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Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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tausend Fragen auf der Seele. Er wollte mit Binnesman sprechen. Im Augenblick jedoch hielt er sich zurück. In Mystarria galt es als unfein, einen Fremden auszufragen, wie Gaborn es jetzt mit Binnesman vorhatte. Er hatte diese Regel der Höflichkeit stets nur für einen Brauch gehalten, der ohne Grund entstanden war, jetzt jedoch erkannte er, daß mehr dahintersteckte.
    Dadurch, daß man Fragen stellte, drang man in die Unsichtbare Sphäre des anderen vor. Zumindest raubte man ihm seine Zeit. Außerdem hatten Informationen oft ihren eigenen Wert, ebenso wie Land oder Gold, so daß man jemanden bestahl, wenn man sie von ihm entgegennahm.
    Um nicht ständig an die Obalin und den Verlust von Binnesmans Wylde zu denken, konzentrierte sich Gaborn auf diese Erkenntnis, und fragte sich, wie oft es vorkam, daß höfliche Manieren in dem Bedürfnis eines Menschen wurzelten, die Sphären eines anderen zu respektieren. Er verstand durchaus, wie Worte und Gesten des Respekts in den größeren Zusammenhang paßten.
    Doch Gaborns Gedanken entfernten sich rasch von diesen Dingen, und er überlegte sich statt dessen, was er eigentlich mit angesehen hatte.
    Seiner Vermutung nach wußte Binnesman sehr viel mehr über die bevorstehende dunkle Zeit, als er vor Raj Ahten hatte sagen wollen, vielleicht sogar weit mehr, als er hatte sagen können. Die Studien der Zauberer waren lang und mühsam, und Gaborn hatte einmal gehört, daß bestimmte Grundprinzipien erst nach Wochen oder Monaten intensiven Studiums begriffen werden konnten.
    Nach etlichen langen Minuten entschied er, daß es Dinge gab, nach denen man einen Zauberer überhaupt nicht fragte.
    Welchen Preis hatte Binnesman wohl gezahlt, um dem Wylde Leben zu schenken? überlegte er.
    Jetzt bog der Erdwächter von der Straße ab und suchte sich umständlich seinen Weg auf den verschlungenen Pfaden zwischen den Bäumen entlang. Kein Späher hätte sich in dieser verrückt machenden Dunkelheit zurechtfinden können.
    Gaborn überließ den Zauberer schweigend seiner Arbeit, eine Stunde lang, im Licht der Sterne, bis sie auf eine alte Straße stießen. Von dort aus jagte Binnesman die Pferde nach Norden, bis die Straße plötzlich steil abfiel und man im Tal die ausgedehnten Felder vor Trott sah, einem Dorf zwölf Meilen westlich von Burg Sylvarresta.
    Auf der Ebene unten standen Hunderte bunter Zelte von den vielen Händlern aus dem Süden, die zum Hostenfest in den Norden gereist waren, die man aber, als Raj Ahtens Truppen die Stadt bestürmten, gezwungen hatte, die Felder vor Burg Sylvarresta zu räumen.
    Binnesman hielt an und ließ den Blick über die im Dunkeln daliegenden Felder schweifen. Das Gras war von der Spätsommersonne weißgebrannt, so daß man selbst im kargen Licht der Sterne etwas erkennen konnte.
    »Seht!« flüsterte Iome. Gaborn folgte ihrem Zeigefinger und entdeckte einen dunklen Schatten, der quer über die Felder auf die Zelte mit den Pferden und Maultieren für die Karawanen zuschlich.
    Dort unten waren Nomen unterwegs, die sich auf dem Bauch kriechend auf der Suche nach Nahrung dem Lager näherten. Im Osten, parallel zum Felsgrat, sah er, wie sich mehrere große Felsbrocken bewegten, und erkannte, daß auch eine Dreiergruppe Frowth-Riesen am Rand des Waldes umherstreifte.
    Hungrig. Sie waren bloß hungrig auf Fleisch. Raj Ahten hatte die Riesen und die Nomen bis hierher geführt, und sie hatten die Schlacht im Morgengrauen überlebt, aber jetzt waren sie hungrig.
    »Wir werden uns in acht nehmen müssen«, mahnte Gaborn.
    »Die Pferde müssen grasen und sich ausruhen. Aber solange wir nicht im sicheren Gebiet sind, sollten wir vielleicht über die offenen Felder reiten, wo man uns nicht überraschen kann.« Er lenkte sein Pferd nach Osten, um zurück Richtung Burg Sylvarresta zu reiten. Von dort aus konnten sie die Straße durch die Durkinberge nach Süden nehmen.
    »Nein, wir sollten von hier aus nach Westen reiten«, schlug Iome vor.
    »Nach Westen?« fragte Gaborn.
    »Die Brücke in Hayworth ist unpassierbar. Im Wald können wir die Pferde nicht schnell laufen lassen, demnach fällt auch die Wildschweinfurt für uns aus. Außerdem wollen wir Raj Ahtens Armee nicht im Dunkeln in die Arme rennen.«
    »Sie hat recht«, meinte Binnesman. »Laßt Euch von Iome führen.« Seine Stimme klang müde. Gaborn fragte sich, wie sehr die Zauberei an seinen Kräften gezehrt hatte.
    »Nach Westen ist unsere einzige Möglichkeit – über die Straße durch die

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