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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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auf.
    »Lügner!«, schrie Kelippoth und riss die Arme hoch. »Jetzt weiß ich, warum Belial uns so eindringlich vor dir gewarnt hat. Deine glatte Zunge ist deine gefährlichste Waffe. Wollen doch mal sehen, ob sie auch dieser hier widerstehen kann.«
    Der erste Schuss dröhnte durch die Nacht, der zweite fiel wegen Ladehemmung aus. David hatte die Augen geschlossen. Jede Ablenkung konnte tödliche Folgen haben. Regungslos stand er an der Brüstung und konzentrierte sich auf die Kugeln. Zum Glück war Kelippoth zu aufgeregt gewesen, um genau zu zielen. Alle harmlosen Schrotkugeln pfiffen um Davids Ohren und regneten nach langem Sturz auf gelbe Taxidächer herab. Die von der Sekundenprophetie erkannten Treffer hingen so gut wie bewegungslos in der Luft. Schweißtropfen traten auf Davids Stirn. Es kostete ihn große Anstrengung, die verschiedenen Geschosse zu kontrollieren. Langsam trat er aus der Schusslinie und öffnete erst dann wieder die Augen.
    Kelippoth verstand die Welt nicht mehr. Er schäumte vor Wut. In seinem Zorn bemerkte er gar nicht die winzigen, in der Nachtluft schwebenden Bleikügelchen. Für ihn gab es nur David Camden, den verhassten Feind. Da die Schrotflinte, wie er glaubte, zum Schießen nicht mehr taugte, packte er sie kurzerhand am Lauf und stürzte sich, die Waffe wie eine Keule schwingend, auf den zurückweichenden David. Kurz bevor er seinen Gegner erreicht hatte, ließ sich dieser plötzlich auf den Boden fallen. Im nächsten Moment glitt die ruhende Schrotladung in die normale Zeit zurück.
    Kelippoths Schrei schien mehr aus der Überraschung als dem Schmerz geboren. Ungefähr ein Dutzend Geschosse bohrten sich ihm in Rücken, Hals und Kopf. Von der Wucht des Aufpralls wurde er nach vorn gerissen. Das Gewehr rutschte aus seiner Hand und klapperte auf den Terrassenboden. Ein Schuss löste sich, pulverisierte aber nur einen großen Terrakottakübel. Der Belialjünger taumelte gegen die Steinbrüstung. Einen Moment lang fuchtelte der aus vielen Wunden blutende Mann noch wild mit den Armen in der Luft herum, bemerkte gar nicht, wie sich ein kleiner goldener Gegenstand von seinem Finger löste, dann verlor er das Gleichgewicht und verschwand hinter dem Geländer.
    Davids Hand fing den Siegelring und er schloss erneut die Augen. Der massive Einsatz seiner Gaben in den letzten Minuten hatte ihn viel Kraft gekostet. Schwer atmend lauschte er. Vielleicht erwartete er, einen Aufprall zu hören, aber der Abgang des Massenmörders Kelippoth gestaltete sich undramatisch. Nur ein energisches Autohupen wurde vom kühlen Nachtwind nach oben getragen.
    Mit einem Mal war da wieder der kleine Mann im Ohr. »David?«
    Der Angesprochene öffnete langsam die Augen.
    »David!«, rief die Stimme, jetzt schon energischer. »Bist du okay?«
    Schwerfällig erhob sich der müde Kämpfer. Ich werde allmählich zu alt für diesen Zirkus.
    »Nun sag doch endlich was!«, forderte Davys verzweifelte Stimme. »Dieser Knall – war das ein Schuss? Bist du verletzt? David!«
    Der Samurai lehnte sich über die Brüstung und blickte in die Tiefe. Weit unten staute sich der Verkehr. Menschen und andere Lebensformen scharten sich um einen zerschmetterten Leib.
    »Meine Mutter hat immer gesagt: ›Wer zum Schwert greift, der wird durch das Schwert umkommen‹«, murmelte David.
    »Gott sei Dank! Du bist am Leben. Bist du verletzt?«
    »Nein.«
    »Und Kelippoth?«
    »Der hat sich selbst erschossen: von hinten, durch die Brust, ins Auge.«
     
     
    Im festlich geschmückten Foyer des Phosphoros Building war das Chaos ausgebrochen. Die Leiche vor der Haustür hatte für erhebliche Verwirrung gesorgt. Ganz in der Nähe waren schon jammernde Polizeisirenen zu hören. Jeden Moment konnten die Beamten die betrunkene Schar kostümierter Zeugen in dem Gebäude einsperren, um Personalien aufzunehmen. Es war höchste Zeit, das Weite zu suchen.
    Mit dem gezückten Kurzschwert vermittelte David ein ausreichend Furcht erregendes Bild, um das bunte Völkchen vor sich auseinander stieben zu lassen. Plötzlich schwankte eine Fee in seine Bahn.
    Die zauberhafte Dame steckte in einer Art Ballettröckchen, trug eine spitze Tütenmütze mit einem Schleier und darunter einen langen blonden Zopf. Sie war nicht besonders groß, und als sie mit vernebelten Augen den Samurai gewahrte, kippte die Fee beinahe aus den Ballerinaschuhen.
    Nachdenklich betrachtete David die unterschiedlich gefärbten Strasssteinchen im goldenen Haar der Zauberfrau. Einer

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