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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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die Unterlippe vor und hob die Schultern. »Keine Ahnung. Wieso?«
    »Ach, war nur so eine Frage. Der Präsident ist doch nicht einmal hundert Tage im Amt. Vielleicht hat ihm Eisenhower dieses Ei ins Nest gelegt.«
    »Ist sogar zu vermuten. Aber unser lieber Jack scheint an der Operation festzuhalten.«
    David nickte mit grimmiger Miene. Er wusste nicht recht, was von dieser Botschaft zu halten war. Sollte die Invasion gelingen, mochte sich der Unruheherd Kuba tatsächlich abkühlen, aber andererseits…
     
     
    Die Operation Zapata endete in einem Fiasko. Am 14. April 1961 begannen Exilkubaner mit US-amerikanischen Bombern vom Typ B-26 kubanische Luftstützpunkte anzugreifen. Der Überfall sollte zur Absicherung der Invasion dienen, versetzte jedoch die gesamte Armee der Zuckerrohrinsel in Alarmzustand. Als am siebzehnten des Monats eintausendvierhundert Exilanten in der Bahia de Cochinos, der »Schweinebucht«, an Land gingen, wurden sie von einem einheimischen Begrüßungskommando empfangen. Einhundertvierzehn Invasoren verloren ihr Leben. Der Rest geriet in Gefangenschaft.
    Was nun folgte, behagte weder Kennedy noch seinen Mitbürgern. Halbherzige Versuche, sich von jeder Mittäterschaft an dem Landungsunternehmen freizusprechen, trugen nicht gerade zur Entspannung bei. Die Zuckerrohrinsel übte sich im Schulterschluss mit der Sowjetunion.
    Nachdem Amerikas Diplomaten gegen das kubanische Paktieren schärfsten Protest eingelegt hatten, wandte sich die Öffentlichkeit vermeintlich aufregenderen Themen zu.
    Marylin Monroe hatte ihrem Leben am 5. August mit einer Überdosis Schlaftabletten ein Ende gesetzt – wie es hieß, freiwillig. Als Ikone ewiger Schönheit konnte ihr nun kein Alterungsprozess mehr etwas anhaben. Während Millionen Männerherzen an dieser Nachricht zerbrachen, beflügelte eine andere dagegen den Nationalstolz des starken Geschlechts: Am 20. Februar 1962 hatte John H. Glenn es endlich geschafft: Als erster Satellit mit amerikanischem Pass umkreiste er in seiner Mercury-Kapsel die Erde. Der Russe Juri A. Gagarin hatte die gleiche Aufgabe zwar schon am 12. April des vergangenen Jahres gemeistert, aber zumindest war man den Sowjets nun ebenbürtig – wenn auch nur für kurze Zeit.
    Wettläufe, egal ob im Weltraum oder auf dem Laufsteg der Eitelkeiten, weckten Davids Misstrauen. Spätestens seit der Nacht zum 13. August 1961 war der Kalte Krieg in eine neue Phase getreten. Zu diesem Zeitpunkt hatten Truppeneinheiten der ostdeutschen Volksarmee damit begonnen, die Hauptstadt der DDR vor West-Berlin zu »schützen«, wie es im offiziellen Parteijargon hieß. Bereits zwei Tage später wurden die ersten Betonteile für den »sozialistischen Schutzwall« aufgestellt, der als Berliner Mauer bald traurige Berühmtheit erlangen sollte. Chruschtschow hatte der Aktion ebenso seinen Segen gegeben wie der nun zügig voranschreitenden kubanischen Aufrüstung.
    Als Senator Kenneth Keating dem US-Senat berichtete, dass es Beweise für Raketenstellungen auf Kuba gebe, glaubte David eine innere Stimme raunen zu hören: »Du darfst das nicht ignorieren. Tu etwas dagegen!« Hatte Lord Belial mit der Zuckerrohrinsel etwa endlich den Punkt gefunden, wo er den Hebel ansetzen konnte, um die Welt aus den Angeln zu heben? Obwohl er sich einst geschworen hatte, die große Politik anderen zu überlassen und dem Kreis der Dämmerung nur noch versteckt nachzujagen, ergriff David nun erneut die Initiative.
    Seine erste Aktion war von eher bescheidenem Erfolg gekrönt. Er fuhr nach Washington, D. C. und sprach mit dem Justizminister der Vereinigten Staaten. Kaum ein anderer besaß so viel Einfluss auf den Präsidenten wie dessen Bruder Robert. Leider zeigten Davids Überredungskünste bei dem willensstarken Politiker anfangs kaum Wirkung. In der Überzeugung, einen neuen Schlachtplan entwerfen zu müssen, fuhr David wieder nach New York zurück und setzte abermals James Reston auf den Fall an – eine kluge Entscheidung, wie sich bald zeigen sollte.
    Am 19. Oktober spätabends überraschte ihn der Journalist von der New York Times mit seinem unangemeldeten Besuch in der Gelben Festung. Lorenzo und David diskutierten gerade die Auslegung eines Bibeltextes, als Ruben den Besucher in das im obersten Stockwerk gelegene Allerheiligste führte.
    »Es ist dringend und ich wollte nicht das Telefon benutzen«, begründete James seinen Überfall.
    »Hoffentlich ist dir niemand gefolgt.«
    »Keine Sorge, ich bin kein Anfänger. Außerdem

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