Der Kreis aus Stein
inmitten der Ruinen der niedergebrannten Stadt. Selbst in der fast völligen Dunkelheit konnte man im Schein der Feuer sehen, daß sein Gesicht schmutzig und unrasiert, sein ganzes Auftreten widerwärtig war. Er spie in die Asche, sah hoch zu den Festungsmauern, blickte Orden fest in die Augen.
Shostag fragte: »Ich habe Eure Signalfeuer bemerkt. Wie ich gehört habe, habt Ihr es auf das Leben eines Runenlords abgesehen. Sind wir zu dieser Feier eingeladen?«
Orden war nicht sicher, ob er dem Mann trauen konnte.
Gut möglich, daß die Axtmänner sich gegen ihn stellten und auf dem Höhepunkt der Schlacht innerhalb der Burgmauern ein verheerendes Chaos anrichteten.
»Es wäre mir eine Ehre, an der Seite von Männern Eures…
allseits bekannten Könnens zu kämpfen«, antwortete Orden.
Er konnte es sich nicht leisten, irgendeine Unterstützung abzulehnen, nicht einmal die des Axtmannes.
Shostag räusperte sich und spie erneut auf den Boden.
»Wenn ich und meine Jungs diesen Kerl für Euch töten, dann will ich einen Straferlaß.«
Orden nickte.
»Ich will einen Titel und Ländereien, genau wie jeder andere Lord.«
Orden überlegte. Er besaß einen Landsitz in den finsteren Wäldern an der Grenze nach Lonnock. Es war ein finsteres Sumpfgebiet, verseucht von Banditen und Moskitos. Der Besitz lag jetzt seit drei Jahren brach und wartete auf den richtigen Besitzer.
Shostag würde die Banditen entweder aus den Wäldern und Sümpfen vertreiben oder ihnen erlauben, sich ihm anzuschließen.
»Ich kann Euch einen Besitz in Mystarria versprechen, wenn König Sylvarresta nichts Besseres weiß.«
»Den nehme ich«, knurrte Shostag und winkte seine Männer herein.
Zwei Stunden vor dem Morgengrauen hatte Orden noch immer nichts von Gaborn oder Borenson gehört. Ein weiterer Bote brachte Kunde, daß der Herzog von Groverman bereit sei, die Unterstützung benachbarter Burgen anzubieten, Longmot jedoch nicht vor dem Abend erreichen könne.
Raj Ahten wird mit Sicherheit vor ihm hier eintreffen, wurde Orden klar.
Groverman tat recht daran, sich in seiner eigenen Festung zu behaupten, bis er sicher war, daß sie verteidigt werden konnte – ungeachtet dessen, daß man ihm einen Schatz versprochen hatte.
Es sah also ganz danach aus, als würde keine weitere Unterstützung eintreffen. Auch wenn seine Späher ihn noch nicht von Raj Ahtens Anmarsch unterrichtet hatten, erwartete Orden ihn innerhalb der nächsten ein, zwei Stunden.
Allein die Tatsache, daß er noch keine Nachricht von Gaborn erhalten hatte, war quälend. Mit jeder Stunde schwand die Hoffnung. Und schließlich schien ihm weiteres Warten aussichtslos.
Raj
Ahten
hatte
ihn
bestimmt
gefangengenommen.
Und der Wolflord hatte ihn entweder getötet oder dem Jungen seine Gaben abgenommen, Orden nahm also seine Zwingeisen, ließ die Freiwilligen in einer Reihe antreten und die Annektoren den uralten Zauberspruch für Graf Dreis anstimmen, der die Zwingeisen erglühen ließ und Bande von Licht erzeugte, während ein Mann nach dem anderen seine Gaben abtrat.
Ganz zum Schluß trat Orden selber seine Gabe ab und schloß damit den Schlangenring. Es war ein Akt der äußersten Verzweiflung.
Schweren Herzens und mit weniger als sechstausend Mann ließ Orden im Morgengrauen die Tore schließen und harrte der bevorstehenden Auseinandersetzung. Draußen vor den Mauern hatte er einige Späher zurückgelassen, die ihn vorab Nachricht von jeder Sichtung der Truppen von Raj Ahten geben sollten, auf weitere Verstärkung hoffte er aber längst nicht mehr.
Er hielt eine letzte Ansprache, setzte seine ganze Stimmgewalt ein, um die Entfernung zu überbrücken und in jeden Winkel der Burg vorzudringen. Die Ritter, die gewöhnlichen Bürger und die Schurken auf den Mauern, sie alle blickten erwartungsvoll zu ihm auf.
»Männer«, sagte er, »wie euch sicherlich zu Ohren gekommen ist, hat Raj Ahten Burg Sylvarresta ohne den Einsatz von Waffen eingenommen. Er hat nichts weiter benutzt als seine Anmut und seine Stimmgewalt, um Sylvarrestas Truppen zu entwaffnen. Und ihr wißt auch, was anschließend mit den Rittern in dieser Burg geschah.
Nun, soweit werden wir es hier nicht kommen lassen. Wenn Raj Ahten erkennen läßt, daß er von seiner Stimmgewalt Gebrauch machen will, dann erwarte ich, daß jeder Mann in Reichweite auf ihn schießt, als wäre er eine angreifende Armee.
Wenn er dieses Schlachtfeld verläßt, ist entweder er tot oder wir. Sollten einige von euch jungen
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