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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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in elegantem Spiel.
    »Nun, Hoheit, die Späher berichten …«, Sir Robert schluckte, »… von insgesamt über dreitausend Mann, Diener, Tross und so weiter eingeschlossen. Und es sollen noch mehr Männer dorthin unterwegs sein. Wenn wir erst alle unsere Männer und Pferde an Land geschafft haben, werden wir ihnen trotzdem überlegen sein, aber das wird mindestens noch bis Ende der Woche dauern.«
    »Ich werde sie jetzt angreifen, noch heute Nacht, mit jedem Ritter, der ein Pferd und einen Sattel findet und den Mut hat, mir zu folgen. Ich kann nicht bis zum Ende der Woche warten. Der Kaiser wird in die Berge flüchten und sich dort verstecken, wenn ich ihn nicht gleich niedermache. Und dann wird es Monate dauern, diese Insel einzunehmen. Nein. Ich muss jetzt zuschlagen.«
    »Aber, Hoheit, das ist Wahnsinn«, sagte ein hoher Beamter, ein hinterhältiger kleiner Kerl namens Hugo, den ich kaum kannte und trotzdem von Herzen verabscheute. »Da sind über dreitausend Mann, und wir haben nur fünfzig Pferde – seht doch, Hoheit …« Er fuchtelte mit einem Arm in Richtung des Pferches, wo nicht ganz sechzig seekranke Rösser und buntgemischte Klepper mit ziemlich feuchtem und zweifellos salzigem Heu gefüttert wurden.
    »Mein Herr«, erwiderte Richard frostig, und mir ging voll hämischer Freude auf, dass der Mann dem König soeben ins Gesicht gesagt hatte, er sei wahnsinnig. »Haltet Euch an Eure Bücher und überlasst Kampf und Reiterei ruhig uns.«
    Ich unterdrückte ein Lächeln, als der Beamte derart zurechtgewiesen wurde, doch es galt an ernstere Dinge zu denken. Der König plante einen nächtlichen Angriff auf eine dreitausend Mann starke Armee, mit einer winzigen Truppe schlecht berittener Krieger – wir waren sechzig zu eins in der Unterzahl. Auf jeden unserer Ritter kamen sage und schreibe sechzig Feinde. Sechzig! Vielleicht hatte der Beamte doch recht – vielleicht war der König tatsächlich wahnsinnig!

Kapitel 13
    I ch zählte zweiundfünfzig Ritter, als wir uns oberhalb des Strandes in kompletter Dunkelheit und nahezu schweigend formierten. Eine düstere Stimmung hing über unserem bevorstehenden Unternehmen. An Sätteln und Zaumzeug hatten wir alle metallischen Teile mit Stoff umwickelt, damit sie beim Angriff nicht klirrten und uns zu früh verrieten. Die Ritter flüsterten höchstens miteinander, sehr ernst, wie es sich für Männer geziemte, die dem Tod ins Auge blickten, obgleich ich nicht glaube, dass sich ein einziger Feigling unter ihnen befand. Priester bewegten sich auf leisen Sohlen zwischen den Reitern, segneten Waffen, besprengten die Ritter mit Weihwasser und murmelten Gebete. Die Glücklichen, darunter der König und der Earl of Locksley, bestiegen die Schlachtrösser gefangener griffonischer Ritter. Die weniger Glücklichen ritten alle möglichen Tiere, bis hin zu den Karrengäulen und Maultieren, die ich in Limassol zusammengetrieben hatte, oder die Pferde, die wir erst am Abend von den Schiffen an Land gebracht hatten. Ich ritt Ghost, der sich bemerkenswert schnell von der Tortur auf dem wilden Ozean erholt hatte und es zu genießen schien, wieder festen Boden unter den Hufen zu haben. Ich bemerkte Sir Richard Malbête, dessen dürrer Zweijähriger zu schwach für das Gewicht seines Reiters wirkte. Er fing meinen Blick auf und erwiderte ihn mit diesen ausdruckslosen Raubtieraugen. Ohne den Blick abzuwenden, strich er mit einem gepanzerten Finger die rote Narbe an der Seite seines Gesichts entlang. Ich schenkte ihm ein breites, spöttisches Grinsen.
    Auf ein leises Signal des Königs hin marschierten wir in Zweierreihe ab, mit Spähern an der Spitze und an den Seiten. Wir bemühten uns, so leise wie möglich zu sein und unsere Positionen zu halten, während wir durch die Orangenhaine ritten. Die laue Mainacht war vollkommen windstill, und ein Hauch von Blütenduft hing in der Luft. Der große, gelbe Halbmond spendete genügend Licht, um jeweils den Mann vor und neben uns zu erkennen. Ich muss gestehen, dass ich nervös war und wieder einmal die eisige Schlange der Furcht in meinem Bauch spürte. Dennoch war ich bereit, meinem König zu vertrauen. Er würde uns zum Sieg führen, wie es ihm am Vormittag schon so rasch gelungen war.
    Nach ungefähr einer Stunde kam die Kolonne auf freier Fläche hinter einer langgezogenen Anhöhe zum Stehen. So leise wie möglich formierten sich die Ritter mit Lanzen, etwa die Hälfte unserer jämmerlichen Streitmacht, zu einer Linie. Die Kämpfer,

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