Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
Brust empfangen. Dem Zweiten hieb der Fremde mit einem funkelnden Schwert den Arm ab, und der Dritte floh in wildem Entsetzen, überzeugt davon, dem Teufel begegnet zu sein.
Als sich der zu Boden Getretene wieder aufrappelte, sah er sich einem Schwert gegenüber, das auf seinen Hals gerichtet war. Er bekreuzigte sich und bereitete sich aufs Sterben vor.
»Ich suche den Weg zu Mutter Emmas Schenke. Du sollst ihn mir zeigen«, sagte der Fremde in Lübecker Mundart, als hätte er an einem ganz normalen Tag unter vielen Leuten nach dem Weg gefragt.
Der glücklose Räuber Angus versuchte stammelnd, etwas zu entgegnen, aber sein Kamerad, der seinen Arm verloren hatte und zunächst nur still seinen blutenden Stumpf umfasste, stieß plötzlich einen gellenden Schrei aus. Sofort drehte sich der Fremde um und hieb mit seinem Schwert zu. Das Geräusch der Klinge war zu hören, dann wurde es unvermittelt still. Nur noch der Regen war zu hören, und der Räuber Angus sah erneut die Spitze des blutigen Schwertes auf sich gerichtet.
»Nun, willst du mir den Weg zeigen oder nicht?«, fragte der Fremde mit derselben seltsam ruhigen Stimme
wie zuvor. Er hätte genauso gut über das Wetter sprechen können.
Wenig später ging ein recht ungleiches Paar durch die Gasse. Der eine war nass wie ein Hund und winselte kriecherisch um sein Leben. Ihm folgte mit schweren Schritten ein Mann in einem schweren Regenumhang aus Leder. Sein Schwert hatte er in den strömenden Regen gehalten und ein paarmal umgedreht, um es zu säubern. Anschließend hatte er es an Angus abgetrocknet und wieder in der Schwertscheide unter dem Regenumhang verschwinden lassen. Angus trug zwar ein Messer am Gürtel, hatte jedoch nicht die geringste Absicht, es zu benutzen, obwohl man ein Messer rascher ziehen konnte als ein Schwert. Denn wie sein geflohener Komplize glaubte auch Angus, es mit dem Teufel zu tun zu haben.
Wenig später hämmerte es an der verriegelten Tür eines verrufenen Lokals, das der Besitzer Mutter Emmas Schenke nannte, das aber im Volksmund nur das Hurenhaus in der Norra Gränd hieß. Wer zahlungswillig war, konnte dort Braten erhalten, am meisten wurde jedoch nach Bier aus Lübeck verlangt und nach Frauenzimmern natürlich, die nach einem ordentlichen Quantum starken Bieres besonders begehrt waren.
Unwillig murrend kam der Wirt Dieter Strandfänger an die Tür, da späte Gäste meist ebenso betrunken wie mittellos waren und daher für wenig Freude und Einnahmen sorgten.
»Guten Abend«, grüßte der regennasse Fremde in Lübecker Mundart. »Ich suche den Handelsmann, Herrn Elof.«
»Hier sucht niemand, der nicht zuerst seinen Namen nennt«, erwiderte Dieter Strandfänger unwirsch, »und hier kommt auch niemand rein, der nicht zahlen kann.«
»Ich bin der Marschall des Königs und komme in königlichem Auftrag. Das sollte dir größeres Kopfzerbrechen bereiten als die Bezahlung«, entgegnete der Fremde, ohne seine Stimme zu heben, während er an dem Wirt vorbeiging, als nähme er ihn kaum wahr.
Etwa zehn Personen saßen in dem dunklen Raum, der nur von einem verglimmenden Kaminfeuer und ein paar wenigen Teerlichtern erhellt wurde. In einer Ecke saßen fünf Gäste, die weder betrunken noch ausreichend geil waren, und würfelten zusammen mit zwei Huren, die kreischend lachten und sie anfeuerten. Ein paar Leute waren auf der Tischplatte eingeschlafen, einige stritten über Nichtigkeiten. Ein Mann saß allein mit gesenktem Kopf vor seinem Bierglas, er war besser gekleidet als die anderen. Der Fremde ging auf ihn zu, nahm seinen nassen Regenumhang ab und schüttelte ihn aus, so dass die Wassertropfen sowohl auf den Einsamen als auch auf die Umsitzenden spritzten.
Normalerweise hätte man einen Fremden mit derartigem Benehmen verprügelt und auf die Straße geworfen, aber diejenigen, die nass geworden waren und eigentlich sofort über den unverschämten Gast hatten herfallen wollen, überlegten es sich anders. Der Fremde trug einen Kettenpanzer. In seinem Wappen glänzten die drei Kronen des Königs und der goldene Löwe. Allein das große Schwert an seiner Seite hätte auf jeden Säufer, der auf eine Rauferei aus war, eine beruhigende Wirkung ausgeübt.
Am meisten staunte jedoch der in Grübeleien versunkene Handelsmann Elof, als er von seinem Glas Bier aufschaute und sich seinem Bruder Birger gegenübersah.
»Jesus, Maria und alle Heiligen, bist du also doch noch gekommen!«, rief er, sprang auf und schloss den mächtigen Mann vom
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