Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
Ihr versteht,
haben Männer wie Arnoldo do Torroja und in gewissem Ausmaß auch ich große Macht innerhalb unseres Ordens. Deswegen ist es bedeutsam, wer diese Ämter bekleidet, denn davon kann die Anwesenheit der Christenheit im Heiligen Land abhängen. Arnoldo do Torroja ist ein besserer Großmeister und ich bin ein besserer Meister von Jerusalem als viele andere. Nicht weil unser Glaube reiner wäre, nicht weil wir die größeren geistlichen Führer sind oder die Ritter besser anführen können, sondern weil wir zu den Templern gehören, die Frieden suchen statt Krieg. Diejenigen, die Krieg suchen, führen uns in den Untergang.«
»Du verteidigst deine Sünde also, indem du behauptest, dass sie das Heilige Land schützt?«, fragte Pater Louis mit feiner Ironie, die an Arn jedoch vollkommen vorbeiging.
»Ja, Vater, so ist es, wenn ich mein Gewissen erforsche«, antwortete er.
»Sag mir, mein Sohn …«, fuhr Pater Louis zögernd fort. »Wie viele Männer hast du in deiner Zeit als Ritter getötet?«
»Das kann ich unmöglich sagen, Pater. Nicht weniger als fünfhundert und auch nicht mehr als fünfzehnhundert, vermute ich. Man weiß nie so genau, was passiert, wenn ein Pfeil oder eine Lanze trifft.«
»Unter den Männern, die du getötet hast, waren doch sicher mehr als nur einer Christen?«
»Ja, sicher. Genauso wie es Sarazenen gibt, die auf unserer Seite kämpfen, kämpfen Christen auf der anderen Seite. Aber das zählt nicht. Die Regeln verbieten uns nicht, unsere Feinde mit Pfeilen zu beschießen, sie mit dem Schwert zu bekämpfen oder sie mit Pferd und Lanze anzugreifen. Wir können nicht jedes Mal, wenn wir die
Waffe heben, innehalten und uns nach dem Glauben des Feindes erkundigen.«
»Was machte es dann zu einer so großen Sünde, dass du diesen einen Christen erschlugst?«, fragte Pater Louis, dem das Ganze offenbar vollkommen schleierhaft war.
»Eine unserer wichtigsten Regeln lautet folgendermaßen«, antwortete Arn betrübt. »Wenn du dein Schwert erhebst, denke nicht daran, wen du töten wirst, denke daran, wen du schonen kannst. Ich habe versucht, nach dieser Regel zu leben, und ich hatte sie auch im Kopf, als ich sah, wie drei törichte Neuankömmlinge einfach zum Vergnügen wehrlose Frauen, Kinder und Alte überfallen und töten wollten. Diese standen allerdings unter dem Schutz von Gaza, wo ich damals Burgherr war.«
»Du hattest doch wohl das Recht, deine Schutzbefohlenen auch gegen Christen zu verteidigen?«, meinte Pater Louis.
»Ja, ganz sicher. Und ich versuchte auch, zwei von ihnen zu schonen. Meine Sünde besteht nicht darin, dass sie trotzdem den Tod fanden. So etwas passiert leicht, wenn man mit gezogener Waffe zusammentrifft. Auch den dritten Christen schonte ich zunächst, wie die Regel es vorschreibt und wie ich es mir außerdem vorgenommen hatte. Er dankte es mir, indem er mein Pferd vor meinen Augen tötete. Ich erschlug ihn sofort und aus Jähzorn.«
»Das ist natürlich schlimm«, seufzte Pater Louis und sah die Hoffnung auf einen einfachen Ausweg schwinden. »Du hast also einen Christen wegen eines Pferdes getötet?«
»Ja, Vater, das ist meine Sünde.«
»Das ist schlimm, wirklich schlimm«, nickte Pater Louis bekümmert. »Aber sag mir eins, was ich vielleicht nicht verstehe. Sind Pferde für einen Ritter nicht besonders wichtig?«
»Ein Pferd kann einem Ritter näherstehen als seine menschlichen Freunde«, antwortete Arn betrübt. »In Euren Ohren, Vater, klingt das vielleicht wahnsinnig oder zumindest ketzerisch, aber ich kann nur aufrichtig sagen, wie es ist. Mein Leben hängt von meinem Pferd und von unserer Kameradschaft ab. Mit einem schlechteren Pferd als dem, das vor meinen Augen getötet wurde, wäre ich sicher schon längst gefallen. Dieses Pferd hat mir das Leben öfter gerettet, als ich zählen kann. Seit vielen Jahren sind wir Freunde. Wir haben ein langes Kriegerleben zusammen verbracht.«
Diese kindliche Liebeserklärung an ein Tier berührte Pater Louis seltsam. Aber sein kurzer Aufenthalt am Mittelpunkt der Welt hatte ihn bereits gelehrt, dass hier vieles anders war, dass Dinge, die in der Heimat eine Sünde waren, hier nicht als solche galten, und umgekehrt. Deswegen wollte er nichts überstürzen und bat Arn um Bedenkzeit bis zum nächsten Tag. Bis dahin sollte Arn erneut Gott in seinem Herzen suchen und um die Vergebung seiner Sünde beten. Damit trennten sie sich, und Arn verschwand bedrückt, um die Aufgaben zu erledigen, die nicht länger
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