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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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die wie ich nicht mehr als ein Schwert, einen Dolch und einen Streitkolben mit sich führten, formierten sich dahinter in zweiter Reihe. Die Ritter der ersten Reihe mit ihren zwölf Fuß langen, rasiermesserscharfen Lanzen stellten unseren Sturmtrupp dar. Sie würden hauptsächlich die Masse ihrer Streitrösser und die spitzen Lanzen dazu einsetzen, jegliche Formation niederzureiten, die sich ihnen entgegenstellte. Die zweite Welle sollte dann die zerschlagenen feindlichen Linien mit Schwert und Streitkolben angreifen und vernichten. So lautete die Theorie.
    Der König ritt zwischen die beiden Reihen und sprach zu uns mit leiser, aber tragender Stimme: »Männer! Ihr alle habt heute bereits sehr mutig gekämpft, und wir haben den Sieg schon auf der Zunge geschmeckt. Jetzt bitte ich euch, euren Heldenmut erneut im Kampf für unsere Sache unter Beweis zu stellen. Sie sind zahlreich und wir nur wenige. Aber wir haben sie schon einmal geschlagen und werden es wieder tun. Noch schlafen sie in ihren warmen Decken und wähnen uns meilenweit fort. Aber wir werden ihnen zeigen, wie diese Armee kämpfen kann. Ja, sie sind zahlreich und wir nicht mehr als eine Handvoll, aber denkt an den Ruhm, der uns wenigen zuteilwird, wenn wir den Sieg erringen.« Der König wendete sein Pferd und ritt die Gasse zwischen den beiden Reihen entlang zurück. Als er an mir vorbeikam, fing er meinen Blick auf und lächelte. Seine Augen glänzten im Mondschein.
    »Gott ist mit uns, denn unsere Sache ist gerecht.« Ich konnte ihn gerade noch hören und sah, wie die Ritter sich in ihren Sätteln nach vorne beugten, um ihn zu verstehen. »Hört mir gut zu: Wir werden geradewegs auf den Kaiser zureiten und ihn gefangen nehmen. Nichts anderes zählt. Schreit eure Schlachtrufe, erbittet Gottes Schutz und reitet geradewegs auf die goldene Standarte zu. Halten wir sie erst in Händen, ist die Schlacht schon so gut wie geschlagen. Der Feind wird wegschmelzen wie Schnee in der Frühlingssonne. Gott sei mit euch allen.«
    Mit diesen Worten nahm er seinen Platz in der Mitte der ersten Reihe ein. »Vorwärts!«, hallte sein barscher Ruf durch die stille Nacht.
    »Für Gott und König Richard!« Das klang laut, erheblich lauter als des Königs Befehl, und ich erkannte Robins Feldherrenstimme, die eine halbe Meile weit zu hören war. Zugleich bliesen zwei Trompeter auf ihren Hörnern das Signal zum Angriff: Ta-ta-taaa, ta-ta-taaa. In der Stille der Orangenhaine war der Lärm entsetzlich, und genau das bezweckte der König damit – dem Feind Angst und Schrecken einzujagen. Die erste Reihe preschte unter lautem Geschrei voran, ein jeder Ritter brüllte seinen Schlachtruf. Die Reihe stürmte den Abhang hinauf und verschwand über die Hügelkuppe. Ich fügte meinen Ruf »Westbury!« den Stimmen meiner Mitstreiter hinzu, und wir Männer der zweiten Reihe trieben unsere Tiere vorwärts und folgten der ersten.
    Wir stürmten über die Anhöhe und den Abhang hinab in einen breiten Olivenhain voller schlafender Feinde. Das Lager war eine riesige Ansammlung von dunklen Zelten und verstreuten Lagerfeuern, an den knorrigen Bäumen waren Pferde festgebunden. Dunkle, in Decken gehüllte Gestalten sprangen auf, als die erste Welle der Ritter über das Lager hereinbrach. Unter Hörnerschmettern und Schlachtgebrüll donnerten unsere Reiter einfach in die Zelte hinein. Die Schlafenden darin wurden zertrampelt, die Zeltschnüre von den wirbelnden Pferdebeinen zerrissen. Jeder aufrecht stehende Mann wurde sofort von der Lanze eines vorbeistürmenden Ritters durchbohrt, der sie sogleich fallen ließ und sein Langschwert zog, um den nächsten menschlichen Umriss in der Finsternis anzugreifen. Dahinter folgte die zweite Reihe, auch wir brüllten unsere Schlachtrufe und machten mit unseren Schwertern die aufgeschreckten Feinde nieder.
    Im Lager herrschte heillose Panik – fünfzig in Stahl gehüllte Mordbestien waren scheinbar inmitten der schlaftrunkenen, nur halb bekleideten Zyprioten entfesselt worden. Bald wurde unser triumphierendes Gebrüll von ihren Schreckensschreien übertönt, während wir in der Dunkelheit unablässig flüchtende Schatten niedermachten. Wir jagten sie durch die einstürzenden Zelte, holten eine rennende Gestalt ein, hieben im Vorüberreiten schräg nach unten und donnerten weiter, auf der Suche nach neuen Opfern. Ich war froh, dass ich unser vernichtendes Werk nicht genau sehen konnte, galoppierten wir doch zwischen den Bäumen hindurch und ließen

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