Der Kreuzritter - Aufbruch - Vägen till Jerusalem
ihres Lebens allen Anlass gehabt hatte, würde sie jetzt jeden zweiten Abend unter dem abstoßenden alten Mann liegen. Zumindest hatten ihr alle älteren Frauen dieses Unglück so beschrieben.
Sie und Gunnar durften sich nun so oft treffen, wie sie wollten, solange nur andere Menschen in der Nähe waren. Und als das Verlobungsfest schon einige Stunden in Gang war, gingen sie eine Weile auf den Hof hinaus, um gemeinsam die Sonne untergehen zu sehen. Sie hielten einander bei den Händen und empfanden sowohl
Glück als auch etwas wie Bangen bei der Aussicht, dass sie jetzt gemeinsam leben, altern und sterben würden.
Doch Gunvor wollte eine nicht ganz einfache Angelegenheit zur Sprache bringen. Sie erklärte, dass sie der Heiligen Jungfrau zwar ganz gewiss ewig dankbar dafür war, dass sie in letzter Stunde aus dem Rachen des Unglücks gerettet worden war. Sie würde auch nie versäumen, das in ihren Gebeten zu erwähnen. Dann fuhr sie fort:
»Aber selbst wenn der Mensch nur das Werkzeug Gottes ist und nichts gegen den Willen des Herrn geschehen kann und alle Dankbarkeit somit eigentlich ihm allein zusteht, muss ich unwillkürlich an den Jüngling denken, der eben auch dieses Werkzeug Gottes gewesen ist. Er sah so bejammernswert aus in seiner abgewetzten braunen Mönchskutte, als die Trunkenbolde sein Haupt hinabdrückten, um ihn zu köpfen. Aber dann hat er mich erlöst, nicht nur mich, sondern uns beide.
Ich wünsche mir deshalb, dass wir die beiden Füchse, die wir zur Verlobung bekommen haben, dem Kloster in Varnhem schenken. Wir sollten hinreisen und dem kleinen Mönch unseren Dank sagen, der unser Glück unter Gefahr für sein eigenes Leben gesichert hat.«
Gunnar fand dies einen sehr guten Einfall, rühmte Gunvor dafür und erbot sich sofort, sie in dieser Angelegenheit nach Varnhem zu begleiten.
Ihr Beschluss sollte sich für den jungen Mann, der jedoch keineswegs so klein und bejammernswert war, wie Gunvor ihn in Erinnerung hatte, als Balsam für die Seele erweisen.
Bruder Guilbert hatte seit sechs Tagen in der Schwertschmiede gearbeitet. Die Arbeit war ihm wie im Fieber,
in Raserei oder in göttlicher Inspiration von der Hand gegangen. Zwar hatte er die meisten seiner anderen Pflichten darüber versäumt, doch Pater Henri hatte kein Wort darüber verloren, sodass die Hammerschläge aus der Schmiede in diesen Tagen auf Varnhem ständig erklangen, sogar in der einen oder anderen Gebetsstunde.
Es war schon lange her, dass Bruder Guilbert ein Schwert nach den neuen Methoden geschmiedet hatte, denn es wäre undenkbar gewesen, den nordischen Barbaren so etwas zu verkaufen. Die hätten nicht einmal im Traum daran gedacht, den wirklichen Preis für eine solche Arbeit zu bezahlen. Überdies hatten sie kaum Bedarf an Damaszenerschwertern, da sie kaum mit ihren eigenen richtig umgehen konnten.
Wenn Bruder Guilbert nordische Schwerter fertigte, begann er mit drei verschiedenen Eisensorten, die er zusammenfügte, indem er das Material viele Male faltete und wieder glättete. Mithilfe dieser Mischung ließ sich eine gewisse Geschmeidigkeit erreichen, zugleich aber konnte man die Klinge so schimmernd und gemustert schleifen, wie die nordischen Männer es wünschten. Je schöner das Muster, desto feiner das Schwert, schienen sie zu denken. Am liebsten sollte das Muster einer Schlange ähneln, wenn man die kalte Klinge anhauchte. Bruder Guilbert erreichte dennoch eine Haltbarkeit, die größer war, als man sie sonst in diesem abgelegenen Winkel der Welt zu finden pflegte.
Das Schwert aber, an dem er jetzt in heiliger Verzweiflung arbeitete, hatte von Anfang an nur einen einzigen Kern aus gehärtetem Stahl. Die Kunst, Eisen in Stahl zu verwandeln, war bei den Nordmännern nicht bekannt. Bruder Guilbert hatte zu diesem Zweck sein allerbestes Eisen verwendet und es dreimal vierundzwanzig Stunden
in Kohle, Leder und Ziegel verpackt erhitzt, um die Verwandlung zu bewirken. Den Stahlkern schmiedete er anschließend in ein Lager aus weicherem Eisen ein. Die Schneide sollte so scharf sein, dass man damit einem Mönch den Kopf hätte rasieren können. Mit jedem Hammerschlag auf dem Amboss und mit jedem Gebet kam er langsam, aber sicher der Vollendung eines Meisterwerks näher, wie man es nur in Damaskus selbst oder in Outremer finden konnte, wo er, Guilbert, diese Sarazenerkunst gelernt hatte.
Er war mit seiner Arbeit schon weit gediehen, als am sechsten Tag ein Laienbruder mit erschreckter Miene hereinkam und ihn störte.
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