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Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Schlange werden. Und wäre in der Lage, weiter gegen Raj Ahten zu kämpfen und unter seinen Soldaten zu wüten.
    Sollte auch er besiegt werden, bekäme die Schlange abermals einen neuen Kopf, dann noch einen. Die Mitglieder des Ringes würden immer weiter kämpfen und ihr Leben opfern.
    Doch selbst wenn Orden seinen Kampf mit Raj Ahten gewann, selbst wenn der Schlangenring an diesem Tag intakt bliebe, selbst dann würde Orden von allen seinen Männern ein hartes Opfer verlangen. Denn irgendwann, hoffentlich an irgendeinem fernen Morgen, würde der Ring brechen.
    Irgendein Mann aus dem Ring würde im Kampf fallen, einer Krankheit erliegen. Wenn das geschah, verfielen alle anderen Vektoren dem tiefen Schlummer derer, die eine Gabe des Stoffwechsels abgegeben hatten, mit der einzigen Ausnahme des neuen Schlangenkopfes, der dazu verdammt wäre, in wenigen Monaten zu altern und zu sterben.
    Unabhängig davon, wie die Schlacht an diesem Tag ausging, jeder Mann im Ring mußte viel aufgeben.
    Mit diesem Wissen vor Augen war Orden dankbar, als sein Kommandant sich von der Hüfte an tief verbeugte und lächelnd sagte: »Es wäre mir eine Freude, Euch zu dienen, vorausgesetzt, Ihr nehmt mich in diesen Ring auf.«
    »Ich danke Euch«, antwortete Orden, »aber Ihr werdet Euch diese Gelegenheit entgehen lassen müssen. Die Pflicht ruft Euch an einen anderen Ort.«
    Kommandant Stroecker machte kehrt und verließ den großen Saal. Orden folgte ihm nach draußen, um seine Männer für die Schlacht zu sammeln.
    Seine Kommandanten hatten die Mauern bereits besetzt.
    Schützen hatten die Katapulte unter den Ummauerungen in den Türmen oberhalb der Tore herausgeschoben und testeten im Dunkeln ihre Reichweite. Es war eine ungünstige Zeit für solche Versuche, doch Orden wußte nicht, ob sie je Gelegenheit erhalten würden, die Katapulte bei Tageslicht auszuprobieren.
    In diesem Augenblick erscholl ein Horn in den Bergen im Westen, aus der Richtung der Straße nach Burg Dreis. Orden lächelte bitter. Na bitte, dachte er, der Graf kommt also schließlich doch, weil er hofft, sich einen Teil des Schatzes holen zu können.

KAPITEL 11
    Der Läufer
    In Kuhram erzählt man sich, ein Läufer mit einem Messer könne in einer einzigen Nacht zweitausend Menschen töten.
    Borenson arbeitete schneller, doch war er auch ein Kraftsoldat, und er hatte in jeder Hand ein Messer.
    Er dachte nicht darüber nach, was er tat, achtete nicht auf das Zucken seiner Opfer oder das Gurgeln der durchschnittenen Kehlen. Den größten Teil der Nacht tat er in bewußtlosem Grauen hastig sein Werk.
    Drei Stunden nach seinem Eindringen in den Bergfried der Übereigner war seine Arbeit beendet. Es war unvermeidlich, daß Übereigner aufwachten und sich gegen ihn zur Wehr setzten. Es war unvermeidlich, daß er Frauen töten mußte, die größte Schönheit besaßen, und junge Männer, die das ganze Leben noch vor sich hatten. Es war unvermeidlich, daß, ganz gleich wie sehr er sich darum bemühte, sich diese Gesichter in sein Gedächtnis einbrannten, Gesichter, die er, das wußte er, niemals würde vergessen können: eine alte blinde Frau, die sich an seinen Wappenrock klammerte und ihn um Gnade anflehte, das Lächeln eines alten Trinkkumpans von den Jagdgesellschaften, Kommandant Derrow, der ihm mit einem wissenden Zwinkern ein letztes Lebewohl wünschte.
    Als er sein Werk zur Hälfte vollbracht hatte, wurde es ihm bewußt: Man wollte genau das von ihm – Raj Ahten hatte die Übereigner in dem Wissen, daß sie getötet werden würden, unbewacht zurückgelassen. Der Wolflord empfand kein Mitgefühl für diese Menschen, sie hatten für ihn keinen Wert.
    Soll der Freund doch seinen Freund erschlagen, der Bruder gegen den Bruder das Messer erheben. Sollen die Völker des Nordens sich doch selbst zerfleischen. Das war es, was Raj Ahten wollte, und Borenson wußte, indes er diese Unschuldigen niedermetzelte, war er zu einem Werkzeug in Raj Ahtens Hand geworden.
    Die Übereigner völlig unbewacht zurückzulassen, war nicht nötig. Vier oder fünf gute Männer hätten einigen Schutz bieten können. Fand das Ungeheuer womöglich Gefallen daran?
    Borenson fühlte seine Seele aufbrechen wie eine eiternde Wunde. Jeder Augenblick wurde ihm zur Qual. Trotzdem war es seine Pflicht, seinem Herrn ohne Zögern zu gehorchen.
    Seine Pflicht, diese Menschen zu töten. Und obwohl ihn das Gemetzel anwiderte, fragte er sich immer wieder, habe ich sie auch alle getötet? Habe ich meine Pflicht

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