Der Kreuzritter - Aufbruch - Vägen till Jerusalem
noch vor dir. Aber Gott hat dich als das praktischste Instrument benutzt, das er zur Hand hatte, um Männer zu bestrafen, die schwer gesündigt hatten. Denn diese Männer hatten eine junge Frau, Gunvor, die du auf jener Straße zum ersten Mal gesehen hast, gezwungen, einen Mann zu heiraten, vor dem sie Ekel empfand. Sie zwangen sie um ihrer eigenen Lust und ihres eigenen Gewinns willen dazu. Als sie in ihrer Verzweiflung ihrem schrecklichen Leiden zu entfliehen versuchte, wurden sie von Zorn erfüllt und waren bereit, jeden zu töten, der sich ihnen in den Weg stellte. Da äußerten sie laut die
Lüge, dass der Mann, den sie als Ersten anträfen, ein Brauträuber sei, den sie nach den dort geltenden Gesetzen mit Vergnügen erschlagen dürften. Als Gott das sah, zürnte er und stellte dich den Sündern in den Weg, um sie so hart zu strafen, wie nur Gott es kann.
Dieser Dompropst Torkel hat insofern nicht ganz unrecht, wenn er sagt, er habe gesehen, wie dir ein Engel die Hand geführt hat, obwohl sein Gerede von einem Wunder natürlich nur Gefasel ist. Du warst Gottes Werkzeug und hast sein Strafurteil vollstreckt, was du vielleicht nicht hättest tun können, wenn nicht Bruder Guilbert und ich dich betrogen hätten. Deshalb ist dir jetzt vergeben worden, und du bist ohne Sünde, mein Sohn.«
Arn gab lange Zeit keine Antwort, und Pater Henri ließ ihn mit seinen Gedanken allein, denn das Gesagte brauchte Zeit, um in Arns Bewusstsein Wurzeln zu schlagen.
Arn hatte keinerlei Mühe, die formale Logik in dem zu erkennen, was Pater Henri gesagt hatte. Aber die Voraussetzung für eine solche Logik war, dass jeder Baustein auf absoluter Wahrhaftigkeit und Demut vor Gott beruhte. Schon bald schämte sich Arn seines ersten Gedankens, nachdem er die beiden vergebenden Worte gehört hatte, dass Pater Henri nämlich in diesem Fall besondere Milde hatte walten lassen. Es war falsch, so über Pater Henri zu denken, und Arn erkannte, dass er nach seiner Absolution nur wenige Atemzüge lang frei von Sünde gewesen war. Doch jetzt war nicht die richtige Gelegenheit, mit einer neuen Beichte zu beginnen.
»Damit sind wir also bei der Frage nach meiner Sünde und der von Bruder Guilbert und unserem Anteil von Schuld an dem, was sich ereignet hat«, seufzte Pater Henri. »Da draußen in der anderen Welt unterscheidet
man die Menschen und bewertet sie unterschiedlich, als hätten nicht alle die gleiche Seele. Die Menschen da draußen sehen nicht in erster Linie ihren Nächsten, sondern einen Leibeigenen oder einen König, einen Jarl oder einen Freigelassenen; sie sehen einen Mann oder eine Frau mit vornehmen Ahnen oder ohne vornehme Vorfahren, etwa so, wie du und Bruder Guilbert Pferde beurteilt. So ist es da draußen in der anderen Welt, leider.«
»Aber alle Menschen haben doch Vorfahren, wir kommen ja alle irgendwo her, und das lässt sich bis auf Adam und Eva zurückführen. Wir werden doch alle gleich nackt geboren«, wandte Arn mit einem Anflug von Verwunderung in der Stimme ein.
»Ja, gewiss haben wir alle Vorfahren. Aber manche haben nach dieser Art der Bewertung Vorfahren, die vornehmer sind als andere, während andere wiederum reichere Vorfahren haben, und Eigentum wird da draußen von Generation zu Generation weitervererbt.«
»Wenn man also reich geboren wird, bleibt man reich, und wenn man vornehmere Vorfahren hat, braucht man selbst nichts zu tun, man ist trotzdem vornehm? Und dabei spielt es keine Rolle, ob man gut oder böse ist, klug oder dumm?«, überlegte Arn und machte dabei ein komisch scharfsinniges Gesicht, während er den ersten behutsam tastenden Schritt in das Wissen um die andere Welt tat.
»Genau so ist es. Deshalb haben manche da draußen noch heute Leibeigene. Dessen bist du dir doch wohl bewusst?«, fragte Pater Henri.
»Ja«, sagte Arn zögernd. »Sogar mein Vater hatte Leibeigene. Das ist etwas, worüber ich lange nicht nachgedacht habe, als wäre es etwas, was dem Gedächtnis nicht gefiel. Ich habe beim Abendgebet meist an meine Mutter
gedacht, aber nicht so sehr an meinen Vater und nie daran, dass er Leibeigene hatte. Jetzt erinnere ich mich sogar daran, dass er einmal einen Leibeigenen geköpft hat. Ich weiß nicht mehr, weshalb, aber den Anblick werde ich nie vergessen.«
»Ja, da siehst du. Und ich fürchte, dass dein Vater noch heute Leibeigene hat. Er stammt nämlich aus einem vornehmen Geschlecht, und das bedeutet, dass auch du aus einer vornehmen Familie stammst. Auf dem Grabstein deiner
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