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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Felsgeschossen durchsiebten die Kammer.
    Aber keines erreichte die beiden Schutzsuchenden im Schacht.
    Endlich kehrte Stille ein. Eine trügerische Ruhe, wie sich schon bald herausstellte.
    »Es riecht irgendwie verbrannt«, sagte Kim. David hatte seine Taschenlampe verloren. Es war völlig finster um sie herum.
    »Wahrscheinlich steht der Totenkopf über uns in Flammen. Wenn wir nicht bald hier herausfinden, werden wir im eigenen Saft geschmort.«
    »Hier ist eine Gabelung. Ich glaube, da kommt ein kühler Luftstrom von rechts.«
    »Dann schlag diesen Weg ein. Schnell!«, drängte David.
    Sie robbten durch den Tunnel, im wahrsten Sinne des Wortes immer der Nase nach. Die Luft, die von hinten über sie hinwegströmte, wurde immer heißer. Aber da gab es noch eine viel schlimmere Gefahr: Der Belüftungsschacht funktionierte wie ein Rauchabzug, saugte die Gase aus dem Inferno unter ihnen an. Wenn sie noch lange in diesem Schlot blieben, würden sie einfach die Besinnung verlieren und ersticken.
    »Mir ist schwindelig«, sagt Kim von vorn. Sie hustete.
    »Das kommt von dem Rauch. Halt dir ein Taschentuch vor den Mund, versuch es mit Speichel anzufeuchten und dann kriech weiter!«
    Auch David spürte eine gefährliche Benommenheit…
    »Ich glaube, ich sehe etwas!«
    »Was denn?« Es war doch völlig dunkel.
    »Einen Stern.«
    David mobilisierte seine letzten Reserven. Obwohl seine Glieder schwer wie Blei waren, kämpfte er sich weiter voran. Plötzlich verschwanden Kims Füße. Die ganze Zeit waren sie dicht vor seiner Nase gewesen. Und dann konnte auch David es sehen.
    Ein eher mickriger Stern. Gewiss gab es beeindruckendere Exemplare am Nachthimmel, aber für David war es der schönste Himmelskörper, den er je gesehen hatte…
    Plötzlich packte ihn Kim am Kragen. »Komm endlich an die frische Luft, Väterchen. Oder willst du etwa bei Belials toten Hunden bleiben?«

 
     
     
     
    Achtes Buch
     
    Jahre der Hoffnung
     
     
     
    Das ist alles, was wir tun können: immer wieder von neuem anfangen – immer wieder und wieder.
     
    Thornton Wilder

 
    Tränen von jeder Sorte
     
     
     
    Unter den Augen von Kim leerte David mit zitternden Händen die Stahlkassette aus dem Schließfach. Jahrelang hatten die goldenen Siegelringe im dunklen Tresor einer Schweizer Bank gelegen, eingeschlossen wie Todeskandidaten und dennoch geschützt von einem gut gehüteten Geheimnis. Allein der Kreis der Dämmerung hatte ihre Achillesferse gekannt, womit sie praktisch unzerstörbar waren. Doch nun triumphierte der Wahrheitsfinder. Er hatte das Rätsel gelöst und die Ringe wieder ans Licht gebracht – zu ihrer endgültigen Vernichtung.
    David spürte eine starke Erregung, als er die Schmuckstücke in ein samtenes Säckchen gleiten ließ. Endlich hatte er dem Kreis der Dämmerung, dieser mordgierigen Bestie Belials, Wunden geschlagen, an denen sie über kurz oder lang verbluten musste. Und wenn er erst die acht erbeuteten Ringe dem Feuer übergab… Der endgültige Triumph über den Schattenlord schien zum Greifen nah.
    Von der Schweiz aus flogen David und Kim in die Vereinigten Staaten. Ruben war es mittlerweile gewohnt, dass sein Freund lebendige Souvenirs mitbrachte: nach Lorenzo, dem »Heiligen«, nun also auch noch einen falschen, Russisch sprechenden Novizen. Während er die Hand des Mädchens tätschelte, flachste er: »Ich bin wahnsinnig gespannt, David, was du dir für das nächste Mal einfallen lassen wirst.«
    Auch der ehemalige Benediktiner begrüßte die junge Frau wie eine langjährige Vertraute. Wenn David sie ausgewählt hatte, dann war sie über jeden Zweifel erhaben. Außerdem ließen sich dessen väterliche Ambitionen kaum übersehen. Davids unterschwellige Verbitterung schien neuer Zuversicht gewichen zu sein. Er selbst beschrieb diesen Zustand mit einem altenglischen Sprichwort: Wer in Hoffnung lebt, der tanzt ohne Musik.
    Durch Kim habe er neue Hoffnung gefunden. Aber Rebekka war dennoch nicht vergessen, zumal die Telefonnotiz Franz von Papens alte Wunden aufgerissen hatte. Der Eintragung zufolge war der einstige Logenbruder Belials am 26. April 1941 zu einem Treffen des Geheimbundes nach Göreme gereist. Und nur zwölf Tage später hatte David von Admiral Canaris die Nachricht vom Tod Rebekkas erhalten. Diese zeitliche Nähe bereitete ihm schlaflose Nächte. An einen Zufall wollte er nicht glauben, aber einen Zusammenhang konnte er ebenso wenig herstellen. Vielleicht hinderte diese Unsicherheit ihn daran, Kim

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