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Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Zaun wuchs hoher Klee. Iome rief: »Entschuldige, gutes Mädchen. Dürfen wir unsere Pferde von deinem Klee fressen lassen?«
    Das Mädchen antwortete: »Natürlich, bedient Euch nur.« Sie hatte sich erst im letzten Augenblick umgedreht und erstarrte, als sie die Prinzessin sah.
    »Danke«, sagte Gaborn. »Wir würden gern dafür bezahlen und außerdem etwas zum Frühstück kaufen.«
    Das Mädchen drehte sich um, starrte Gaborn an, vermied es dabei deutlich, Iome anzusehen, und versuchte, die Fassung wiederzufinden. »Ich habe noch Brot von gestern abend übrig, und etwas Fleisch«, bot sie an, hocherfreut über die Aussicht auf Geld. In Bauerndörfern wie diesem war Tauschhandel die Regel, und man konnte gut von einem Jahr zum nächsten überleben, ohne je das Gewicht einer abgewetzten Münze in der Tasche zu spüren.
    »Bitte, das wäre sehr gut«, sagte Gaborn.
    Das Mädchen ließ den Korb mit Zwiebeln fallen und lief ins Haus.
    Iome versuchte, sich zu beruhigen, wollte vergessen, wie ihr die Kränkung des Mädchens zugesetzt hatte und wie wertlos und häßlich sie sich deswegen fühlte.
    Ihr Vater war im Laufe der Nacht im Sattel eingeschlafen. Sie war froh darüber. Nachdem er vom Pferd gefallen war, hatte er immer wieder laut geschluchzt. Jetzt hielt Gaborn den König im Sattel vor sich fest, wie ein kleines Kind.
    Die Pferde begannen wie ausgehungert am Klee zu rupfen.
    Iome sah sich um. Die Katen hier waren aus Stein und Holz gebaut und mit Stroh gedeckt. Blumen und Kräuter gediehen in Töpfen unter Fenstern aus echtem Glas. Die wenigen Bewohner von Hobtown schienen wohlhabend zu sein.
    Die Ortschaft war von wundervollen Wiesen und eichenbestandenen Hügeln umgeben. Neben Kornblumen und Nelken
    wuchsen
    Gänseblümchen
    wild
    im
    Gras.
    Wohlgenährtes Vieh graste vor dem Dorf. Reich. Dieser Ort ist reich, weil man hier zufrieden ist, dachte Iome.
    Wenn Gaborns Befürchtungen sich bewahrheiteten, dann würde Raj Ahtens Verstärkung heute durch diesen Ort marschieren.
    Sie hob den Kopf und ertappte Gaborn dabei, wie er sie anlächelte. Nur einen Moment zuvor hatte sich das Mädchen erschrocken über Iomes Anblick die Hand vor den Mund geschlagen.
    Iome hatte Angst, daß sie nie wieder schön sein würde. Als Gaborn sie jedoch so fest ansah, gab er ihr das Gefühl, ihre Anmut nie verloren zu haben.
    »Wie machst du das?« fragte Iome, die dankbar war für seine Aufmerksamkeit.
    »Was meinst du?«
    »Wenn du mich so ansiehst und mir das Gefühl gibst, ich sei schön.«
    »Ich will dir eine andere Frage stellen«, erwiderte Gaborn.
    »In Internook muß eine Frau strohblondes Haar haben, um schön zu sein, in Fleeds aber muß sie rote Haare und Sommersprossen haben. In Mystarria fanden die Menschen lange Zeit Frauen mit breiten Hüften und schwingenden Brüsten schön. Hier in Heredon wiederum müssen schöne Frauen kleine, kecke Brüste und knabenhafte Körper haben.
    In ganz Rofehavan gelten blasse Frauen als schön. In Deyazz dagegen müssen sie dunkelhaarig und braun sein. Dazu tragen die Frauen in Deyazz schwere goldene Ohrringe, die die Ohren in die Länge ziehen. Hier würden solche vergrößerten Ohren grotesk wirken.
    Ich frage dich also, wer hat recht? Sind alle diese Frauen in Wahrheit schön oder sind sie häßlich oder alle gleich?« Iome überlegte. »Vielleicht ist äußerliche Schönheit nichts anderes als ein Trugbild«, erwiderte sie. »Und du kannst hinter dieses Trugbild sehen?«
    »Ich finde nicht, daß Schönheit ein Trugbild ist«, sagte Gaborn. »Sie ist einfach so verbreitet, daß wir sie oft nicht erkennen. Es ist wie mit diesen Wiesen: als Reisende nehmen wir die Blumen wahr, den Menschen aus dem Ort dagegen fällt wahrscheinlich nur selten auf, wie schön ihr Land ist.«
    Iome hielt dagegen: »Was aber, wenn man uns die Schönheit nimmt, und es ist nichts mehr da, was man sehen könnte?«
    Sein Pferd stand neben ihrem und trat von einem aufs andere Bein, so daß Gaborns Knie plötzlich das von Iome berührte. »Dann solltest du dich freuen«, sagte er. »Menschen können auch innerlich schön sein. Gerade wenn ihnen der Verlust der äußerlichen Schönheit am schmerzlichsten erscheint, sehnen sie sich so nach Schönheit, daß sich ihr ganzes Empfinden verändert. Dann verstrahlen sie eine Schönheit wie die Blumen, die auf diesem Feld sprießen.
    Wenn ich in dich hineinsehe«, fuhr er fort, den Blick fest auf sie, in ihr Innerstes gerichtet, »sehe ich das Lächeln der Menschen aus

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