Der Kreis aus Stein
Bart.
Sylvarresta kannte diesen Mann, kannte ihn besser als alles andere. Der grüne Mann. Er trug eine grüne Jacke und einen glänzenden Überwurf aus grünem, golddurchwirktem Seidenstoff.
Ein Gefühl von Wärme erfüllte Sylvarrestas Herz, eine überwältigende Freude. Er erinnerte sich an den Namen des Mannes. »Orden!«
Der junge Mann neben König Sylvarresta rief: »Vater, wenn du den Tod dieses armen Mannes willst, dann habe wenigstens den Anstand, ihn eigenhändig umzubringen!«
König Orden erhob sich halb vom Tisch, trat zögernd vor.
Sein Blick ging zwischen Sylvarresta und dem jungen Mann hin und her. Sein Gesicht wirkte gequält und zornig, und seine Hand fuhr zum Heft seines Schwertes.
Er kämpfte damit, als stecke es fest, zog es nur halb heraus.
Dann rammte er das Schwert wütend in die Scheide zurück und taumelte nach vorn, schlang die Arme um Sylvarresta und begann zu weinen.
König Orden schluchzte: »Mein Freund, mein Freund, was haben wir nur getan? Verzeih mir!«
Sylvarresta, der sich fragte, was geschehen war, verharrte in den Armen von König Orden, bis das Schluchzen seines Freundes nachließ.
KAPITEL 17
Ein Befehl wird widerrufen
aborn hatte seinen Vater noch nie weinen sehen. Er hatte Gkeine einzige Träne der Trauer vergossen, als seine Mutter und sein kleiner Bruder ermordet worden waren.
Niemals hatte eine Träne der Freude in König Ordens Augen geglitzert, wenn er einen Trinkspruch ausbrachte.
Jetzt, als Gaborns Vater König Sylvarresta umarmte, weinte er Tränen der Freude und der Erleichterung.
König Mendellas Orden schüttelte sich unter heftigem Schluchzen. Ordens Kummer war ein so peinlicher Anblick, daß die zwei Dutzend Lords und Würdenträger, die im Saal gefrühstückt hatten, sich verabschiedeten, und nur Iome, König Sylvarresta, drei Days und Gaborn zurückblieben.
Kurz ließ Gaborn den Blick durch den Raum schweifen, entdeckte seinen Days und fühlte sich beklommen. Eine halbe Woche war er ohne Days gewesen und hatte das als angenehm empfunden.
Jetzt fühlte er sich wie ein Ochse, der darauf wartete, ins Joch gespannt zu werden. Der kleine Mann nickte höflich, und Gaborn wußte, daß er eine Weile nicht mehr allein sein könnte. Eine weitere Days war eine matronenhafte Frau in den Vierzigern, eine Frau mit rötlichem Haar, das langsam eine silberne Farbe annahm. Das mußte Emmadine Ot Larens Days gewesen sein, als die Herzogin noch lebte. Jetzt begrüßte sie Iome mit einem Nicken, und das war vielleicht alles an förmlicher Vorstellung, was diese Frau jemals von sich geben würde, und doch sprach dieses Verhalten Bände: Ich bin Euch zugeteilt.
Und so beobachteten die Days und zeichneten auf.
Gaborn war froh, daß die Days nicht aufzeichnen mußten, wie König Orden seinen besten Freund in dessen Stunde größter Not ermordet hatte. Statt dessen würde man sich eines fernen Tages, wenn sein Vater gestorben war und seine Chroniken niedergeschrieben wurden, erzählen, wie Orden Sylvarresta umarmt und dabei geschluchzt hatte wie ein Kind.
Wie seltsam, dachte Gaborn, daß er keine Tränen der Erleichterung über meine Rückkehr vergießt.
»Er hat seine Gaben verloren?« fragte Gaborns Vater.
Iome nickte.
Gaborn fügte wütend hinzu: »Sie beide. Borenson war gestern auf Burg Sylvarresta. Er blieb zurück, als wir aufbrachen. Du hast ihn losgeschickt, um sie zu töten, nicht wahr?«
Gaborn beobachtete die Augen seines Vaters, während dieser über den Vorwurf nachdachte. Törichterweise hatte er angenommen – als Borenson davon sprach, er habe den Befehl, Raj Ahtens Übereigner zu töten –, dies sei nur ganz allgemein gesprochen gewesen. Er hatte sich nicht vorstellen können, daß man einen Mann allein losschickte, um alle Anwesenden im Bergfried der Übereigner auf Burg Sylvarresta zu ermorden.
Der Gesichtsausdruck seines Vaters bestätigte ihm das jetzt Sein Vater senkte kurz den Blick, erlangte aber bald die Fassung zurück und wirkte eher besorgt denn schuldgeplagt.
Gaborn ließ seinem Vater Zeit, sich die ganze Bedeutung seiner Worte klarzumachen. Sämtliche Übereigner in Sylvarrestas Bergfried waren getötet worden. Selbst wenn Iome und der König Vektoren für Raj Ahten geworden wären, hatten sie ihm jetzt außer ihren eigenen Gaben nichts mehr zu geben.
»Also«, fragte Gaborns Vater, »hat Raj Ahten bei seiner Flucht von Burg Sylvarresta alle seine Übereigner zurückgelassen?«
»Fast alle. Er hat nur seine Vektoren
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