Der Kreis aus Stein
einverstanden war, wie würde sein Volk dann über sie denken?
Gaborn war vorgeblich hierhergekommen und hatte eine Vereinigung angestrebt, weil der Reichtum und die Sicherheit Heredons Mystarria zum Vorteil gereichen sollten. Doch Raj Ahten hatte den Reichtum vernichtet, hatte Heredons Burgen zum Gespött gemacht, die Prinzessin ihrer Schönheit beraubt.
Außer ihrer Liebe hatte sie nichts zu bieten. Und Iome wußte, daß Liebe billig zu haben war.
Noch immer hoffte sie, daß Gaborn sie ebenfalls liebte. Sie hatte Angst, daß ihre Hoffnung auf eine Vereinigung mit Gaborn nichts weiter als eine Selbsttäuschung gewesen war.
Sie schien töricht, wie diese Kindergeschichte über einen faulen Kerl, der eines schönen Tages reich werden wollte, indem er einen auf seinen Feldern verborgenen Topf voll Gold entdeckte, dem der Regen den Dreck abgewaschen hatte.
Bestimmt würde Gaborn in den kommenden Monaten erkennen, daß sie nichts zu bieten hatte, und alles noch einmal überdenken. Auch wenn er sagte, er liebe sie, er würde bestimmt zu dem Schluß kommen, daß die Liebe allein nicht ausreichte, um ihre Königreiche zu vereinen. Während sie sich all diese Dinge durch den Kopf gehen ließ, nickte Binnesman freundlich, einen besorgten Ausdruck im Gesicht, in seine eigenen Überlegungen versunken. Er sah sie unter buschigen Brauen hervor an. »Ihr wollt also, daß ich Gaborn warne, hierherzukommen. Habt Ihr ihm sonst noch was zu sagen?«
»Nein«, sagte Iome. »Außer… da ist noch die Sache mit Borenson.«
»Was ist mit ihm?« fragte Binnesman. »Ich weiß nicht, was ich in seiner Sache unternehmen soll. Er hat meinen Vater getötet, einen König. Eine solche Tat darf nicht ungesühnt bleiben. Und doch quält ihn die Schuld allein fast mehr, als er ertragen kann. Ihm darüber hinaus noch eine Strafe aufzubürden, wäre grausam.«
Binnesman antwortete: »Es gab einmal eine Zeit, in der man Rittern, die geirrt hatten, eine zweite Chance bot…«
KAPITEL 37
Ein Schatz wird gefunden
Gaborn hatte im Haus des Verstehens, im Saal der Herzen, gelernt, daß es verstörende Träume und Erinnerungen gibt, die der Verstand sich zu merken weigert.
Als Gaborn schweigend auf der Straße nach Gut Bredsfor ritt, holte er Borenson ein, betrachtete das Gesicht des Ritters und fragte sich, ob der Mann zerbrechen würde.
Immer wieder sackte Borensons Kinn auf die Brust, und seine Lippe bebte, als wollte er etwas Unaussprechliches sagen. Doch jedesmal, wenn er den Kopf wieder hob, waren seine Augen ein wenig klarer, ein wenig leuchtender, sein Blick ein wenig fester.
Gaborn nahm an, daß Borenson seine Taten nach einer Woche, einem Monat vergessen haben würde. Er könnte behaupten, irgendein anderer Ritter habe Sylvarresta getötet, oder der gute König sei im Kampf gestorben oder von einem Pferd gestürzt.
Er hoffte, Borenson würde vergessen. Schweigend ritten sie dahin. Ab und zu hustete Gaborns Days, als wäre eine Erkältung im Anzug.
Nachdem das zwanzig lange Minuten so weitergegangen war, drehte Borenson sich um und wirkte nach außen hin fast sorglos, so tief hatte er den Schmerz in sich vergraben. Aber er war da, lag tief in seinem Innern verborgen.
»Mein Lord, vor einer Weile war ich oben bei der Hütte des Herzogs und habe dort die Fährte eines Greifers gesehen.
Eines großen Weibchens. Dürfte ich um Eure Erlaubnis bitten, es heute abend zu jagen?«
Das war offenkundig ein Scherz. »Nicht ohne mich«, sagte Gaborn nachdenklich. »Letzten Herbst war ich im Dunnwald, um Eber zu jagen. Dieses Jahr werden wir Greifer jagen.
Vielleicht begleitet uns Groverman. Was meint Ihr?«
»Ha, das ist verdammt unwahrscheinlich«, spie Borenson aus. »Nicht, nach dem, was ich getan habe!«
Sofort bekamen Borensons Augen wieder einen sorgenvollen Blick, und Gaborn versuchte, ihn auf andere Gedanken zu bringen. »Ich sag’ Euch was, wenn wir einen Greifer töten, dann bekommt Ihr die Ohren«, scherzte Gaborn. Bei einer Jagd die Ohren des ersten Ebers zu verspeisen, galt als große Ehre.
Greifer hatten aber keine Ohren, und kein einziges Stück des Greifers war genießbar. »Oder ich schneide Euch wenigstens ein wie ein Ohr geformtes Stück Haut heraus.«
»Ihr seid zu großzügig, mein Lord«, begeisterte sich Borenson wie irgendeine Bäuerin auf dem Markt, die einen Adligen mit unverdientem Lob überschüttet. »Oh, Ihr seid so gnädig. Alle Ihr Lords seid so… äh, nun ja, wie Lords eben sind, wenn Ihr wißt, was ich
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