Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
jedoch nicht als Euer Feind, eher im Gegenteil. Wie Ihr seht, liegen in den Waagschalen, die wir vor uns haben, viele weniger edle Gewichte. Was meint Ihr in dieser Sache?«
Die Frage war ganz offensichtlich an Arnoldo do Torroja gerichtet, und ihm fiel es ganz augenscheinlich schwer, sofort etwas zu entgegnen. Er begann mit einer langen Betrachtung über das Leben, Gottes unerforschlichen Willen und anderes, womit er Zeit gewinnen wollte. Arn staunte über den jungen, unglücklichen König, der trotz seiner tödlichen Krankheit, trotz der Tatsache, dass er sich immer verhüllen musste, und trotz seiner Jungenstimme eine bemerkenswerte Kraft und Entschlossenheit ausstrahlte.
»Um es noch einmal zusammenzufassen«, meinte Arnoldo do Torroja, der beim Sprechen nachgedacht hatte und jetzt endlich etwas Vernünftiges sagen konnte, »so ist es für die Templer gut, wenn der Patriarch ihr Freund ist, und schlecht, wenn dieser ihr Feind ist. Gleichzeitig ist es für das Königreich Jerusalem gut, wenn der höchste Wächter des Wahren Kreuzes und des Heiligen Grabes ein Ehrenmann und ein gläubiger Christ ist. Es wäre eine Sünde, wenn ein Sünder mit einer so verantwortungsvollen Aufgabe betraut würde. Was Gott in dieser Sache meint, kann man sich leicht denken.«
»Gewiss, aber jetzt geht es um eine höhere Macht als Gott, nämlich meine Mutter Agnes«, erwiderte der König
trocken. »Ich weiß, dass der Rat der Erzbischöfe des Heiligen Landes über diese Sache abstimmen soll. Aber viele dieser Gottesmänner sind käuflich. De facto wird die Sache also von mir entschieden oder von Euch zusammen mit mir oder von meiner Mutter. Ich will wissen, ob Ihr Templer absolut gegen einen dieser beiden Kandidaten seid. Und?«
»Ein Sünder, der für uns ist, oder ein ehrenhafter Gottesmann, der gegen uns ist - das ist keine einfache Wahl, Sire«, antwortete Arnoldo do Torroja lahm. Hätte er in die Zukunft schauen können, hätte er voller Entschiedenheit eine andere Position vertreten.
»Gut«, sagte der König seufzend. »Da werden wir einen sehr ungewöhnlichen Mann als Patriarchen bekommen, denn Ihr überlasst die Entscheidung meiner Mutter. Wenn Gott so gut ist, wie Ihr Templer sagt, dann wird er seine Blitze jedes Mal auf diesen Mann schleudern, wenn er sich einem Sklavenjungen, einer verheirateten Frau oder einem Esel nähert. Nun, das andere, worüber ich sprechen möchte, ist die militärische Lage. Hier belügen mich alle, wie Ihr sicher versteht. Manchmal brauche ich ein Jahr, um zu begreifen, was vorgefallen ist und was nicht. Beispielsweise auch wie es bei dem einzigen Sieg in all den Kriegen, die ich selbst geführt habe, eigentlich zugegangen ist. Erst war ich der große Sieger vom Mont Gisard, und es gab glaubwürdige Zeugen, die sogar den heiligen Georg in den Wolken reitend gesehen haben wollten. Inzwischen weiß ich, dass Ihr, Arn de Gothia, der Sieger wart. Habe ich recht?«
»Wahr ist«, antwortete Arn zögernd, da ihn der König direkt gefragt hatte und Arnoldo do Torroja nicht für ihn antworten konnte, »dass die Templer in dieser Schlacht drei oder viertausend der besten Männer Saladins besiegten.
Wahr ist aber auch, dass Jerusalems weltliche Armee fünfhundert schlug.«
»Ist das Eure Antwort, Arn de Gothia?«
»Ja, Sire.«
»Und wer hat die Templer in dieser Schlacht angeführt?«
»Das war ich mit Gottes Hilfe, Sire.«
»Gut. Dann war es tatsächlich so, wie ich geglaubt habe. Ein Vorteil von einigen Templern, und Ihr, Arn de Gothia, gehört offenbar dazu, ist es, dass man wahrheitsgemäße Antworten bekommt. So würde ich gerne meine letzten Lebensjahre verbringen, aber das wird mir kaum vergönnt sein. Also, sagt mir nun kurz etwas über die militärische Lage!«
»Die Lage ist kompliziert, Sire …«, begann Arnoldo do Torroja, wurde aber sofort vom König unterbrochen.
»Verzeiht mir, lieber Großmeister, aber der Meister von Jerusalem ist doch wohl im Augenblick der höchste militärische Befehlshaber Eures Ordens?«
»Ja, Sire, das stimmt«, antwortete Arnoldo do Torroja.
»Gut!«, sagte der König und seufzte lautstark. »Gott, wenn ich doch nur Leute wie Euch um mich hätte, die die Wahrheit sagen. Dann ist es wohl in Ordnung, dass ich Arn de Gothia die Frage stelle, lieber Großmeister, ohne damit Eure Regeln zu verletzen oder Eure Ehre zu kränken?«
»Das ist vollkommen in Ordnung«, erwiderte Arnoldo do Torroja etwas angestrengt.
»Also!«, sagte daraufhin der König
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