose Bücher