Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
neue und einzige Freundin, fiel es manchmal schwer, Blankas pragmatischen Gedanken zu folgen. Mehr als einmal wandte sie ein, dass sie auf nichts anderes hoffe, als dass ihr Geliebter zurückkomme, wie er das geschworen habe. Mit solcher Gefühlsduselei hatte Blanka Mühe. Die Liebe war vielleicht etwas für schöne Träume, aber aus der Gefangenschaft
in Gudhem konnte man sich nicht hinwegträumen. Aus Gudhem konnte man zu einem Hochzeitsfest geholt werden, und erst dort würde man sehen, ob der Bräutigam ein Tattergreis aus Linköping war oder ein junger und schöner Mann. Nichts in diesem Erdenleben konnte jedoch schlimmer sein, als jeden Tag vor Mutter Rikissa das Knie zu beugen.
Als Cecilia Rosa sagte, dass nichts schlimmer sein könne, als seinen Liebesschwur zu brechen, verstand Cecilia Blanka nicht, was sie meinte.
Die beiden waren sehr unterschiedlich. Die rothaarige Cecilia Rosa war friedlich, was ihre Rede und ihre Gedanken anging, als würde sie viel träumen. Die blonde Cecilia Blanka war impulsiv und dachte häufig an die Rache, die sie nehmen würde, wenn sie erst einmal Königin wäre. Oft sagte sie, dass die dumme Gans Helena den Tag der Geißelung mehr als alles andere in ihrem Leben bereuen würde. Vielleicht wären sich die beiden nie so nahe gekommen, wenn sie sich draußen in der freien Welt begegnet wären. Aber da das Leben sie nun einmal nach Gudhem und zu bösartigen, feigen und feindseligen Frauen geführt hatte, wurden sie Freundinnen.
Beide wollten sich auflehnen, aber keine wollte in den Karzer, in das kalte Erdloch mit den Ratten. Sie wollten gegen so viele Regeln wie möglich verstoßen, aber sie fanden es ärgerlich, wenn man ihnen auf die Schliche kam und sie bestrafen wollte. Bei den Bestrafungen schmerzte die Schadenfreude der Jungfrauen am meisten.
Mit der Zeit kamen sie darauf, wie sie auf unterschiedlichste Weise für Verdruss sorgen konnten. Cecilia Rosa sang reiner und schöner als alle anderen in Gudhem, und das zeigte sie jetzt, so oft sie konnte. Cecilia Blanka war im Grunde eine begabte Sängerin, aber sie störte den Gesang,
wo es nur ging, besonders zur Laudes oder Prim, wenn alle noch schläfrig waren. Dann sang sie immer ein wenig falsch - zu laut, zu schnell oder zu langsam. Es war gar nicht leicht, so falsch zu singen, aber Cecilia Blanka entwickelte darin eine immer größere Geschicklichkeit, konnte aber nie dafür bestraft werden. Auf diese Weise wechselten sie sich ab. Manchmal sang Cecilia Rosa so schön, dass die anderen kaum mitzusingen wagten. Wenn sie jedoch müde oder nicht zum Singen aufgelegt war, dann sang Cecilia Blanka so, dass alles verdorben wurde. Sie wurde jedes Mal zurechtgewiesen und versprach mit gesenktem Kopf, sich zu bessern und zu versuchen, so schön zu singen wie alle anderen.
Cecilia Rosa spielte die Schwache, Demütige und antwortete leise und mit gesenktem Blick, wenn Mutter Rikissa oder die Priorin zu ihr sprachen. Cecilia Blanka machte es genau umgekehrt. Sie antwortete mit hoch erhobenem Kopf und einer zu lauten Stimme, bediente sich aber einer tadellosen Sprache.
Jeden Tag nach der Sext wurde das Prandium verzehrt. Dabei wurden zwei Sorten Pulmentaria gegessen, meist Linsen- oder Bohnensuppe, in die Brot getunkt wurde. Das Essen nahm man schweigend zu sich, während die Lectora Textstellen las, die für junge Frauen besonders lehrreich waren. Dabei geschah es auffällig oft, dass Cecilia Blanka gerade dann laut schmatzte, wenn die Lesung an einem entscheidenden Punkt angelangt war. Einige der sverker’schen Jungfrauen brachen dabei häufig in lautes Gekicher aus, nicht zuletzt, um Mutter Rikissa auf Cecilia Blankas Frechheit hinzuweisen, doch dann konnte es vorkommen, dass Rikissa diejenigen strenger zurechtwies, die gekichert hatten, als diejenige, die geschmatzt hatte.
Nach dem Prandium gingen alle in einer langsamen Prozession vom Refektorium zum Dankgebet in die Kirche. Dabei wurde das Kyrie gesungen. Cecilia Blanka nutzte immer die Gelegenheit, sich lautstark zu räuspern, zu trampeln, wie ein Mann zu gehen oder zu stolpern, sodass die Prozession durcheinanderkam. Neben ihr ging Cecilia Rosa und sang, mit ihrer schönsten Stimme, den Blick in die Ferne gerichtet und mit verträumtem Gesichtsausdruck.
Für die beiden war das ein Spiel. Ständig sprachen sie über ihre Streiche und versuchten sich neue auszudenken. Aber da sie stets miteinander sprachen, selbst wenn es verboten war, halfen ihnen ihre List, die
Weitere Kostenlose Bücher