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Der Kreuzritter - Aufbruch - Vägen till Jerusalem

Titel: Der Kreuzritter - Aufbruch - Vägen till Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
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zurechtlegte. »Aber was ist mit der Fortsetzung: ›Er führet mich auf rechter Straße‹? Um was für eine Straße handelt es sich? Buchstäbliche Bedeutung oder allegorische?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Arn. »Ist nicht beides möglich?«
    »Ach ja? Ein Text, den man sowohl buchstäblich als auch allegorisch lesen soll? Das musst du mir schon näher erklären, mein Sohn.«
    »Eine Zeile zuvor heißt es, der Herr erquicket unsere Seelen. Dabei geht es also buchstäblich um uns und nicht um Schafe«, begann Arn, um etwas Zeit zu gewinnen, während er so scharf nachdachte, wie er nur konnte. »Gott kann uns natürlich ganz buchstäblich auf rechter Straße führen, auf der richtigen Straße auf der Erde, einer sichtbaren Straße, die von Pferden, Ochsenkarren und Menschen benutzt wird. Und wenn er will, kann er uns zum Beispiel auch den rechten Weg nach Rom zeigen.«
    »Hm«, sagte Pater Henri und machte ein strenges Gesicht. »Es kann dir doch kaum entgangen sein, dass Straßen zu den häufigsten Metaphern der Heiligen Schrift gehören? Wenn die Wege des Herrn unergründlich sind, werden damit doch kaum Viehpfade im Nebel gemeint sein, oder?«

    »Nein, natürlich nicht, mit der rechten Straße ist so etwas gemeint wie, dass sie uns von der Sünde wegführt, dass sie die Straße zur Erlösung ist und so weiter. Also allegorisch.«
    »Gut. Wo waren wir stehen geblieben? Wie lautet der folgende Vers? Nein, du brauchst ihn nicht zu singen, dann fühlen sich die Brüder im Garten nur wieder versucht zu faulenzen. Nun?«
    »Und ob ich schon wandelte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir«, leierte Arn schnell herunter. »Wenn ich mich in großen Schwierigkeiten befinde, etwa in der Nähe des Todes, wie etwa hoch oben im Turm bei meiner Maurerarbeit, so fürchte ich nichts, weil Gott bei mir ist. Der Begriff ›im finstern Tal‹ muss allegorisch sein. Ich kann mir kein bestimmtes Tal vorstellen, in dem es finster ist. Und selbst wenn es so etwas gäbe - ich meine rein theoretisch -, wäre es mir ja nicht nur an dem Ort möglich, Trost und Zuversicht zu empfinden. Nicht einmal im finstersten Tal, das heißt in dunklen Stunden, in Trauer oder in Gefahr, brauche ich zu verzweifeln - bedeutet es ungefähr das?«

    An dem Tag, an dem Arn aus seinem alten Bogen herausgewachsen war, war es mit diesem kleinen Vergnügen vorläufig vorbei, das in seinem besonderen Fall übrigens zu den Arbeiten gezählt wurde. Arn hatte seinen Übungsplatz gleich vor der Schmiede und konnte während der vielen natürlichen Pausen bei der Arbeit von Zeit zu Zeit hinauslaufen, um ein paar Pfeile abzuschießen, während das Eisen abkühlte oder neue Essen angezündet wurden. Bruder Guilbert kam jedoch eines Tages heraus und sah,
wie der Knabe ohne jedes Zögern, aber offenbar auch ohne sonderliche Begeisterung, nacheinander zwölf Pfeile auf das bewegliche Ziel abschoss, einen Haufen von Leinenlumpen, den man mit Lederriemen umwickelt hatte und der jetzt an einem dünnen Seil hin und her pendelte.
    Es war an der Zeit, wieder von vorn zu beginnen. Für Bruder Guilbert war es nicht nur wichtig, dass die Geräte, die er Arn in die Hand gab, zu seiner Körpergröße und seiner Kraft passten. Ebenso wichtig war, dass der Junge immer mit voller gedanklicher Kraft übte. Wenn die Übung zu leicht geriet, würde das Interesse abstumpfen, und das würde sich ungünstig auswirken; solche Dinge waren auch erwachsenen Männern nur schwer zu erklären, wie Bruder Guilbert erfahren hatte. Arn erklärte er nicht sehr viel, und das war auch gar nicht nötig, da Gehorsam eine der wichtigsten Klosterregeln darstellte.
    Sie wählten Eibenholz als Material für den neuen Bogen und Eschenholz für die Pfeile. Denn wenn der Bogen ein anderer war, waren auch neue Pfeile nötig, da alles im rechten Verhältnis zueinander stehen musste, um zu funktionieren. Ebenso mussten die Bewegungen der Hand und die Kraft des Gedankens miteinander im Gleichgewicht stehen.
    Es nahm viel Zeit in Anspruch, den neuen Bogen und die Pfeile anzufertigen - vom kalten Frühling, als sich nur die Schneeglöckchen hervorgewagt hatten, bis zum Frühsommer, als die Tulpen lange rote Bänder an den Kreuzgängen bildeten. Als es endlich an der Zeit war, mit der Erprobung der neuen Arbeitsgeräte zu beginnen, veränderte Bruder Guilbert überdies den Abstand zum Ziel. Aus achtzehn langen Männerschritten wurden jetzt fünfundzwanzig. Arn hatte an den ersten Tagen das

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