Der Kreis der Sechs
herummarschiert.
»Oh, ich hoffe, du warst kein böses Mädchen«, sagte Phoebe. »Weiß dein Daddy, dass du draußen bist?«
Ginger immer noch in den Armen haltend, stieg Phoebe die Verandastufen hoch. Der Hund war nasser, als Phoebe zuerst gedacht hatte, und sie setzte sie ab.
Bevor sie klopfte, strich Phoebe über den großen, nassen Fleck, der jetzt auf ihrem Mantel war. Er fühlte sich klebrig an, und sie zog ihre Hand zurück, um ihn sich anzusehen. Im Verandalicht sah sie, dass ihre Handfläche mit Blut verschmiert war.
21
Phoebe hob Ginger wieder hoch und suchte den Körper des kleinen Hundes nach einer Wunde ab. Aber sie wusste, dass sie nichts finden würde; sie wusste, mit einem immer stärker werdenden Gefühl des Grauens, das etwas überhaupt nicht stimmte. Wo war der alte Retriever, fragte sie sich. Wo war Hutch?
Sie hielt Ginger wieder eng an ihren Körper und trat näher an das Haus heran. Sie sah durch die äußere Fliegengittertür, dass die innere hölzerne Tür, die in den verdunkelten Flur führte, ein wenig offen stand. Phoebe pochte auf den Rahmen der Tür mit dem Fliegengitter und rief in den Eingang hinein.
»Hutch? Hutch, sind Sie da?«
Es kam keine Antwort, obwohl von irgendwo weit hinten im Haus – der Küche, schätzte sie – das schwache Murmeln von Radiostimmen kam.
»Hutch, sind Sie in Ordnung?«
Hinter ihr kroch der Wind durch die Bäume und ließ die Zweige stöhnen. Phoebe wirbelte herum. Die Lampen im Wohnzimmer warfen einen zerfaserten Lichtkreis durch die Fenster in den Garten, aber jenseits davon war es vollkommen dunkel, und sie konnte nichts sehen, außer den schwachen Umrissen der Bäume. Sie hatte es eilig hineinzukommen.
»Hutch«, rief sie erneut und drehte sich wieder zur Tür. »Ich bin’s, Phoebe.« Ginger winselte leise.
Phoebe atmete tief ein und öffnete die Fliegengittertür. Die Sprungfeder machte ein knarrendes Geräusch, als sich die Tür weit öffnete. Als Nächstes stieß sie die innere Tür auf und trat in den Flur. In der Luft hing die vertraute Mischung aus Holzrauch und Pfeifentabak – und etwas anderes. Ginger wand sich in Phoebes Armen, bemühte sich, nach unten zu kommen, aber Phoebe hielt sie fest.
»Warte mal, Ginger. Es ist okay«, sagte Phoebe.
Doch eine Sekunde später konnte Phoebe sehen, dass es das nicht war. Als sie aus dem Flur in das Wohnzimmer trat, entdeckte sie Hutch, der mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden lag, direkt vor der Couch. Eine hellrote Blutlache umschloss die rechte Seite seines Kopfes. Und dann sah sie, dass überall Blut war. Es war auf die Couchkissen und die Wände gespritzt, sogar auf den Bildschirm des Fernsehers. Phoebe stöhnte verzweifelt.
Ginger umklammernd, wankte sie auf Hutch zu und kniete sich neben ihn. Sie wusste, sie sollte nichts anfassen, aber sie musste nachsehen, ob er am Leben war. Sie setzte den Hund ab und tastete an seinem Hals nach einem Puls. Sie fühlte nichts, war aber nicht sicher, ob sie es richtig machte. Seine Schultern umfassend, hievte sie den alten Mann auf die Seite.
Sie wusste augenblicklich, dass er tot war. Seine Augen waren leer, sein Mund schlaff. Seine rechte Schläfe hatte Schläge abbekommen und war nun eine eingesunkene, blutige Schmiererei. Stücke von etwas, das Baumrinde zu sein schien, ragten aus der Wunde. Auf der Oberseite seines Kopfes war eine weitere blutverkrustete Wunde.
»Nein, nein«, klagte Phoebe und kämpfte mit den Tränen. Ginger sauste hinter ihr hervor und versuchte, Hutch das Gesicht zu lecken. Phoebe nahm den Hund in ihre Arme und bemühte sich, wieder in eine stehende Position zu kommen. Sie musste die Polizei rufen – aber zuerst musste sie schnellstens hier raus. Sie würde 911 rufen, sobald sie im Wagen und auf der Straße in Sicherheit war.
Sie wandte sich von Hutchs Leiche ab und begann zurückzugehen, wobei sie vorsichtig darauf achtete, wohin sie trat. Sie bemerkte zum ersten Mal, dass Flammen in dem Holzbrennofen tanzten, Holzscheite in ihm gestapelt waren, als hätte Hutch ihn erst vor kurzer Zeit aufgefüllt. Augenblicklich verarbeitete ihr Gehirn die Tatsache: Es ist gerade erst passiert. Ihre Beine fühlten sich wie Gummi an. Raus hier, raus hier, sagte sie sich.
Und dann knarrte direkt über ihr ein Bodenbrett.
Sie erstarrte vor Angst. Ginger begann, sich wieder in ihren Armen zu winden, dieses Mal kraftvoller, und ließ dann ein winziges, scharfes Bellen hören. Jemand war dort oben, erkannte Phoebe, direkt über ihr.
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