Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder
Gegenstand, auf den diese Beschreibung passt, durchforsten lassen?«
Andrae seufzte wie unter einer schweren Last. »Um unseres gemeinsamen Freundes willen werde ich Ihnen diese Bitte nicht abschlagen. Aber bis zur Eröffnung des Museums kann ich niemanden für diese Sisyphusarbeit entbehren. Sie müssen sich also noch eine Weile in Geduld üben.«
Das habe ich inzwischen gelernt, dachte David erleichtert. Obwohl der Archäologe zunehmend ungeduldiger zu werden schien, wagte er noch eine weitere Frage. »Anton Fresenius hat eine ›Bruderschaft vom Ende des Sonnenkreises‹ erwähnt – kennen Sie diese Bezeichnung?«
Andrae dachte nur kurz nach. »Nein, das sagt mir gar nichts.«
David atmete tief durch, langte in seinen Halsausschnitt und förderte die Kette mit dem Ring ans Licht. Er hielt das Schmuckstück dem Wissenschaftler hin und fragte: »Kennen Sie dieses Symbol? Oder haben Sie schon einmal vom ›Kreis der Dämmerung‹ gehört?«
Walter Andraes Augen hingen an dem Siegelring. Auf seiner Stirn bildete sich eine steile Falte. Endlich erwiderte er: »Auch diese zweite Bezeichnung ist mir fremd, aber dieses Siegel – oder etwas Ähnliches – habe ich schon einmal gesehen.«
Davids Herz machte einen Sprung. »Wo?«
»Keine Ahnung.«
»Aber Sie müssen doch…«
»Herr Pratt, ich habe ganze Landstriche einer Gegend, die Ihnen als Zweistromland bekannt sein dürfte, umgegraben und dort tausende von Fundstücken exploriert, katalogisiert und analysiert, Glauben Sie wirklich, das alles passt in meinen Kopf?«
David musste ob des bildhaften Vergleichs schmunzeln. »Wenn Sie schon für mich tätig werden, könnten Sie da nicht zudem nachforschen, wo Sie dieses Symbol schon einmal gesehen haben? Es wäre sehr wichtig für mich.«
Andrae seufzte, »Ich weiß auch nicht, warum ich Sie nicht einfach hinauswerfe. Also gut. Aber lassen Sie mir um Himmels willen Zeit. Sie ahnen ja nicht, was mir alles im Kopf herumschwirrt…!«
David lachte erleichtert auf, »Tausendundeine Geschichte, ich weiß. Wenn Sie dann nicht ebenso viele Nächte brauchen, um mir die meine zu erzählen, warte ich gerne.«
Während der Mai sich verabschiedete und der Sommer Einzug hielt, wurde David von Walter Andrae immer wieder vertröstet. Langweilig wurde es ihm trotzdem nicht. Da gab es ja noch eine zweite Sache, die ihn nach Berlin geführt hatte, die Suche nach dem geheimnisvollen Deutschen aus dem Vatikan.
Der besaß noch immer keinen Namen, obwohl David inzwischen mit Lorenzo Di Marco in Briefkontakt stand. Er hatte den Mönch über die Neuigkeiten aus Heidelberg in Kenntnis gesetzt, worauf dieser bedauernd zurückschrieb, ihm seien leider die Hände gebunden, denn Kardinal Pacelli habe sich bezüglich seines deutschen Besuchers sehr bedeckt gehalten. David versuchte daraufhin auf anderem Weg weiterzukommen.
Er besuchte zunächst verschiedene Berliner Zeitungsredaktionen. Dabei pflegte er sich als Korrespondent des amerikanischen Time-Magazins vorzustellen, sein Foto mit dem großen Unbekannten zu zeigen und um Einblick in das Archiv zu bitten. Ein solches war – gerade bei älteren Zeitungshäusern – ein wertvoller Fundus für Hintergrundinformationen. Die Konkurrenz dagegen musste sich die entsprechenden Fakten erst in aufwändigen Recherchen zusammensuchen. Deshalb zögerten die verantwortlichen Redakteure verständlicherweise, einem fremden Reporter Einblick in den Hausschatz zu gewähren.
David gelang es dennoch erstaunlich oft, in das Allerheiligste vorgelassen zu werden. Mit seiner inzwischen hinlänglich bekannten Überredungsgabe öffnete er zunächst Ohren, dann Herzen und zuletzt Türen. Nebenbei fand er dabei einige aussichtsreiche Kandidaten für sein entstehendes Berliner »Agentennetz«. Bald war sein Kalender mit Terminen für weitere Sondierungen gespickt.
Den Haupttreffer landete er beim Ullstein-Verlag im Bezirk Tempelhof. In dem roten Backsteinbau traf er sich mit Friedhelm Lauser, einem Lokalredakteur der Berliner Illustrierten Zeitung. Lauser sah sich das Foto nur kurz an und sagte: »Ich kenne das Bild. Habe es selbst geschossen. Irgendwann im Frühjahr, so genau weiß ich das nicht mehr.«
»Aber es ist doch in einer Heidelberger Zeitung erschienen«, wandte David ein.
»Ullstein hat das Foto an mehrere Blätter verkauft.
Heidelberg ist für uns keine Konkurrenz, da wird so was schon mal gemacht.«
»Kennen Sie diesen Mann dort?« David tippte auf die halb verdeckte Gestalt.
»Klar,
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