Der Kreuzfahrer
sprang unser Herrscher aus dem Boot, taumelte leicht auf dem Sand und stand dann groß und aufrecht da. Aus nicht mehr als dreißig Schritt Entfernung musterte er die feindliche Verteidigungslinie. Sein glänzender Helm, geschmückt mit einer goldenen Krone, glitzerte in der hellen Mittagssonne. Ein Armbrustbolzen schoss haarscharf an seinem Gesicht vorbei, und er hob leicht den Schild, auf dessen roter Grundfläche die beiden goldenen Löwen seines persönlichen Wappens prangten. Das mächtige Schwert hielt er aufrecht in der rechten Faust, und ohne sich mit einem einzigen Blick über die Schulter zu vergewissern, ob seine Männer ihm auch folgten, stürmte unser König schnurstracks den Strand hinan auf den provisorischen Wall und das goldene Banner des Kaisers los – dorthin, wo die feindliche Linie am dichtesten stand.
Mir blieb keine Zeit mehr, zuzusehen, wie der edelste unter all unseren Rittern den Feind attackierte, denn unser eigenes Boot lief nun auf Grund, und ich hielt nur mühsam das Gleichgewicht, als wir statt Wasser plötzlich festen, trockenen Boden unter dem Rumpf hatten. Robin sprang als Erster auf den Strand und rannte die leichte Steigung hinauf, um dem König beizustehen. Sir James de Brus und Little John waren die Nächsten, und ich stolperte hinterdrein. Armbrustbolzen zischten an mir vorbei. Fünf Herzschläge später hatten wir den Wall erreicht, und zwar rechts von König Richard und dem Trupp handverlesener Ritter um ihn. Seine Gefolgsmänner lieferten sich inzwischen über den improvisierten Wall hinweg ein heftiges Gefecht mit ihren griechischen Gegnern. Robin schrie Little John etwas zu, das ich nicht verstand. Der blonde Hüne ließ seine mächtige Streitaxt fallen, Sir James und Robin selbst schützten ihn mit ihren Schilden, und er begann, an einem riesigen Tisch zu rütteln, der mitten in dem Wall verkeilt war. Er packte ein solides rundes Tischbein, ging in die Knie, stemmte die Füße in den Boden und zog. Ein lautes Splittern war zu hören, und die schwere Tafel verrutschte ein paar Fingerbreit. Die griechischen Ritter, die gerade Robin und Sir James angriffen, wichen überrascht zurück, als die ganze Barrikade erbebte. Ein kleiner Mann mit einer Armbrust schoss vor Little John aus seiner Deckung hoch wie ein rachsüchtiger Dämon. Er legte die Armbrust an, zielte auf Johns ihm halb zugewandten Rücken – er war so nah, dass er John nicht verfehlen konnte … und erstarrte. Sein Kopf flog zurück, als plötzlich ein Meter guter englischer Esche aus der Augenhöhle ragte, und der Mann kippte hinter die Barrikade. Unsere Bogenschützen hatten festen Boden erreicht. Ich hieb nach einem bärtigen Gesicht hinter der Hecke aus Holzteilen, das sich hastig zurückzog, und dann stieß ein Mann über den Wall hinweg mit seinem Spieß nach mir, und ich musste meinerseits blitzartig ausweichen.
Links von mir zerrte Little John immer noch an dem Tischbein, er wiegte sich vor und zurück, um schwungvoll daran zu rütteln. Dann stemmte er sich noch einmal mit aller Kraft gegen den Boden, die Muskeln an seinen mächtigen Armen schwollen bebend an, Schweiß glänzte auf seiner Stirn – und auf einmal rutschte die ganze schwere Tafel knirschend aus der Barrikade wie ein monströses Kalb aus einer Kuh und hinterließ ein eigenartiges kleines Loch im Schutzwall unserer Feinde. John verlor das Gleichgewicht und stürzte auf den Sand, doch schon zerrten Dutzende eifrige Hände an der eröffneten Barrikade. Sie rissen Stühle, Bretter und kleine Felsbrocken heraus, und gleich darauf klaffte ein großes Loch in der Mitte des Walls. Unser furchtloser König stürmte hindurch, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern oder an seine eigene Sicherheit zu denken. Und wir alle, Robin, Sir James, ein Dutzend seiner mutigsten Ritter und ich, drängten ihm nach – eine brüllende Phalanx aus Stahl und Angriffslust.
Das Schwert in der rechten und den Säbel in der linken Hand, auf dem Kopf einen recht eng sitzenden Helm, von den Handgelenken bis zu den Knien durch einen Kettenpanzer aus feinen Stahlringen geschützt, war ich fest entschlossen, den Zyprioten den Tod zu bringen, weil sie die Ehre meiner Nur verletzt hatten. Ein griechischer Ritter brüllte herausfordernd und hieb mit dem Schwert nach meinem Kopf. Ich duckte mich, und er rammte mich mit seinem Schild, doch damit hatte ich gerechnet. Ich rollte mich an seinem Schild entlang auf seine linke Seite, wo ich vor seinem Schwert sicher war, und
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