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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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David das Ritual bereits. Nun betrat er Neuland.
    Die zwölf Trabanten begannen sich zu drehen, und zwar nicht nur um die eigene Achse, sondern auch um die Glaskugel. Die Rotation wurde schneller und schneller. Bilder flogen über die Innenwände des Passagierraumes, ähnlich den Projektionen, die David im Mithräum gesehen hatte. Stimmen erhoben sich über den Fluglärm. Er sah Szenen und hörte Satzfetzen, die ihm bekannt vorkamen. In Jasons Träne blitzte ein ständig die Farbe wechselndes Licht. David wurde schwindelig.
    Plötzlich fühlte er eine eisige Kälte. Furcht durchbrandete ihn. Er rutschte von der Kugel weg, auf den Nebensitz, und dann flüchtete er auf den Gang. Entsetzt starrte er auf das nun anhaltende grellweiße Glühen. Und dann schoss eine Lichtsäule aus der Kugel. Wie ein Laserstrahl schien sie Decke wie Boden des Flugzeuges durchbohren zu wollen. David rechnete schon mit dem Schlimmsten, als das Gleißen unvermittelt in sich zusammenfiel. Was blieb, war die schwache Startbeleuchtung und das Geräusch der Triebwerke. Die Concorde war offenbar unbeschädigt. Es roch nicht einmal verbrannt.
    Nach einer langen Schrecksekunde fiel endlich die lähmende Erstarrung von David ab. Mit einem Schrei stieß er die Kugel vom Tischchen. Sie polterte zu Boden und machte sich auf den Weg durch den Gang. Vor ihm lag nun der Fürstenring, makellos wie eh und je. Er war aus seinem gläsernen Gefängnis entkommen. David wollte nach dem Kleinod greifen, da traf ihn ein eisiger Hauch.
    »Es wird Zeit, dass der Ring endlich wieder in den Besitz seines rechtmäßigen Eigentümers gelangt.«
    David erschauerte. Belials kalte Stimme war Furcht einflößend. Sie vibrierte nicht wie die des längst vergangenen Negromanus, sondern klang einschmeichelnd und glatt, zugleich jedoch auf eine geradezu hypnotische Weise zwingend. David fühlte sich gedrängt, dem Ansinnen des Schattenlords zu gehorchen. Jedes Härchen auf seinem Körper schien sensibilisiert, ein Windhauch hätte ausgereicht, die Anspannung in unerträglichen Schmerz zu verwandeln. Nur mit einer gewaltigen Willensanstrengung konnte David die Finger um den Fürstenring schließen. Noch mehr Kraft musste er aufwenden, um die Hand dann in der rechten Jackentasche zu versenken.
    »Ihr solltet nicht so leichtfertig mit dem Attribut ›rechtmäßig‹ umgehen«, presste David hervor.
    Belial lachte, ein Laut, der einem das Mark in den Knochen gefrieren ließ. Die hohe schattenhafte Gestalt des Großmeisters erschien seltsam zweidimensional, ohne rechte Tiefe, wirkte fast wie ein lebensgroßes Abziehbild. Allerdings besaß sie die beunruhigende Eigenschaft, alles Licht zu verschlucken. Selbst Negromanus, Lord Belials rechte Hand, hatte mehr »Profil« gehabt. Die Züge des fahlen Gesichts unter der schwarzen Kapuze verloren sich im Diffusen. Nur die glühenden Augen des Schattenlords stachen deutlich daraus hervor – kein erfreulicher Anblick.
    »Jeff Fenton war ein Dieb«, zischte das böse Wesen. »Dein Vater hätte den Ring niemals nehmen dürfen.«
    David zog sich langsam Richtung Cockpit zurück. Sein Blick wanderte zum Höhenmesser. Der Sinkflug hatte bereits begonnen: fünftausend Fuß. Bei einhundert würde ein Atomblitz alles in Gas verwandeln.
    »Gib mir den Ring!«, forderte Belial. Er schien zu ahnen, dass sein Gegner noch ein Ass im Ärmel hatte.
    David meinte im Inneren zu vereisen, während seine Haut zu brennen schien. »Nein!«, keuchte er. Der Höhenmesser zeigte nur noch viertausend Fuß an. Die Geschwindigkeit war bereits unter Mach eins gesunken.
    »Dann werde ich dich töten müssen.«
    »Das schreckt mich nicht. Meine Lebensuhr ist sowieso fast schon abgelaufen.«
    »Du scheinst nicht zu verstehen. Von mir des Lebens beraubt zu werden bedeutet mehr, als nur den Tod zu erfahren. Du könntest dir viel ersparen.« Wieder erklang das grässliche Lachen.
    Eine eisige Faust schien Davids Herz zu umklammern. Schlimmer als das war aber sein beständig schwächer werdender Wille. Ist es das wirklich wert? Noch nie hatte er so starke Zweifel empfunden. Der Zeiger des Höhenmessers unterschritt quälend langsam die Zweitausend-Fuß-Marke. »Um den Menschen zu ersparen, was Ihr ausgeheckt habt, würde ich sogar… «
    Davids Stimme brach ab. Weniger der Schmerz als vielmehr eine furchtbare Erkenntnis ließ ihn verstummen. Belial hatte ihn durchschaut.
    »Das also ist dein Plan. Die Bombe ist immer noch in diesem Flugzeug. Ich hätte euch jämmerlichen

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