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Der Kreis der Sechs

Der Kreis der Sechs

Titel: Der Kreis der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate White
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seines Aussehens. Sie beobachtete, wie seine braunen Augen nach links hinüberschnellten, direkt über ihre Schulter, um zu sehen, mit wem sie gegessen hatte. Eine Sekunde später verrieten seine Augen die Erkenntnis, dass sie alleine war – und dass sie ihn angelogen hatte, darüber, dass sie Pläne hatte. Verdammt, dachte sie. Ich bin total geliefert.
    Er lächelte minimal. Das überrascht mich nicht, dachte sie. Er ist nicht der sensible Typ, der verwundet wirken wird.
    »Oh, hallo«, sagte Phoebe nervös. Sie bemerkte, dass vor ihm ein halbvoller Teller mit Pasta und ein fast leeres Weinglas standen. »Was – was ist mit Ihren Freunden passiert?«
    »Sie wollten zum Abendessen nach Bethlehem fahren, und mir wurde klar, dass ich nicht in Stimmung für einen so großen Abend war.«
    »Hören Sie, es ist mir unglaublich peinlich«, sagte sie und bewegte sich ein wenig weiter aus Tonys Hörweite heraus. »Ich will nicht, dass Sie denken, dass ich Sie angelogen habe.«
    Er lächelte wieder, ein wenig mehr dieses Mal, sodass die Haut um seine Augen sich in Fältchen legte. Obwohl sie annahm, dass er Mitte vierzig war, war seine Haut sehr glatt, vielleicht, weil er den Bart getragen hatte. »Machen Sie sich keine Gedanken«, sagte er. »Ich werde noch ein weiteres Glas Wein nehmen und sehen, ob das der Sache den Stachel nimmt.« Die Worte hätten auch sarkastisch gemeint sein können, aber sein Tonfall ließ das nicht zu.
    »Aber es war keine Lüge, wirklich. Ich hatte vorgehabt, zu Hause zu bleiben und zu arbeiten, doch in letzter Minute bin ich losgerast, um eine Kleinigkeit zu essen.«
    »Sie müssen es mir nicht erklären.« Dieses Mal klang es nicht ganz so freundlich. Sie fragte sich, ob er einer von diesen dunkeläugigen Typen war, die manchmal launisch oder mürrisch wurden.
    »Übrigens, ich mag Ihren neuen Look«, sagte sie zu ihm, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte. Aber sie meinte es so. Sie bemerkte zum ersten Mal, dass seine Nase – ohne den Bart und den Schnauzer – eine ansprechende Krümmung hatte. Mehr Pirat als Professor, dachte sie.
    Sein Lächeln kehrte zurück. »Danke. Der Bart war bloß ein Experiment, und seine Zeit war abgelaufen. Obwohl ich mich immer noch erschrecke, wenn ich in den Spiegel gucke.«
    Der Barmann schlenderte zu ihnen hinüber.
    »Kann ich Ihnen Wein nachgießen?«, fragte er Duncan.
    »Das wäre großartig«, sagte Duncan.
    »Wie ist es mit Ihnen, Ma’am? Kann ich Ihnen etwas bringen?«
    Für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie, Duncan würde sie drängen, das Angebot anzunehmen, und zu ihrer Überraschung wurde ihr klar, dass sie Ja sagen würde. Doch Duncan sagte nichts, sein Schweigen war beinahe greifbar. Natürlich, erkannte sie. Sie hatte ihn ein wenig zum Narren gemacht, und er hatte nicht den Wunsch, dass sie jetzt blieb.
    »Oh, nein, danke«, sagte Phoebe. Sie wandte sich wieder an Duncan. »Nun, ich gehe besser zurück. Genießen Sie den Rest Ihres Abends.«
    »Sie auch«, sagte er.
    Was für ein Trottel ich bin, dachte sie, während sie über die Bridge Street zurückging. Ich hätte drinnen bleiben und den verdammten Salat essen sollen. Nun, wenigstens würde das Duncan Shaw davon abhalten, sie wieder zu fragen, ob sie mit ihm ausgehen wollte. Er schien nett zu sein, doch dies war nicht die Zeit oder der Ort für sie, sich auf eine Beziehung einzulassen.
    Sie nahm eine Abkürzung über den Campus. Während sie den Weg entlangeilte, fragte sie sich, ob da immer noch eine Menschmenge vor der Curry Hall sein würde, die eine Mahnwache für das vermisste Mädchen abhielt. Doch die Menge hatte sich aufgelöst. Als sie jedoch den Innenhof erreichte, sah sie eine Gruppe Studenten, die sich um einen Baum versammelt hatte. Ihr wurde klar, dass sie eine Art weißes Flugblatt anhefteten. Das Viereck des Innenhofs mit den Augen absuchend, sah sie, dass alle anderen Bäume bereits mit ihnen beklebt waren. Sie ging quer über Hof zu einem der Ahornbäume, um das Flugblatt zu lesen.
    Die Überschrift lautete: »Vermisst«, über einem Foto von Lily Mack. Sie war hübsch, mit blondem Haar, das ihr weit über die Schultern fiel, und einer kleinen Kerbe in ihrem Kinn. Erschreckt stellte Phoebe fest, dass sie das Mädchen wiedererkannte. Es war in keinem von Phoebes Kursen, aber Phoebe war vor Kurzem mit ihm durch den Regen gegangen und hatte sich einen Schirm mit ihm geteilt.
    Und das Mädchen hatte ihr ein Geheimnis verraten.

2
    Während sie ihre Augen auf

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