Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
worüber sich Graf Raimund beklagte. Je mehr er trank, desto lauter sprach er und forderte Arn außerdem zum Mittrinken auf. Was er da beschrieb, war eine andere Welt, in der Gott nicht existierte und wo Gottes Grab nicht von idealistischen Gläubigen bewacht wurde, sondern von Intriganten, die sich mit Eseln und Sklavenjungen verlustierten. Arn kam es vor wie ein Blick in die Hölle, zumindest so wie der Prophet, der Friede sei mit ihm, sie einst geschaut hatte, als er die Himmelsleiter hinaufgestiegen war.
Als Graf Raimund schließlich einsah, dass er sich über Dinge verbreitete, von denen der offensichtlich kindische, aber ehrliche junge Templer nichts verstand, begann er über die verlorene Schlacht bei Marj Ajun zu sprechen.
Jetzt, wo sie unter sich waren, konnten sie sich bald darauf einigen, dass nicht so sehr die eigenen Fehler als vielmehr Saladins Geschick den Ausschlag gegeben hatten. Saladin hatte entweder wie die Templer am Mont Gisard großes Glück gehabt oder aber mit beinahe unheimlicher
Sicherheit alles richtig gemacht. Er hatte die gesamte weltliche Armee in einen bedeutungslosen Kampf verwickelt und so die Möglichkeit gehabt, seine Hauptarmee loszuschicken, um die Templer zu schlagen. Danach hatte er die weltliche Armee so leicht und schnell besiegen können, dass die Entsatztruppe aus Tripolis nicht mehr rechtzeitig eingetroffen war. Außerdem hatte er sich das vermutlich alles im Voraus zurechtgelegt. Bei seinem ersten Angriff im Frühling hatte er nur eine kleine Armee gehabt. Jetzt waren es fünfmal so viele Soldaten gewesen. Das hatten die Christen erst begriffen, als es zu spät war. Deswegen war sein Sieg vollkommen gerecht.
Obwohl der Wein Arn langsam zu Kopf stieg, versuchte er, etwas gegen Raimunds Reden einzuwenden, dass der Sieg des Feindes gerecht gewesen sei. Starke Gegenargumente hatte er jedoch nicht. Nach einigen weiteren Gläsern war er sogar der Meinung von Graf Raimund und wechselte peinlich berührt das Thema. Er fragte diesen, warum er eigentlich die Templer so hasse.
Graf Raimund machte einen Rückzieher und meinte, es gebe einige wenige Templer, auf die er große Stücke halte. Von diesem Abend an sei auch Arn, genauer gesagt Al Ghouti, unter ihnen. Der wichtigste sei jedoch Arnoldo do Torroja, der Meister von Jerusalem. Falls Gott sich ausnahmsweise auf positive Art in die Angelegenheiten des Heiligen Landes einmische, dann müsse Arnoldo der nächste Großmeister werden. Odo de Saint Amand war entweder tot oder aber gefangen genommen, was für einen Templer normalerweise ebenfalls den Tod bedeutete. Arnoldo do Torroja war Graf Raimund zufolge einer der wenigen hohen Tempelritter, die begriffen hatten, wie die Zukunft der Christen in Outremer zu retten war: Sie müssten mit Saladin Frieden schließen und Jerusalem teilen,
wie schmerzlich das auch sein mochte, sodass alle Pilger, sogar die Juden, Zugang zu den Heiligtümern der Stadt erhielten.
Die einzige Alternative lautete: Krieg gegen Saladin. Aber angesichts des königlichen Hofes in Jerusalem mit seinen Intriganten und Dilettanten bestand für die christliche Seite keine große Hoffnung.
Außerdem hatten die Templer nach Raimunds Ansicht etliche unfähige und unmoralische Freunde. Der schlimmste von ihnen war die unverbesserliche Kanaille Rainald de Châtillon. Dieser hatte sich gerade erst bei Hofe eingeschmeichelt, und es war ihm gelungen, die Witwe Stéphanie de Milly zu bezirzen, die ihn besorgniserregend mächtig gemacht hatte. Mit ihr hatte er nicht nur die beiden Burgen Kerak und Montreal gewonnen, sondern auch die Unterstützung der Templer, da Stéphanie die Tochter des vorigen oder, wenn man so wollte, vorvorigen Großmeisters war.
Die Schurken scharten sich wie Geier um den Hof von Jerusalem. Ebenso gefährlich wie Rainald de Châtillon war möglicherweise ein anderer Freund der Templer, ein gewisser Gérard de Ridefort. Diesen Namen werde Arn sich merken müssen.
Gérard war mit anderen Abenteurern im vergangenen Herbst nach Tripolis gekommen und anschließend bei Graf Raimund in Dienst getreten. Alles hatte sich gut angelassen, und Graf Raimund hatte diesem Gérard in einem schwachen Augenblick eine Hochzeit mit einer vermögenden Witwe namens Lucia versprochen. Wenig später hätte jedoch ein Kaufmann aus Pisa Graf Raimund das Gewicht der jungen Dame in Gold geboten, wenn er diese reiche Erbin heiraten dürfe. Da Lucia ziemlich fett gewesen war, hatte Graf Raimund dieses Angebot angenommen.
Der
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