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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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unserem neuen Freund um die Fahndung nach Kelippoth.«
    David schüttelte lächelnd den Kopf und sagte zu Davy: »Er war früher Mönch. Gelegentlich benimmt er sich immer noch wie ein Prior, aber ich wüsste nicht, was ich ohne ihn anfangen sollte.«
    »Was ist ein IRS?« In Davids Kopf schwirrten die Begriffe durcheinander, mit denen Davy ihn bombardiert hatte. »Das Kürzel steht für Information Retrieval System.«
    » Du sprichst von dem ›klugen Progrämmchen‹?« Davy grinste. »Nun ja, gewissermaßen. Es gehören noch ein paar Dinge mehr zu meinem Suchprogramm, aber ich will euch nicht mit technischen Details langweilen.«
    »Das ist sehr rücksichtsvoll von dir«, mischte sich Mia ein. Der ironische Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören. »Großpapa hat Kelippoth in siebzig Jahren nicht aufgespürt. Warum sollte dir das jetzt auf die Schnelle mit deinem IRS gelingen?«
    Die drei saßen in einem beheizten Wintergarten, von dem aus man auf einen Rasen hinausblicken konnte, der von Trauerweiden und Ahornbäumen eingeschlossen wurde. Weit hinten war die Upper Bay zu erkennen. Bei schönem Wetter sogar die Freiheitsstatue und die Südspitze von Manhattan, aber nicht an diesem regnerischen Junitag. Das Anwesen im Norden von Staten Island besaß einen direkten Zugang zum Wasser samt Bootshaus, Steg und kleiner Motorjacht. Das schindelgedeckte Haus selbst war als Countryhouse ausgelegt: außen wie innen viel Holz, offene Kamine, schwere Polstermöbel und Jagdtrophäen. Mit dem Motorboot oder der regelmäßig verkehrenden Fähre war Manhattan innerhalb weniger Minuten zu erreichen.
    Auf einem uralten Nussbaumschreibtisch stand vor Davy sein aufgeklapptes und leise vor sich hin summendes Notebook. Der flache Computer war sein ständiger Begleiter, gewissermaßen ein mobiles Tor zum Cyberspace. Davy deutete auf den farbig leuchtenden Flüssigkristallbildschirm und sagte: »Ich habe meinen virtuellen Suchagenten hier mit einigen interessanten Details aus den Erinnerungen deines Großvaters gefüttert, Mia. Lucius Kelippoth hat sich in diesem Jahrhundert offenbar verschiedener Namen bedient. Luciano Varuna ist vermutlich nur eines seiner Pseudonyme. Beide Namen haben mit Licht und Finsternis zu tun: Lucius beziehungsweise Luciano bedeutet ›der Lichte, der Glänzende ‹. Kelippoth steht für die Scherben des Bösen, in denen das göttliche Licht gefangen ist, und Varuna, in Sanskrit ›der Allumfassende‹, wird von den Brahmanen als der Herrscher über das Dunkle der Nacht angesehen. Mein Suchknecht bedient sich unter anderem eines Thesaurus, das heißt, er kann Begriffe verwandter Bedeutung heranziehen.«
    »Du meinst, wenn du Lucius eingibst, bekommst du auch Verweise auf Luzifer?«
    »Das können sogar die meisten der Suchmaschinen im Internet bereits, weil die beiden Begriffe ähnlich geschrieben werden. Aber mit meinem IRS-Agenten findest du auch Ra, wenn du Helios eingibst.«
    »Und wieso?«
    »Beides sind Sonnengötter, der eine bei den Ägyptern, der andere bei den Griechen – das ist das gemeinsame Merkmal, das der Thesaurus findet.«
    »Genug der grauen Theorie«, sagte David ungeduldig. »Ich schlage vor, du zeigst uns, was dein Agent, oder wie immer du dieses ›kluge Progrämmchen‹ nennst, wirklich kann.«
    Davy hatte nicht mehr viel zu tun. Er tippte nur noch den vollständigen Namen Kelippoths in ein Eingabefeld und drückte die Enter-Taste. Anschließend lehnte er sich zurück. »Ich schlage vor, wir machen uns jetzt einen Kaffee.«
    »Wieso? Ist dein Suchsklave etwa fußlahm?«, fragte Mia.
    »Du darfst das nicht mit einer herkömmlichen Anfrage auf einer Suchmaschine im Internet verwechseln«, erklärte Davy geduldig. »Dieser Computer hier wie auch zwei weitere auf meiner Farm in Australien richten im Augenblick dutzende von Suchanfragen an weit über tausend Server im Internet. Diese wiederum haben Zigmillionen Webseiten indiziert, also gewissermaßen Findelisten angelegt, die sie nun abgrasen. Alles in allem dürften bei dieser Abfrage – die Doppelanfragen mitgerechnet – mehrere Milliarden Einträge überprüft werden. Für diese Arbeit solltest du meinem Knecht ruhig ein paar Minuten Zeit lassen.«
    Mia schürzte die Lippen, dann aber nickte sie lächelnd. »Also gut, das Fußleiden nehme ich zurück. Und außerdem mache ich uns einen Tee.«
    Etwa anderthalb Stunden später lag den drei Kreisjägern eine Ergebnisliste von etwas mehr als eintausendzweihundert Treffern vor. Mia

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