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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Wenn man einhundert Jahre Zeit hat, dann sorgt man für Alternativen.« Kelippoth klang ziemlich selbstzufrieden.
    Wieder blickte David über die steinerne Brüstung der Terrasse auf den vierundsiebzig Stockwerke unter ihm pulsierenden Straßenverkehr hinab. »Also, an Ihrer Stelle würde ich hier noch ein Sicherheitsgitter anbringen lassen. Es könnte ja jemand hinunter…« Er hatte zu Kelippoth aufgeschaut und stockte nun, wie es die Rolle vorschrieb.
    Belials Logenbruder hielt ein hässliches Stummelding mit zwei kurzen dicken Läufen in der Hand.
    Auf Schrot war David nicht vorbereitet gewesen. Ein Druck auf den Abzug und die Bleikügelchen würden sich gleich dutzendweise auf den Weg machen, die doppelte Ladung konnte zu einem ernsthaften Problem für ihn werden. Und wie es aussah, hatte das Ding sogar noch einiges mehr auf Lager. David schluckte. Zwar konnte er mit seiner Sekundenprophetie einen Treffer voraussehen und entsprechend reagieren, aber er hatte noch nie fünfzig oder mehr Projektile auf einmal abgewehrt.
    Davy irritierte Davids Schweigen, deshalb fragte er flüsternd über den Helmlautsprecher: »Was ist los bei euch da oben?«
    »Ich dachte, abgesägte Schrotflinten seien eine Spezialität der Mafia«, sagte David scheinbar gleichmütig.
    »Benutze deine Gabe, um das Schloss der Waffe zu zerstören«, raunte Davy.
    »Das ist eine Pumpgun. Die sind gerade groß in Mode«, berichtigte Kelippoth, als wolle er sich für seine martialische Waffe entschuldigen. »Allerdings ist dieses doppelläufige Baby hier eine Spezialanfertigung, die mit einigen Überraschungen aufwarten kann.«
    »Ich würde jetzt nicht vorschnell handeln«, sagte David beschwichtigend an die Adresse seiner beiden Zuhörer. Nur wenn er es zum Äußersten kommen ließ, würde er erfahren, was Kelippoth wusste.
    »Können Sie mir einen einzigen Grund nennen, warum ich mich zurückhalten sollte?«, fragte der Logenbruder und setzte, mit der Rechten gestikulierend, im Befehlston hinzu: »Legen Sie Ihre Schwerter auf den Boden und stoßen Sie die Dinger mit dem Fuß weg.«
    David tat ihm den Gefallen. Während er aufreizend langsam der Anordnung Folge leistete, spielte er in Gedankenschnelle verschiedene Szenarien durch. Und plötzlich kam ihm die zündende Idee. Ja, so könnte es gehen!
    Der Siegelring an Kelippoths Hand begann sich unvermittelt zu bewegen. Ehe der verblüffte Besitzer des Kleinods überhaupt reagieren konnte, war ihm dieses schon vom Finger gerutscht und schwebte wie von Geisterhand getragen auf die Terrasse hinaus. Dort landete es sanft in Davids Hand, der nun wieder Grund zum Lächeln hatte.
    »Reicht Ihnen das als Begründung?«
    »Wie haben Sie das…?« Kelippoth schien die Fähigkeiten seines Feindes noch immer nicht recht einschätzen zu können. Langsam trat er auf die Terrasse hinaus, die Läufe seiner Flinte auf Davids Kopf gerichtet.
    Der zog sich an die Brüstung zurück und erwiderte gleichmütig: »Eine meiner Spezialitäten. Ich nenne es die sanfte Verzögerung.« Schlagartig wurde seine Miene ernst. »Was haben Sie heute Nacht vor, Kelippoth?«
    »Sie würden es wohl eine Teufelei nennen. Und jetzt geben Sie mir den Ring zurück«, meinte der Hakennasige drohend.
    »Erst, wenn Sie mir Ihren Plan verraten haben.«
    »Dann werde ich Sie leider erschießen müssen.«
    »Das tun Sie nicht!« David hielt den Ring über den Abgrund. »Ich werde ihn fallen lassen.«
    Kelippoth fing an zu lachen. Seine Schultern hüpften dabei auf und ab. »Das ist wirklich amüsant, Camden! Nein, Sie sind ein echter Komiker. Werfen Sie ihn ruhig hinunter. Innerhalb einer Stunde habe ich ihn wieder.«
    »Sie wollen mich doch nicht wirklich töten?«, sagte David. In seiner Stimme schwang nun Furcht, täuschend echte sogar.
    »Wenn Sie mir den Ring geben, können wir ja noch einmal darüber reden.«
    »Warum sollte ich Ihnen trauen?«
    »Mein Gedanke!«, gab ihm Davy aus der Ohrmuschel Recht.
    »Irgendeiner muss schließlich den Anfang machen«, sagte Kelippoth.
    David schien zu grübeln. Nach hinreichend langer Bedenkzeit seufzte er. »Also gut. Ich gebe Ihnen den Ring zurück.« Schon schwebte das goldene Schmuckstück in Kelippoths geöffnete Linke.
    »Das ist wirklich erstaunlich, Camden.«
    David sah seinen Gegner durchdringend an, der sich den Ring eilig zurück auf den Finger steckte. »Jetzt sind wir also wieder am Anfang angelangt, nicht wahr?«
    »Nein, nicht ganz. Ich werde Sie jetzt töten.« Kelippoth hob das

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