Der Kreis aus Stein
bei vierzigtausend Zwingeisen.«
»Aha, Borenson hat dir also davon erzählt? Nun, wir sind im Besitz dieser Zwingeisen, jetzt fehlen uns nur vierzigtausend Übereigner, damit sich die Mühe gelohnt hat.«
»Soll das heißen, du hast noch nicht damit begonnen, sie zu benutzen?« fragte Gaborn.
»Ich halte sie noch immer verborgen, am selben Ort, wo die Herzogin sie versteckt hat«, sagte Orden. »Ich habe nur einige wenige verwendet.«
Gaborn stockte der Atem, er spürte, wie sich seine Brust zusammenzog. »Eine Schlange? Du hast eine Schlange gebildet? Wie groß?«
»Einen Schlangenring«, antwortete er unbekümmert und versuchte Gaborn zu beruhigen. »Zweiundzwanzig Männer, die meisten mit wenigstens zwei Gaben des Stoffwechsels.
Zum größten Teil jene, die du eben aus dem Raum hast gehen sehen.«
Gerade noch hatte König Orden gesagt, er habe das Gefühl, seinen Sohn verloren zu haben. Es schien eine Überreaktion auf Gaborns Ankündigung. Jetzt sah er, daß sein Vater aller Wahrscheinlichkeit nach recht hatte. So oder so, sie waren füreinander verloren. Irgendwann würde der Schlangenring durchbrochen werden, und erst dann würde Gaborn erfahren, welch großes Opfer sein Vater an diesem Tag für ihn erbracht hatte.
Und doch erklärte die Ankündigung seines Vaters, wieso er nicht zornig geworden war, als Gaborn ihm von seinem Eid erzählt hatte. Sein Vater stand im Begriff, sich zurückzuziehen, sich von ihm zu lösen.
König Orden fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich habe die Absicht, Raj Ahten für dich zu töten, ich persönlich, und zwar heute. Nennen wir es ein Hochzeitsgeschenk. Ich werde dir seinen Kopf zum Hochzeitsgeschenk machen, Gaborn. Und mein Freund hier wird seinen Verstand zurückbekommen.«
»Wie denn? Wie viele Männer hast du?« wollte Gaborn wissen.
»Sechstausend in etwa«, antwortete Orden. Er trat ans Fenster, schaute hinaus und sagte nachdenklich: »Heute morgen sind Reiter von Groverman eingetroffen. Er weigert sich, uns zu helfen. Statt dessen will er seinen eigenen Bergfried halten. Von ihm sind nur wenige Männer gekommen, einige Unabhängige Ritter, die es nicht ertragen haben, ihn in seiner Feigheit zu unterstützen.
Das ist Pech – wir hatten große Hoffnungen auf ihn gesetzt.
Eigentlich ist Groverman ein hervorragender Mann, ein vernünftiger Mann. Er tut, was ich auch tun würde, er verteidigt seinen Bergfried.«
Gaborn lächelte. »Dein Bergfried steht in Mystarria, zwölfhundert Meilen von hier. Du würdest einen Freund nicht im Stich lassen.«
König Orden sah Gaborn von der Seite an. »Ich möchte, daß du Iome und König Sylvarresta nimmst und von hier fortschaffst, sofort. Reite nach Burg Groverman. Sie dürfte gut befestigt sein.«
»Ich denke, das werde ich nicht tun«, erwiderte Gaborn. »Ich bin es leid, davonzulaufen.«
»Und wenn ich es dir befehle?« fragte sein Vater. »In dieser Sache sind sich mein Herz und mein Verstand einig.«
»Nein«, sagte er entschieden. Sein Vater hatte stets versucht, ihn zu beschützen. Jetzt erkannte er, daß sein Vater dies auch weiterhin tun würde, selbst wenn es ihn das Leben kostete.
Doch Gaborn war ein Runenlord, und auch wenn er nur wenige Gaben besaß, so waren sie über ein breites Spektrum verteilt. Mit Geisteskraft, Anmut und Durchhaltevermögen konnte er in einer Schlacht wie dieser besser kämpfen als jeder gewöhnliche Soldat. Außerdem war er in Taktik und Schwertkampf geübt.
Als Sohn des Königs hatte er gelernt, sich zu verteidigen, wenngleich er zweifelte, ob er es mit einem von Raj Ahtens Unbesiegbaren würde aufnehmen können.
Iome packte ihn am Jackenärmel und zischte wütend: »Tu, was dein Vater dir aufträgt! Bring mich zu Groverman. Wenn wir bei ihm ankommen, werde ich ihm befehlen, zu kämpfen!«
Sinkenden Mutes wurde Gaborn bewußt, daß sie recht hatte.
Grovermans Burg war kaum mehr als dreißig Meilen entfernt.
Wenn sie den Pferden die Sporen gaben, konnten sie innerhalb einiger Stunden dort sein.
»Tu, was sie von dir verlangt«, sagte Orden. »Vielleicht nützt es etwas. Groverman zieht seine Truppen schon seit einer Weile zusammen. Gut möglich, daß er mittlerweile zehntausend Verteidiger auf seinen Mauern stehen hat.«
Gaborn wußte, er mußte es tun, er mußte Iome zu Groverman bringen. Doch damit wäre er fünf Stunden oder länger beschäftigt. Er würde nicht vor Mittag hierher zurückkehren können. Bis dahin hätte Raj Ahtens Armee Longmot erreicht und
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