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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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Schulter gelehnt und begann, wie er sich ausgedrückt hatte, etwas für »die Moral der Truppe« zu tun.
    »Meine Freunde, seid bitte einen Augenblick still und hört mir zu«, rief er. »Schenkt mir euer Gehör, Freunde, und ich werde euch die guten Neuigkeiten, die wunderbaren Neuigkeiten über unsere Lage verkünden.« Die Juden musterten ihn neugierig, als sei ein weiterer Wahnsinniger mitten unter ihnen. »Wir haben Glück«, hob Robin erneut an, noch lauter, und Bewegung und Murmeln kamen in der Menge auf. »Ich sage euch, wir können uns glücklich schätzen, hier zu sein …«
    Ein Mann trat aus dem lockeren Kreis vor, der sich um Robin gebildet hatte: ein großer, stämmiger Mann in einem dunkelblauen Gewand und mit einem prachtvollen, buschigen roten Bart. Seine zornige Stimme übertönte Robins nächste Worte. »Glücklich? Inwiefern? Sollen wir uns glücklich schätzen, dass wir wie Wildschweine durch unsere eigene Stadt gehetzt werden? Dass man uns aus unseren Häusern vertrieben, unsere Freunde und Angehörigen abgeschlachtet und unser Silber gestohlen hat?«
    »Ihr könnt euch glücklich schätzen, noch am Leben zu sein«, unterbrach Robin ihn kühl. »Stimmt ihr mir da nicht zu?« Er machte eine kurze Pause, doch der rothaarige Mann sagte nichts mehr. »Dass ein Rudel mordlüsterner Irrer« – Robin wies mit ausgestrecktem Arm auf die Tür nach draußen, zum Burghof – »euch nicht in Stücke gerissen hat.« Zorniges Gemurmel erhob sich um ihn her. »Doch abgesehen davon«, fuhr Robin ruhig fort, »könnt ihr euch gerade jetzt auch in anderer Hinsicht glücklich schätzen. Da wäre zunächst einmal dieser Turm, ein Wehrturm, der eigens so gebaut ist, dass eine Handvoll Krieger ihn gegen eine ganze Armee verteidigen kann. Und wir haben diese Krieger. Ich sehe mutige Männer vor mir – Männer, die willens sind, so tapfer zu kämpfen wie jeder Ritter und auch zu sterben, wenn es sein muss, um ihre Familien zu verteidigen, ihren Stolz und ihre Ehre.« Ich sah ein paar der jüngeren Juden nicken.
    »Ich sehe mutige Männer vor mir, bereit für die Schlacht, und darum können wir uns wahrhaft glücklich schätzen«, redete Robin weiter. »Mit guten Männern wie euch können wir diesen Turm halten bis zum Jüngsten Tag. Wir haben Nahrungsmittel, wir haben Wasser und Bier, und wir haben mutige Kämpfer. Und deshalb, sage ich euch, können wir uns glücklich schätzen.«
    Nun bemerkte ich, dass die Stimmung sich ein wenig verändert hatte. Das war mir schon früher aufgefallen, wenn Robin so sprach. Er konnte die Emotionen von Menschen lenken und schaffte es irgendwie, ihnen das Gefühl zu geben, sie seien besser, als sie in Wirklichkeit waren. Die Juden standen nun aufrechter, mit strafferen Schultern und erhobenen Köpfen. Sie sahen sich als Krieger, nicht mehr als Schafe, die von einem hasserfüllten Mob durch die Straßen getrieben wurden – als harte Kämpfer, die weder Stahl noch Blut scheuten.
    »Zudem ist es unser Glück, dass wir diese hier haben«, sagte Robin, nahm die Armbrust von der Schulter und hielt sie hoch. »Wir haben mehr als drei Dutzend dieser Waffen und genug Bolzen, um tausend Seelen in die Hölle zu schicken.« Er ließ die Armbrust sinken und beinahe liebevoll auf beiden Armen ruhen. »Mit diesen Waffen und allem anderen, was wir hier haben, können wir ohne weiteres standhalten, bis die Bürger dieser Stadt von dem bösen Fieber geheilt sind, das sie befallen hat. Wir können uns den Teufel vom Leib halten, bis sie zur Besinnung kommen oder Hilfe eintrifft. Und deshalb, sage ich, können wir uns glücklich schätzen. Wir haben Männer, wir haben Waffen, und wir haben den Mumm, sie zu gebrauchen. Gott lächelt auf uns herab. Wir … haben … Glück.«
    Die Juden brachen tatsächlich in Jubel aus. Die Verwandlung war erstaunlich: Noch vor wenigen Augenblicken waren sie eine niedergeschlagene, verängstigte Herde gehetzter Schafe gewesen. Nun sahen sie sich selbst als edle Krieger, bereit, zu kämpfen bis in den Tod.
    »Und jetzt hört mir gut zu, meine Freunde«, sagte Robin. »Diese Waffen sind sehr leicht zu gebrauchen, aber tödlich.« Während ich zusah, wie er das Spannen der Armbrust vorführte, fing ich seinen Blick auf, und er grinste mir mit einem verstohlenen Zwinkern zu.
    Die Waffe war tatsächlich sehr einfach zu gebrauchen. Die steife Sehne wird unter Einsatz des gesamten Körpers gespannt. Man stellt den rechten Fuß in den Stegreif am vorderen Ende, zieht

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