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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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umgekehrt werden?
    Nach den Nürnberger Rassegesetzen hatte selbst ein Kardinal Faulhaber – aus dessen Feder ja der Entwurf der Enzyklika Mit brennender Sorge stammte – anlässlich einer Adventspredigt in der Münchener Marienkirche gesagt, dass die Kirche keinen Einspruch erhebe »gegen das Bestreben, die Eigenart eines Volkes möglichst rein zu erhalten und durch den Hinweis auf die Blutsgemeinschaft den Sinn für die Volksgemeinschaft zu vertiefen.«
    David reagierte auf Markus Stangerls Bericht mit Kopfschütteln. »Kennt denn Faulhaber die Apostelgeschichte nicht, in der Petrus – der so genannte ›erste Papst‹! – sagt, ›dass Gott die Person nicht ansieht, sondern allerlei Volk‹, wer ihn fürchtet und recht tut, ihm ›angenehm‹ sei? Mit ›allerlei Volk‹ hat er bestimmt die erdenweite Völkergemeinschaft gemeint, von arischem Blut ist da jedenfalls nirgends die Rede.«
    »Sie haben eben die Luther-Übersetzung zitiert. Das würde der Kardinal vermutlich nicht gelten lassen.«
    David sah den Geistlichen irritiert an, was den zu einem Lächeln veranlasste. »War nur ein Scherz. Deshalb helfe ich Ihnen ja, weil mir auch so einiges gegen den Strich geht, was in der Kirche geschieht.«
    Markus Stangerl war mehr der kämpferische Typ. Andere, die David unterstützten, mussten eher den idealistischen Träumern zugerechnet werden. Aber jeder hatte seine Qualitäten und war für David – unabhängig von seiner Herkunft – ein wertvoller Mensch.
     
     
    Die Voraussagen Stangerls in Bezug auf Österreich sollten sich schon bald bewahrheiten. Am 13. März 1938 holte Hitler die Alpenrepublik »heim ins Reich«. Eine sehr zynische Umschreibung für eine gewaltsame Okkupation eines souveränen Landes.
    Nachdem David die Ergebnisse seiner Papen-Ermittlungen an Sean Griffith weitergereicht hatte, passierte eine Weile lang gar nichts. Die britische Regierung zauderte. Vielleicht hatte man noch ein Ass im Ärmel, von dem David nichts wusste.
    Im Sommer schien er eine Bestätigung für diese Vermutung zu erhalten. Über die Relaisstation Anton Fresenius erreichte ihn eine Nachricht von Henry Luce.
     
    Lieber David!
    Nachdem Hitler nun Österreich im Sack hat, schielt er in Richtung tschechoslowakische Republik. Als Vorwand benutzt er die Sudetendeutschen. Für September ist in München eine Konferenz mit den Briten und Franzosen geplant, die er vermutlich mit einem Kuhhandel zum Stillhalten veranlassen will. Ich dachte, die Information könnte für dich nützlich sein. Falls du zur Münchener Konferenz fährst, könntest du für das Magazin doch gleich…
     
    »Der hat vielleicht Nerven!«, regte sich David auf, nachdem er den Brief seines Freundes und Arbeitgebers gelesen hatte. »Die Gestapo und Belials Häscher sind uns auf den Fersen und Henry möchte, dass ich eine Time-Story für ihn schreibe.«
    »Bist nicht du derjenige, der diesen Jesuiten jagt?«, fragte Rebekka gelassen.
    »Wenn ich das nur selbst wüsste! Ich dachte Papen eins auswischen zu können, wenn ich ihm seinen Adlatus in Deutschland nehme, aber dieser ominöse Mönch ist raffinierter, als ich geglaubt habe.«
    »Werden wir im September nach München fahren?«
    David dachte nur kurz nach, dann nickte er langsam. »Auch wenn Franz von Papen offiziell nichts mit der Münchener Konferenz zu tun hat – es könnte sich lohnen. Vielleicht schnappen wir endlich den Jesuiten oder gelangen an einen brauchbaren Hinweis.«
    David, Rebekka und Pünktchen fanden Unterschlupf im Münchener Stadtteil Pasing. Markus Stangerl hatte eine Schwester, deren Mann ein heimlicher Nazi-Gegner war. Er bezog zwar nicht offen Stellung, aber immerhin erklärte er sich bereit, das englische Ehepaar bei sich aufzunehmen.
    Sepp Leiber und seine Frau Lieselotte bewohnten eine geräumige, von der Straße nicht einsehbare Jugendstilvilla – ein ideales Versteck also. Er war von Beruf Architekt und arbeitete zu Hause. Sie hütete die Rosen im Garten. Als Kinderersatz hielten sich die beiden einen Hund namens Hubert, ein sehniges hypersensibles Geschöpf mit kurzem braunem Fell. Während so mancher Zweibeiner unter seiner lückenhaften Arierahnenreihe litt, konnte Hubert auf einen langen Stammbaum zurückblicken. Ein beneidenswerter Vorzug. Möglicherweise war das auch der Grund, weshalb der Rüde sich Pünktchen gegenüber auffallend reserviert verhielt. Vielleicht hatte sie ihm auch nur erzählt, dass sie aus einem Tierheim kam.
    »Sie wollen also einen Artikel über die

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