Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
nicht lesen könnten. Deshalb hielten sie diese Inschriften für reine Dekoration ohne tiefere Bedeutung. Für denjenigen, der sie dennoch lesen könne, fügte er hinzu, stimme das meiste inhaltlich ohnehin mit dem wahren Glauben überein, da die Ungläubigen Gott in vielerlei Hinsicht genauso verehrten wie die Christen.
Pater Louis fand diese leichtfertige Beschreibung der Ketzerei ungeheuerlich, hielt aber seine Zunge im Zaum. Es bestand vermutlich ein großer Unterschied zwischen Christen, die lange im Heiligen Land gelebt hatten, und solchen, die wie er zum ersten Mal dort waren.
Es war bereits Zeit, die Terz zu singen, und sie mussten sich beeilen, um nicht zu spät in den Templum Salomonis zu kommen. Nach dem Gesang stiegen sie wieder in die privaten Gemächer des Meisters von Jerusalem hinauf. Dort warteten bereits viele Besucher, die nach den Kleidern zu urteilen alles sein konnten - von Rittern bis hin zu ungläubigen Handwerkern und Kaufleuten. Arn de Gothia entschuldigte sich damit, dass Arbeit auf ihn warte, die keinen Aufschub dulde. Er wolle sich aber wieder
um seine Gäste kümmern, nachdem man die Sext gesungen habe.
Sie trafen sich also einige Stunden später wieder. Arn führte seine Besucher auf den Säulengang, der an den Kreuzgang eines Zisterzienserklosters erinnerte. Dort ließ er ein kaltes Getränk servieren, das aus Früchten hergestellt war, die er Limonen nannte. Er selbst trank weiterhin nur Wasser.
Jetzt fand Pater Louis, es sei an der Zeit, ihn zu fragen, ob er Buße tue. Arn bejahte die Frage, sah jedoch ein, dass er diese Sache vielleicht etwas näher erklären musste. Er erzählte, die Buße gelte einer Sache, die er am liebsten seinem geliebten Beichtvater beichten würde, der Henri heiße und Abbé in einem fernen Kloster namens Varnhem im Westlichen Götaland sei. Da begann Pater Louis zu strahlen und meinte, diesen Abbé kenne er in der Tat sehr gut. Sie waren sich mehrere Male in Cîteaux bei Zusammenkünften des Kapitels begegnet. Pater Henri hatte viel Interessantes über die Christianisierung der wilden Völker Götalands zu erzählen gehabt. Dass die Welt so klein war!
Für Arn war das wie ein Gruß von zu Hause. Eine Weile lang hing er seinen Gedanken nach. Er erinnerte sich sowohl an Varnhem als auch an Vitae Schola in Dänemark und an die Sünden, die er Pater Henri hatte beichten müssen. Die schlimmste Sünde war unbegreiflicherweise gewesen, dass er seine Cecilia körperlich geliebt hatte, mit der er doch verlobt war.
Mühelos brachte Pater Louis Arn dazu, ihm von seinem Leben zu erzählen, angefangen von seiner ersten Begegnung mit seinem Beichtvater Henri bis hin zu seiner Zeit als Templer in Jerusalem. Pater Louis, der ein erfahrener Seelsorger war, hörte die Trauer aus Arns Erzählung
heraus. Er erbot sich, die Stelle des alten Beichtvaters einzunehmen, da Arn im Heiligen Land ohnehin niemanden finden würde, der Pater Henri näherstünde. Nach kurzem Zögern willigte Arn ein, und Frater Pietro ging die Beichtriemen seines Abbé holen und ließ sie anschließend allein.
»Nun, mein Sohn?«, meinte Pater Louis, nachdem er Arn vor der Beichte gesegnet hatte.
»Vergebt mir, Vater, denn ich habe gesündigt«, begann Arn mit einem tiefen Seufzer, als würde er mitten in seine Seelenqual eintauchen. »Ich habe mich schwer gegen unsere Ordensregeln versündigt, das ist dasselbe, als würdet Ihr Euch gegen Eure Klosterregeln versündigen. Ich habe meine Sünde außerdem geheim gehalten und sie dadurch noch größer gemacht. Das Schlimmste ist aber, dass ich mein Verhalten auch noch rechtfertige.«
»Du musst mir schon genauer sagen, worum es geht, wenn ich begreifen, dir raten und dir vergeben soll«, antwortete Pater Louis.
»Ich habe einen Christen erschlagen und das noch dazu aus Jähzorn, das ist das eine«, begann Arn zögernd. »Das andere ist, dass man mich dafür von Rechts wegen meines Mantels hätte berauben sollen. Bestenfalls hätte ich zwei Jahre lang Latrinen putzen, schlimmstenfalls unseren Orden verlassen müssen. Aber indem ich meine Sünde geheim gehalten habe, bin ich in unserem Orden aufgestiegen und bekleide jetzt eines der höchsten Ämter, und dessen bin ich nicht würdig.«
»Hat dich das Streben nach Macht zu dieser Sünde getrieben?«, fragte Pater Louis bekümmert. Er sah einen besonders schwierigen Fall der Buße vor sich.
»Nein, Vater, ich kann ehrlich sagen, dass das nicht der Fall ist«, antwortete Arn, ohne zu zögern. »Wie
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