Der Kreis aus Stein
Trummockberge«, erklärte Iome. »Sie ist sicher. Der Waid hat die Straße nicht unpassierbar gemacht.
Die Männer meines Vaters haben ihn zurückgeschnitten.«
Binnesman gönnte den Pferden ein paar Augenblicke Pause.
Die Gruppe stieg gemeinsam ab, vertrat sich die Beine, zog die Sattelgurte nach.
»Kommt«, forderte sie Binnesman viel zu bald auf. »Uns bleiben noch ein paar Stunden, bis Raj Ahten aufwacht. Die wollen wir nicht ungenutzt lassen.« Er trieb sie den Hang hinunter in die Ebene. Obwohl die Pferde hungrig waren und das Gras hier hoch wuchs, war es doch auch trocken und ohne Samen und als Futter wertlos.
Gemächlich ritten sie eine Stunde lang über eine unbefestigte Straße, und hier endlich fühlten sie sich ruhig genug, um sich zu unterhalten und Pläne zu schmieden.
»Mein Pferd wird auf dieser Straße das schnellste sein«, sagte Binnesman. »Wenn es Euch nichts ausmacht, werde ich vorausreiten. Ich werde auf Longmot bestimmt gebraucht, außerdem hoffe ich, meinen Wylde dort zu finden.«
»Ist es noch weit, was meint Ihr?« fragte Iome.
»Ich weiß es wirklich nicht«, antwortete Binnesman und schien offenbar nichts weiter sagen zu wollen.
Kurz darauf erreichte die Gesellschaft ein kleines, vom Wetter gezeichnetes Bauernhaus neben einem gewundenen Bach.
Hinter dem Hof befand sich ein kleiner Obstgarten und ein windschiefer Schuppen für ein paar Schweine. Dem Anschein nach hatte der Bauer, der hier lebte, Angst vor Überfällen, denn draußen vor dem Haus hatte er eine Laterne in einen Pflaumenbaum gehängt und eine weitere neben die Tür zum Schweinestall.
Der Bauer hatte auch allen Grund, sich zu fürchten, wie Gaborn bemerkte. Die Hütte lag abgeschieden, der nächste Nachbar war meilenweit entfernt. Und an diesem Abend streiften Nomen und Frowth durch die Nacht.
Iomes Vater ritt seine Stute bis vor die Laterne, hockte da und starrte das Licht wie hypnotisiert an, als hätte er so etwas noch nie gesehen.
Dann dämmerte Gaborn, daß der König wohl tatsächlich noch keine gesehen hatte, jedenfalls konnte er sich nicht daran erinnern. Die ganze Welt mußte ihm neu erscheinen, wie ein äußerst lebendiger und faszinierender Traum, wie etwas, das er durchlebte, ohne es zu verstehen.
Gaborn ritt ebenfalls neben die Laterne, damit sein Gesicht gut zu erkennen war, dann rief er einen Gruß in Richtung Tür.
Kurz darauf öffnete ein altes Hutzelweib den Türspalt gerade weit genug, um ihn mißbilligend anzublicken. Die vielen Reiter schienen ihr Angst einzuflößen.
»Könnten wir vielleicht etwas Wasser und ein wenig Futter für die Pferde bekommen?« Fragte Gaborn. »Und etwas zu essen für uns?«
»Zu dieser späten Stunde?« brummte die Alte. »Nicht mal, wenn Ihr der König selber wärt!« Sie schlug die Tür krachend zu.
Gaborn blickte überrascht zu Iome hinüber. Binnesman schmunzelte. Die Prinzessin lachte leise, ging zum Pflaumenbaum und pflückte dann ein halbes Dutzend der violetten Früchte. Gaborn sah, wie sich im Haus etwas bewegte, als die Frau versuchte, aus dem Fenster zu schauen.
In den Fenstern saß jedoch kein teures Glas, sondern sie waren nur mit dünner Tierhaut bespannt, so daß sie außer Schatten nichts erkennen konnte.
»Weg von den Pflaumen!« rief sie von drinnen.
»Wie wär’s, wenn wir so viele Pflaumen nehmen, wie wir tragen können, und statt dessen ein Goldstück hierlassen?«
rief Gaborn.
Blitzschnell war die Frau wieder in der Tür. »Ihr habt Geld?«
Gaborn griff in den Beutel an seiner Hüfte, holte eine Münze heraus und warf sie der Frau zu. Ihre Hand löste sich pfeilschnell vom Türpfosten, um die Münze aufzufangen. Sie schloß die Tür, noch während sie das Geldstück untersuchte, dann machte sie die Tür wieder einen Spalt weit auf und rief, jetzt etwas freundlicher: »Im Schweinestall ist Getreide. Guter Hafer. Nehmt soviel Ihr wollt. Und die Pflaumen.«
»Gott segne dich und deinen Baum«, rief Binnesman, »und drei Jahre gute Ernte.«
»Danke«, rief Gaborn und verneigte sich tief. Er und Binnesman führten die Pferde hinten herum, während Iome ihren Vater mit Pflaumen von den Bäumen fütterte. Gaborn öffnete den Schuppen, fand einen Leinensack mit Hafer und begann, das Getreide in einen abgenutzten, hölzernen Trog zu schütten, um die Pferde zu füttern. Dabei war er sich peinlich des Zauberers bewußt, der schweigend auf seinem Pferd saß und ihn beobachtete. »Euch brennt eine Frage auf der Seele«, stellte Binnesman
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