Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
launischen Teenager, der je nach Stimmungslage Stella oder Sternchen gerufen wurde.
    David folgte dem Tischgespräch durchaus nicht. Seine Gedanken kreisten um die gerade ergatterten Daten. Welche düsteren Geheimnisse mochten in ihnen stecken? Je weiter das Mahl voranschritt, desto größer wurde in ihm der Wunsch, wenigstens einen kurzen Blick auf die Beute zu werfen. Nach dem Roastbeef zogen sich die Männer daher mit einem »Wir gehen eben noch mal kurz an den Computer« wieder ins »Chaos« zurück. Mit dunklen Ringen unter den Augen kamen sie erst am nächsten Morgen daraus wieder hervor. Was sie in der Nacht Stück für Stück aufgedeckt hatten, war zu ungeheuerlich gewesen, um auch nur eine Sekunde ans Schlafen zu denken.
    »Racheengel« war ein gentechnisch veränderter AIDS-Virus. Es gab kein Gegenmittel. Offenbar war das einer der Gründe, weshalb das Pentagon dem Projekt schließlich den Geldhahn abgedreht hatte. Leider zu spät. Lucius Sola musste irgendwie von dieser vielleicht heimtückischsten aller Waffen erfahren haben und war in die finanzielle Bresche gesprungen. Nun kontrollierte er offensichtlich den rachsüchtigen Dämon.
    Der Virus besaß einige neue Eigenschaften, die seine berüchtigten Vorgänger harmlos wie Schnupfenerreger wirken ließen. »Racheengel« wurde über die Luft verbreitet, brauchte aber den Menschen als Wirt, um länger als dreißig Tage zu überleben. Wie sein natürliches Pendant konnte er sich in einem Wirtsorganismus verstecken, ohne eine tödliche Wirkung zu entfalten. Erst wenn der Träger des Virus einer erhöhten radioaktiven Strahlung ausgesetzt wurde, kam der verhängnisvolle Prozess in Gang. Das Immunsystem des Wirts brach völlig zusammen. War der Infizierte nicht innerhalb von einer Woche gestorben, trat Phase zwei in Kraft: Die Zellmembranen lösten sich auf. Der Mensch zerfloss wie ein angestochenes Rinderauge.
    Die Morgensonne zwängte sich durch die Ritzen der Jalousie ins »Chaos«. Davy rieb sich die entzündeten Augen und schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht fassen, dass Menschen so etwas erschaffen. Selbst wenn dieses Monstrum versehentlich entstanden sein sollte, hätte man es doch gleich wieder im Ofen vernichten müssen. Würde die Army ihren Gegner mit diesem Rachevirus infizieren, bräuchte es gar keinen Atomschlag mehr, um die ganze Menschheit auszurotten. Schon ein simpler Vorfall wie der in Tokaimura würde genügen…« Davy verstummte, Davids Hand hatte sich wie eine eiserne Zange um seinen Arm gelegt.
    »Das ist es!«, hauchte der weißhaarige Alte.
    »Was denn?«
    »Erinnerst du dich noch an den Saringas-Anschlag 1995?«
    »Du sprichst ja pausenlos davon. Aber was hat der mit diesem Atomunfall zu tun?«
    »Als ich von dem Unglück in Tokaimura las, ist mir eine kleine Randnotiz aufgefallen. Japanische Richter haben am Tag des Atomunfalls Masato Yokoyama, den Hauptangeklagten im Giftgasprozess, zum Tode verurteilt.«
    »Das ist allerdings ein merkwürdiger Zufall«
    »Davy, kannst du für mich in den bei GenOz abgesaugten Dateien nach den Stichworten ›Sarin‹ und ›Shoku Asahara‹ suchen?«
    »Du glaubst doch nicht wirklich…?«
    »Bitte tu’s für mich.«
    Davy nickte ernst. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er das Ergebnis präsentieren konnte. Er blickte seine beiden Mitstreiter fassungslos an.
    »Das Sarin-Gas war nur Camouflage«, sagte er mit heiserer Stimme. »In Wahrheit ging es ihnen nur darum, den ›Racheengel‹ auszusenden. Nach allem, was wir heute Nacht herausbekommen haben, müsste inzwischen ganz Tokyo von dem Virus befallen sein.«
     
     
    »Ich bin zu spät gekommen.« David schüttelte verzweifelt den Kopf. Eben erst waren er und Davy nach Staten Island zurückgekehrt. Wieder einmal tagte der Rat der Sieben, wenn auch die Versammelten nach Davys Resümee der Reise sehr einsilbig geworden waren.
    »Das darfst du so nicht sagen«, widersprach Lorenzo.
    »Immerhin wurden uns aus Japan noch keine der bekannten Symptome gemeldet«, meinte Davy. »Der Wind hat offenbar die aus der Anlage entwichene Radioaktivität von der Hauptstadt weggetrieben. Tokaimura liegt immerhin einhundertzwanzig Kilometer nordöstlich von Tokyo. Es hat zwar einige Zeit gedauert, bis man die Kettenreaktion zum Stillstand bringen konnte, aber das Schlimmste scheint vorerst abgewendet zu sein.«
    »Das Schlimmste ist ein einziger Infizierter, der eine zu hohe Dosis Radioaktivität abbekommt!«, rief David mit ausgebreiteten Händen.
    »Es hat

Weitere Kostenlose Bücher