Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund
bisschen zu viel Publicity für eine Geheimoperation.«
»Und wenn der Anschlag ein fehlgeschlagenes Experiment Belials war?«
»Möglich.« David klang nicht recht überzeugt. »Hat dein Team noch etwas herausgefunden, Davy?«
Der Hacker nickte. »Das ist das Merkwürdigste überhaupt: Lucius Sola scheint ein ausgesprochener Fan der Concorde zu sein.«
Davids Augenbrauen zogen sich bedrohlich zusammen. »Das Überschallpassagierflugzeug?« Er hatte es selbst einige Male benutzt.
Davy nickte. »Wieder das gleiche Theater: Konstruktionspläne, Wartungsunterlagen über jede einzelne jemals gebaute Maschine, Flugpläne von British Airways und Air France, den einzigen beiden Fluggesellschaften, die sich dieses fliegende Prestigeobjekt leisten… Wenn du irgendeine Frage zur Concorde hast, Solas Computer können sie dir beantworten. Auf seiner Gehaltsliste stehen sogar zwei Piloten und fünf Techniker, die an dem Düsenflieger ausgebildet wurden.«
David schüttelte den Kopf. »Die Sache wird ja immer mysteriöser. Will er etwa Concordes zu Atombombern umbauen? Ich verstehe das nicht!«
»Auf die Gefahr hin, euch zu langweilen«, merkte Lorenzo seelenruhig an, »aber das logistische Problem dürfte damit trotzdem nicht gelöst sein. Zum einen erscheint es äußerst unwahrscheinlich, dass Sola sämtliche Überschallverkehrsflugzeuge zu Bombern umrüsten und die nuklearen Sprengkörper auch wirklich abwerfen kann, und andererseits dürfte selbst in diesem Fall die Menschheit nicht gänzlich zu vernichten sein.«
»Lorenzo hat Recht. Wir haben irgendetwas übersehen, eine Kleinigkeit vielleicht, eben den Schlüssel zur Lösung des Rätsels.« David atmete tief durch. »Davy, ihr habt hervorragende Arbeit geleistet, aber ich muss euch dazu anstacheln, weiter euer Bestes zu geben. Geht alle Daten noch einmal durch. Schreibt Programme, macht Brainstorming oder tut, was immer ihr für nötig haltet. Wir haben nur noch ein halbes Jahr. Knapp!«
Spät an diesem Abend spazierte David nachdenklich durch den Park des Anwesens. Irgendwann stand er am Wasser. Vor ihm, halb von den Ästen einer Trauerweide verborgen, lag der Landungssteg im matten Licht einer kleinen. Laterne, die sich weiter oben am Bootshaus befand. Es war ein klarer und lauer Sommerabend. In der Ferne sah er die Freiheitsstatue grünlich gelb angestrahlt über dem Wasser schweben. Immer wenn das Gefühl übermächtig wurde, die Zeit zerrinne ihm wie Wasser zwischen den Fingern, brauchte er eine Auszeit, etwas Muße, um mit sich wieder ins Reine zu kommen.
Mit einem Mal hörte er leise Stimmen. Vorsichtig trat David ein paar Schritte zur Seite, um das Ende des Stegs einsehen zu können. Nebeneinander saßen dort Mia und Davy. Er konnte nicht verstehen, worüber sie sprachen, wollte es auch gar nicht, aber ihm fiel der sanfte Klang ihrer Stimmen auf. Mia hatte die Beine angezogen und die Arme um die Knie geschlungen. Jetzt löste sie die Umklammerung und ihre Rechte sank wie zufällig auf Davys Hand.
David hielt den Atem an. Nur zu gut erinnerte er sich einer ähnlich beiläufigen Berührung durch Rebekka. Aber wie würde sich Mia, diese kleine Kratzbürste, weiter verhalten? Würde ihre Hand zurückzucken, überrascht von der eigenen Courage?
Im gelben Licht der Bootshausfunzel sah er, wie Davys Handfläche sich nach oben drehte und Mias Finger sich um sie schlossen. Die Schultern der beiden sanken aneinander und lächelnde Gesichter blickten sich an. Mehr sah David nicht, er hatte sich abgewandt und still vor sich hin lächelnd den Weg zurück zum Haus angetreten.
Zweieinhalb Wochen waren verstrichen. Davy, Dee-Dee und das übrige Team traten auf der Stelle. Ohne eine neue Leitlinie oder irgendeinen Anhaltspunkt werde das auch noch einige Monate so weitergehen, prophezeite der Hacker mit düsterer Miene. Die Datenbestände von Phosphoros seien einfach zu umfangreich, um auf Zufallstreffer hoffen zu können. David begann nun doch ernsthaft über einen Besuch in Solas Wolkenkratzer nachzudenken, der unweit des Chrysler Building aus dem Boden Manhattans wuchs.
»Was ist eigentlich mit Davy los?«, fragte Dee-Dee an diesem schwülheißen Morgen. Es war der 17. Juli.
Ehe David etwas sagen konnte, schnaubte schon Kim: »Männer! Sie sind blind wie Maulwürfe.« David musste schmunzeln.
»Immerhin haben sie eine gute Nase. Sonst hätte ich dich ja nicht aufgespürt«, konterte Dee-Dee.
»Dann hätte dir eigentlich auffallen müssen, dass
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