Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
leicht, nach Jussufs Sieg das Gespräch ungezwungen wieder in Gang zu bringen. Doch plötzlich wurde die Ruhe erneut durch das Heulen der Untiere gestört. Jetzt hörten sie alle, dass es Tiere waren
und keine teuflischen Wesen, und es klang so, als würden sie jemanden oder etwas angreifen. Dann schienen sie unter Schmerzens- und Todesschreien die Flucht zu ergreifen.
»Armands Schwert ist wie gesagt scharf«, murmelte der Templer.
»Warum nur habt Ihr die Leichen der Räuber mitgeschleppt?«, fragte Fahkr.
»Es wäre natürlich viel besser gewesen, sie lebend mitzunehmen. Dann würde es auf dem Heimweg auch nicht so übel riechen, und sie hätten ohne Mühe selbst reiten können. Morgen wird es sehr heiß, und wir müssen zeitig aufbrechen, um sie nach Jerusalem zu bringen, ehe sie allzu sehr stinken«, erwiderte der Templer.
»Aber wenn Ihr sie nun gefangen genommen und lebend nach El Quds gebracht hättet, was wäre dann mit ihnen geschehen?«, fragte Fahkr weiter.
»Wir hätten sie unserem Emir in Jerusalem ausgeliefert, dem Ranghöchsten unseres Ordens. Dieser hätte sie der weltlichen Macht übergeben, und dann hätte man ihnen alle Kleider genommen außer denen, die ihre Scham bedecken, und hätte sie gehängt, und zwar an der Mauer auf dem Felsen«, antwortete der Templer, als sei das alles selbstverständlich.
»Aber Ihr habt sie doch bereits getötet, warum nehmt Ihr ihnen nicht bereits hier ihre Kleider und überlasst sie dem Schicksal, das sie verdient haben? Warum verteidigt Ihr ihre Leichen auch noch gegen die wilden Tiere?«, beharrte Fahkr, als wolle er das Fragen nicht lassen oder als könne er das Verhalten der Templer einfach nicht verstehen.
»Wir werden die Leichen auf jeden Fall dort aufhängen«, erwiderte der Templer. »Alle sollen wissen, dass
jeder, der Pilger ausplündert, dort endet. Das heilige Gelöbnis unseres Ordens muss, solange uns Gott hilft, immer erfüllt werden.«
»Was macht Ihr mit ihren Waffen und Kleidern?«, fragte Emir Moussa neugierig und in einem Ton, als wolle er das Gespräch in verständlichere Bahnen lenken. »Sie müssen doch einiges an Kostbarkeiten bei sich gehabt haben?«
»Ja, aber alles ist gestohlen«, antwortete der Templer, der jetzt langsam seine alte Sicherheit wiedergewonnen hatte. »Mit Ausnahme ihrer Waffen und Rüstungen, aber dafür haben wir keine Verwendung. Dort oben, wo Armand und ich lagern, hatten sie ihr Diebesgut in einer Grotte versteckt. Morgen auf dem Rückweg werden unsere Pferde schwer beladen sein. Ihr müsst bedenken, dass diese Unmenschen hier über ein halbes Jahr lang gewütet haben.«
»Aber Ihr dürft doch keinen Besitz haben«, wandte Jussuf mit belustigt gehobenen Brauen ein, da er schon wieder meinte, im intellektuellen Wettstreit mit einem Mann gesiegt zu haben, der ihn jederzeit wie ein Kind zu Boden schlagen konnte, wenn sie sich im Kampf begegneten.
»Nein, ich darf wirklich nichts besitzen!«, meinte der Templer verwundert. »Wenn Ihr glaubt, dass wir das Diebesgut für uns selbst behalten wollen, dann habt Ihr Euch wahrhaftig geirrt. Wir werden die Sachen nächsten Sonntag vor der Kirche des Heiligen Grabes zur Schau stellen. Wenn die Bestohlenen ihre Sachen dort wiederfinden, bekommen sie sie zurück.«
»Aber die meisten Bestohlenen sind doch wahrscheinlich tot?«, wandte Jussuf mit leiser Stimme ein.
»Ihre Erben könnten aber noch am Leben sein. Das, worauf kein Anspruch erhoben wird, fällt unserem Orden zu«, antwortete der Templer.
»Das ist eine sehr interessante Erklärung dafür, warum ihr es immer für unter eurer Würde haltet, auf dem Schlachtfeld zu plündern«, meinte Jussuf mit einem Lächeln, als glaube er, einen weiteren Rededisput gewonnen zu haben.
»Nein, wir plündern nicht auf dem Schlachtfeld«, antwortete der Templer kalt. »Damit gibt es normalerweise keine Probleme, das erledigen schon die anderen. Wenn wir gesiegt haben, wenden wir uns sofort an Gott. Falls Ihr hören wollt, was Euer Koran über das Plündern auf dem Schlachtfeld sagt …«
»Danke, nein!«, unterbrach ihn Jussuf und hob warnend die Hand. »Wir wollen lieber nicht zu einem Gesprächsthema zurückkehren, bei dem der Eindruck entstehen könnte, dass Ihr als Ungläubiger mehr als wir über die Worte des Propheten, der Friede sei mit ihm, wisst. Dagegen möchte ich Euch gern eine sehr aufrichtige Frage stellen.«
»Ja. Stellt mir eine aufrichtige Frage, und Ihr werdet die Antwort bekommen, die Ihr verdient«,
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