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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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harte Kern der Kreisjäger dann noch einmal zu einem besonderen Anlass zusammen.
    Mit ihren spiegelnden Sonnenbrillen gaben sie ein seltsames Bild ab, so mitten in der Nacht. Aber ihre Verkleidung war kein Neujahrsscherz, sondern eine wichtige Schutzmaßnahme. David hatte nämlich ein spezielles Feuerwerk vorgesehen. Es ging ihm allerdings nicht darum, das Jahr 1983 willkommen zu heißen. Um Mitternacht, als Millionen New Yorker sich anschickten, die Geister mit Böllern und Raketen zu vertreiben, warf er die acht Siegelringe von Belials besiegten Schergen in ein brennendes Ölfass. Nur Kim konnte sich in etwa vorstellen, was gleich darauf passieren würde. Die anderen hatte er gewarnt, das Schauspiel auf keinen Fall mit ungeschütztem Auge zu verfolgen – sie könnten dabei erblinden.
    Von der Straße aus wurden er und seine Freunde dann Zeuge des einmaligen Spektakels. Eine gleißende Lohe, für einen Augenblick alle Feuerwerkskörper der Stadt überstrahlend, fauchte gen Himmel. Ebenso plötzlich, wie sie dem Fass entstiegen war, fiel sie auch wieder in sich zusammen. Und dann fegte plötzlich ein eisiger Wind von den Piers her die Straßen hinauf und brachte ein Seufzen wie aus hundert Kehlen mit. Schließlich verlor sich der kalte Atem in Manhattans Straßenschluchten und alles war vorbei.
    Lorenzo klappte den Kragen seines Mantels hoch. »Ich bin froh, das hinter mir zu haben.«
    David blickte noch immer mit versteinerter Miene zu dem ausgebrannten Ölfass hin. »Der letzte Ausbruch des Mount St. Helen war nichts dagegen.«
    »Auf die Gefahr hin belehrend zu wirken, mein Lieber, aber bei der Vulkaneruption vor zweieinhalb Jahren gab es keinen strahlend hellen Magmaauswurf. Es sind nur Gase und Unmengen von Asche ausgetreten.«
    Ein bitteres Lächeln kräuselte Davids Lippen. »Genau davon spreche ich ja: ›Unmengen von Asche‹, ein Häuflein für Golizyn und acht weitere für die Gebeine seiner Logenbrüder, deren Ringe da eben verglüht sind. Die verbliebenen beiden Schergen Belials dürften jetzt übrigens auch ziemlich alt aussehen.« Er spürte, wie sich Kim Schutz suchend bei ihm einhakte.
    »Das will ich hoffen«, sagte Lorenzo.
    »Habe ich das Richtige getan?«
    »Was die toten Geheimbündler betrifft, meinst du? So wie du mir die Situation in der Höhle beschrieben hast, blieb dir wohl nichts anderes übrig, als dich zu wehren.«
    »Aber wie ich es getan habe, Lorenzo, das bereitet mir Alpträume. Hätte ich sie einem ordentlichen Gericht übergeben, wären sie vermutlich sowieso hingerichtet worden. Aber ich habe mich selbst zum Richter über sie aufgespielt. Ich war so voller Zorn, Lorenzo, weil sie Kim leiden ließen. Ein Gedanke von mir hat ausgereicht, um fünf Menschen zu töten. Und kurz zuvor habe ich mit einer einzigen Handbewegung Golizyn aus dem Leben gefegt. Diese Macht, die in mir steckt – ich kann dir das nicht erklären. Manchmal glaube ich, Belial und ich seien nur zwei verschiedene Seiten ein und derselben Medaille.«
    »Rede keinen Unsinn, David!« Lorenzos sonst immer so gleichmütige Stimme klang mit einem Mal tadelnd. »Sagt Jakobus nicht, ›jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk stamme von oben‹, also von Gott? Deine Talente sind gut, David – also sind sie ein Geschenk des Höchsten.«
    »Aus den besten Anlagen können die boshaftesten Taten erwachsen.«
    »Aber nicht in deinem Fall. Natürlich bist du ein Mensch mit Fehlern. Aber Gott hat sich schon immer solche Diener zu seinen Werkzeugen erwählt.«
    David lächelte unvermittelt.
    »Woran denkst du, Väterchen?«, fragte Kim.
    »An eine Passage aus den Lebenserinnerungen meines Vaters, Als er das Haus Belials betrat, da sagte der Oberste der Lakaien zu ihm: ›Dich schickt der Himmel, Junge!‹ Es ist schon irgendwie seltsam, aber vielleicht hat Lorenzo doch Recht.«
    »So gefällst du mir schon viel besser«, meinte der ehemalige Mönch. »Übrigens hat schon mancher, ohne es zu wissen, die Zukunft vorhergesagt.«
     
     
    Doch die Zukunft war alles andere als rosig. Bald schon wurde David klar, dass er seine Hoffnung auf einen frühzeitigen Sieg im Kampf gegen den Kreis der Dämmerung begraben musste. Vielleicht lag es ja an der gründlichen Vorarbeit, die Belial geleistet hatte, aber der Jahrhundertplan war im Tal der Schlafenden Zauberer keinesfalls wie ein Kartenhaus in sich zusammengestürzt.
    Auch 1983 sprachen die Mächtigen mancherorts lieber mit Waffen statt mit Worten. Im Tschad tobte ein

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