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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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im Wesentlichen von David). Als Guicciardini endlich seinen Namen las, verzieh er Gandhi sofort. Jetzt wäre er sogar bereit gewesen, David zu einem Interview in die Hölle zu begleiten.
     
     
    Sie schienen alle in Sackgassen zu münden, die nächsten Schritte des Time-Reporters Francois Cournot alias Francis Murray alias David Camden alias… Er hatte Eugenio Pacelli falsch eingeschätzt. Wenn ein so angesehenes Magazin wie Time mit einer Titelstory winkt, kann niemand widerstehen, hatte David gedacht. Der neue Kardinalstaatssekretär schien da anderer Ansicht zu sein.
    Woche um Woche ging ins Land. David machte sich zunehmend Sorgen, seine heimlichen Beobachter könnten ihn erneut aufspüren. Obwohl Dr. Guicciardini auf der Klaviatur seiner Beziehungen sowohl die weißen wie auch die schwarzen Tasten virtuos anspielte, wollte die verlockende Melodie offenbar niemand so recht würdigen – offizielle wie inoffizielle Kanäle blieben stumm. David war inzwischen zum Stammgast geworden in der vierundvierzig Hektar kleinen Citta del Vaticano, der Vatikanstadt, und er verfügte sogar schon über einige ermutigende Kontakte zu dem einen oder anderen Ordenshaus, selbst zu einem Kurienamt.
    Bei seinen Sondierungen erstaunte ihn immer wieder, wie weit verbreitet doch die Sünde der Eitelkeit hinter den ehrwürdigen Mauern des Vatikans war. In den endlosen Gängen, hinter absurd hohen Türen arbeitete eine große Anzahl Menschen, von denen jeder einzelne das Himmelreich ohne Zögern gegen eine namentliche Nennung im Time-Magazin eingetauscht hätte. Henry Luce in New York beschwerte sich schon über die vielen Beiträge, die ihm David über völlig uninteressante Personen schickte.
    Der Vatikanstaat zählte rund ein halbes Tausend Einwohner, jedoch zehnmal so viele Bedienstete. Man kann sich vorstellen, wie mühselig da selbst für den Wahrheitsfinder David die Suche nach verborgenen Hinweisen und wohlgesonnenen Menschen war. Die »Licht- und Frohbotschaft des Christus«, wie Pius sie zu nennen beliebte, schien sich noch nicht bis in die Büros der Kurienämter ausgebreitet zu haben. Nur allzu oft stieß David hier auf bitterernste Mienen, verschlossene Ohren und abweisende Gesten.
    So brachte der März für David keine nennenswerten Fortschritte. Ohne Rebekka wäre er vermutlich in Depressionen verfallen. Die Italiener freuten sich über einen 2:0-Sieg im Fußballländerspiel gegen Deutschland – er fühlte sich wie der ewige Verlierer. Am 4. April erklärte General Yen Hsi-schan, der Befehlshaber der chinesischen Nordtruppen, der Nankingregierung Tschiang Kai-scheks den Krieg. Ein neues Feuer auf dem Erdball, das neue Opfer fordern würde – und David war in seinem Kampf gegen den Kreis der Dämmerung noch immer kaum vorangekommen.
    Am Abend desselben Tages diskutierte er mit Dr. Guicciardini über die bedrückende Wahrheit, dass die meisten großen Katastrophen auf der Welt von leider nur allzu fehlerbehafteten Einzelpersonen ausgelöst wurden. Manchmal mochte die Tagesform eines Kochs über Krieg und Frieden entscheiden. Bei dieser Feststellung hatte er einen Geistesblitz.
    »Wer kocht eigentlich für Eugenio Pacelli?«
    Guicciardini runzelte die schweißbedeckte Stirn. »Was weiß ich… Nein, warten Sie. Ich glaube, Pacelli hat seine Haushälterin aus Deutschland mitgebracht – wie so viele seiner engsten Mitarbeiter. Die Ordensschwester hat einen italienischen Vor-, aber einen deutschen Familiennamen… Lehnert! Jetzt hab ich’s: Pascalina Lehnert. Ja, so heißt sie.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wo ich sie treffen könnte, Dottore?«
    »Sie machen mir Spaß, Francois. Natürlich wohnt der Kardinal im Vatikan und seine Hausgehilfin mit ihm.«
    »Das ist mir schon klar, aber Sie wissen so gut wie ich, dass die Hellebarden der Schweizergarde es so gut wie unmöglich machen, mal eben bei Pacelli hereinzuschneien.«
    »Wenn sie eine gute Köchin ist, wird sie es sich nicht nehmen lassen, persönlich frische Lebensmittel einzukaufen«, sagte Rebekka unvermittelt. Bisher war sie der Unterhaltung schweigend gefolgt.
    David sah seine Frau nachdenklich an. Dann lächelte er. »Du hast Recht, Schatz. Jetzt fehlen uns nur noch eine halbwegs brauchbare Beschreibung von Schwester Pascalina und ein bisschen Glück.«

 
    Kardinaltugenden
     
     
     
    Für die Identifizierung von Pascalina Lehnert sorgte Dr. Guicciardini. Er spielte auf einigen seiner schwarzen Tasten und präsentierte am nächsten Tag stolz die Resultate:

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