Der Kreis aus Stein
mitgenommen…«
antwortete Gaborn. Sein Vater zog eine Augenbraue hoch.
»Aber es ist mir gelungen, Iome und König Sylvarresta herauszuholen.«
Gaborns Vater legte die Kopf schief und dachte nach.
Offensichtlich hatte er begriffen, welche Mühe Gaborn das gekostet hatte. »Ich… frage mich…«, er räusperte sich, »wieso Borenson die beiden hat laufen lassen. Ich hatte ihm einen anderen Befehl erteilt.«
»Den habe ich widerrufen«, erwiderte Gaborn.
Die Reaktion seines Vaters erfolgte so schnell, daß Gaborn keine Zeit blieb, sich darauf vorzubereiten. Sein Vater holte blitzartig aus und schlug ihm so hart ins Gesicht, daß er glaubte, es sei ein Zahn, als er Speichel und Blut aus seinem Mund fliegen sah.
»Wie kannst du es wagen«, fuhr König Orden auf. »Du kannst anderer Meinung sein als ich, du kannst mich herabsetzen und mir sogar ins Wort fallen. Aber wie kannst du es wagen, dich mir zu widersetzen!«
In Ordens Augen funkelte Zorn.
Dann öffnete er den Mund und stöhnte vor Gram über das, was er angerichtet hatte. Er wandte sich ab und ging zu einer Schießscharte, stützte sich mit beiden Händen auf die Steine des Fensters und sah starren Blicks nach draußen.
»Iome und ihr Vater standen unter meinem Schutz, durch einen Eid gebunden«, erklärte Gaborn hastig, als er erkannte, daß er soeben sein Versprechen gegenüber Borenson gebrochen hatte. Er hatte seinem Leibwächter gesagt, er würde seinen Vater nicht wissen lassen, daß sie sich begegnet waren.
Im Augenblick jedoch fühlte Gaborn sich so verraten, daß es ihm ziemlich gleichgültig war, ob er sein Wort brach.
»Ihretwegen hätte ich sogar gegen ihn gekämpft. Dann erklärte ich ihm, ich würde die Angelegenheit mit dir besprechen.« Er hoffte, diese letzten Worte besänftigten seinen Vater.
Durch ein Fenster konnte Gaborn Soldaten jubeln hören.
Immer mehr Truppen strömten in die Burg, sammelten sich für die Schlacht.
»Was du getan hast, kommt einem Verrat gleich«, murmelte sein Vater, ihm den Rücken noch immer zugekehrt. »Es widerspricht allem, was ich dir je beigebracht habe.«
»Und doch war es genau das, was du dir von Herzen gewünscht hast«, entgegnete Gaborn. »Mit den Lippen hast du den Tod deiner Freunde angeordnet, doch in deinem Herzen warst du nicht dazu bereit.«
»Wie kannst du nur annehmen, du wüßtest, was in meinem Herzen vorgeht?« meinte Orden abwesend.
»Ich… kann es einfach«, antwortete Gaborn schlicht.
König Orden nickte nachdenklich, drehte sich um und sah seinen Sohn, während er mit sich rang, lang an. Er atmete tief durch, versuchte beiläufig zu klingen. »Dann werde auch ich den Befehl widerrufen. Danke, Gaborn daß du meine Freunde zurückgebracht hast…«
Gaborn atmete erleichtert auf.
König
Sylvarresta
war
zum
Frühstückstisch
hinübergeschlendert. Er aß von den Tellern und riß sich mit beiden Händen riesige Stücke von einem Schinken ab.
Gaborns Vater flüsterte: »Dennoch fürchte ich, er ist für mich verloren.«
»Bis zu Raj Ahtens Tod«, sagte Gaborn, »Dann wirst du deinen Freund zurückgewinnen und ich meine Frau.«
Er hatte diese Neuigkeit jetzt nicht verraten wollen, doch er hielt sie für wichtig und wollte, daß sein Vater sie von ihm und nicht von einem Fremden erfuhr. Er rechnete fest mit einem weiteren Schlag. »Vater, ich habe dir erklärt, daß ich einen Eid geschworen habe, Iome zu beschützen. Ich bin ihr verbunden, so wie ein Eidgebundener Lord dem anderen.«
Sein Vater wendete den Blick ab und sah in den Kamin. Sein Kinn spannte sich. Die Nachricht schien ihn zu entsetzen, doch seine Stimme zitterte kaum, als er sagte: »Aha. Verstehe. Es war wohl nur eine Frage der Zeit.«
»Du bist nicht enttäuscht?« fragte Gaborn.
»Enttäuscht ja«, sagte Orden, »aber nicht überrascht.
Dennoch muß ich eingestehen, daß du dir den denkbar schlechtesten Augenblick für einen solchen Akt des Gewissens ausgesucht hast.«
»Verärgert bist du nicht?«
Sein Vater unterdrückte ein leises Lachen. »Verärgert? Wohl kaum. Entsetzt, vielleicht. Betrübt. Doch wie kann ich verärgert sein? Mein einziger Freund ist ein Eidgebundener Lord.« Er blieb einen Augenblick gedankenverloren stehen und nickte. »Trotzdem… ich habe das Gefühl, als hätte ich dich verloren.«
»Wenn wir Raj Ahten erst geschlagen haben, wirst du erkennen, daß wir nichts verloren haben«, ermunterte ihn Gaborn.
»So wie du es sagst, klingt es ganz leicht.«
»Das sollte es auch,
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