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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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reagierte sofort. Das Langschwert flog aus der Scheide, blitzte im hereinfallenden Licht einmal kurz auf, während es eine Kreisbahn beschrieb – und traf auf Widerstand.
    Ein Schmerzensschrei zeigte, dass der Angreifer getroffen war, das daran anschließende Klappern eines Gegenstandes auf dem Steinboden stammte von einer nun nutzlosen Pistole. Wie ihm ein rascher Blick auf die Waffe verriet, hatte der Meuchelmörder bei seiner glücklosen Aktion auch einen Zeigefinger eingebüßt.
    Der Mann im Schatten stöhnte vor Schmerzen.
    »Kommen Sie hier herüber, ans Licht«, befahl David und deutete mit dem Schwert auf den langen Gang.
    Der Attentäter gehorchte. Mit schweren Schritten, als gehe es bereits mit ihm zu Ende, schleppte sich der Mann ins Licht. David erstarrte. Der Jesuit!
    Was für eine teuflische Verschwörung! David brachte die Erkenntnis fast um den Verstand. Rebekkas Bild schoss ihm durch den Kopf, wie sie – ängstlich und allein – in einer finsteren Wohnung kauerte. Er musste auf der Stelle einige Fragen klären.
    Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, hielt er dem Jesuiten das Langschwert an die Kehle und zückte auch noch das kürzere wakizashi. »Wie haben Sie mich aufgespürt?«
    »Das ist nun nicht mehr wichtig… Au!«
    David hatte mit der rasiermesserscharfen Klinge nur eine winzige Bewegung gemacht. Schon zeigte sich ein dünnes dunkles Rinnsal auf dem Hals des Jesuiten. Der hatte im Reflex mit der heilen Hand – die andere steckte unter seiner linken Achsel – nach dem Schwert greifen wollen, sie aber gleich wieder zurückgezogen. Er trug dunkle Handschuhe. Und das im Sommer!
    »Die Antwort war falsch«, sagte David. »Sie haben noch eine letzte Chance.«
    »Der Kreis hat erfahren, dass das Krankenhauskrematorium für Sie nicht Endstation war. Irgendwann mussten Sie aus Ihrem Schlupfwinkel ja wieder herauskommen. An den normalen Grenzübergängen hätten wir Sie erwischt. Einiges sprach dafür, dass Sie versuchen würden von Hamburg aus zu fliehen…«
    »Ach, was denn zum Beispiel?« David verstärkte kurz den Druck der Klinge, was nicht nur den Redefluss des Jesuiten wieder in Gang brachte.
    »Ah! Bitte lassen Sie das. Ich sage Ihnen ja alles, was Sie wissen wollen.«
    »Belials Herrenclub sollte sich nach etwas schweigsameren Handlangern umsehen. Also, wer hat Ihnen den entscheidenden Hinweis gegeben?«
    »Der Wirt vom Klabautermann«, stöhnte der Jesuit. »Er ist ein bekannter Schleuser. Wir haben ihm so viel Geld geboten, dass er gar nicht anders konnte, als uns zu informieren, sobald Sie aufkreuzten.«
    »Sagen Sie mir Ihren Namen.«
    »Antonio Scarelli.«
    »Sie sind doch nicht wirklich ein Mönch, oder?«
    »Warum denn nicht?«
    »Und Sie hatten vor, mich hier zu töten.«
    Der Jesuit grinste verschlagen. »Hätte Rasputin das nicht auch getan?«
    Der russische Mönch, der die Zarin Alexandra nach Belieben manipuliert hatte? Derselbe, dem selbst Gift nichts anzu haben vermochte! Auch ihn, David, hatte man »vergiften« wollen, aber seine außergewöhnlichen Abwehrkräfte hatten ihn gerettet. Und die Mitglieder des Kreises der Dämmerung waren sogar derart zäh, dass sie gut zehnmal so alt werden konnten wie ein normaler Mensch.
    Davids Augen suchten die Handschuhe des Jesuiten. In ihm regte sich ein furchtbarer Verdacht.
    »Rasputin soll erschossen worden sein. Soweit ich mich erinnere, hat man seinen Leichnam später aus einem Nebenarm der Newa gezogen.«
    »Es gab damals viele bärtige Bauernjungen in Russland.«
    David nickte. »Belial hat Sie mir an Stelle von Negromanus auf den Hals gehetzt – habe ich Recht?«
    Wieder grinste der andere. »Das war wohl nicht schwer zu erraten.«
    »Aber wem – da sein eigener Schatten schon versagt hatte – würde er einen solchen Auftrag anvertrauen? Doch nicht irgendeinem beliebigen Handlanger. Ich an seiner Stelle hätte einen aus dem engsten Zirkel gewählt…«
    Der Jesuit schien zu erzittern.
    David verstärkte wieder den Druck auf die Klinge. »Ziehen Sie Ihre Handschuhe aus. Ich möchte den Ring.«
    »Ich verstehe gar nicht, was… Ahhh! Ist ja schon gut. Warten Sie.«
    Unter Schmerzen streifte sich der Jesuit zuerst den linken und dann den blutverschmierten rechten Handschuh ab. »Hier, sehen Sie. Da ist kein Ring. Sie haben sich getäuscht. Lassen Sie mich bitte gehen. Ich verspreche Ihnen auch…«
    »Ruhe!«, herrschte David den Jesuiten an. »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich Ihnen traue, Scarelli. Wollten Sie

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