Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
Herr, dass ich mich aller Kleider entledigen soll … Die Ordensregeln sehen doch vor …«
»Du bist in Jerusalem, der heiligsten unter den Städten und überdies in ihrem heiligsten Bezirk. Hier gelten andere Regeln!«, schnitt ihm Arn das Wort ab. »Danach trittst du durch die nächste Tür in den inneren Raum. Dort findest du Wasser, in das du deinen ganzen Körper tauchen kannst, und Öle, die du anwenden sollst. Du musst dich waschen, deinen Körper vollständig ins Wasser tauchen, auch dein Haar, du musst dich von oben bis unten reinigen. Hast du verstanden, was ich gesagt habe?«
»Ja, Herr, ich habe verstanden. Aber die Ordensregel …«
»Wasch dich so lange«, fuhr Arn unbekümmert fort, als bereite es ihm nun keine Mühe mehr, mit trockenem Mund zu sprechen, »bis es dämmert. Wenn du den Muezzin hörst, der die Ungläubigen zum Gebet ruft, dann kehre in das äußere Zimmer zurück. Dort liegen dann neue Kleider, allerdings von der gleichen Art wie die, mit denen du gekommen bist. Die sollst du dann anlegen. Ich warte hier draußen auf dem Gang. Hast du alles verstanden?«
»Ja, Herr.«
»Gut. Dann habe ich dir nur noch eine Sache zu sagen. Du wirst dich mit Wasser waschen, du wirst deinen ganzen Körper in Wasser versenken, Wasser wird um dich
herum und über dir sein, und zwar in großen Mengen. Aber du darfst keinen Tropfen trinken!«
Armand fand keine Worte. Er war zu verblüfft. Sein Herr hatte bereits auf dem Absatz kehrtgemacht und trat durch die Nachbartür. Gerade als er im Begriff war, ganz zu verschwinden, fiel ihm etwas ein. Er blieb stehen, drehte sich um und lächelte.
»Keine Sorge, Armand. Die Leute, die deine Kleider wechseln, sehen dich nicht nackt. Sie wissen nicht einmal, wer du bist. Sie gehorchen einfach.«
Und damit verschwand der Templer aus Armands Blickfeld hinter der energisch geschlossenen Tür.
Armand verharrte vorerst reglos. Er spürte, wie ihm nach diesen bemerkenswerten Anweisungen das Herz in der Brust pochte. Dann aber nahm er sich zusammen und trat, ohne zu zögern, in den ersten Raum. Es war, wie sein Herr gesagt hatte: Dort gab es nichts außer einer Bank und einer weiteren Tür. Der Fußboden war strahlend weiß, und die Wände waren mit himmelblauen Kacheln bedeckt. Die Decke war weiß gekalkt und wölbte sich zu einer kleinen Kuppel mit Lichtschlitzen in Sternenmuster.
Als Erstes legte er seinen übelriechenden Umhang ab, den er wie sein Herr über dem linken Arm getragen hatte. Dann schnallte er sein Schwert vom Gürtel und zog sein schmutziges und blutiges Waffenhemd aus. Dabei zögerte er nicht im Geringsten. Es war auch weiter nichts dabei, das Kettenhemd und die gepanzerten Beinkleider auszuziehen und mit diesen zusammen die stahlbeschlagenen Schuhe.
Aber dann, als er nur noch in seinem verschwitzten Hemd dastand, verließ ihn der Mut. Doch Befehl war Befehl, und er zog Hemd und Gürtel aus. Doch bei den beiden
Lammfellen, mit denen er sich gegürtet hatte, befiel ihn erneuter Zweifel. Da schloss er die Augen, entledigte sich auch dieser, und stand eine Weile lang vollkommen nackt da, ehe er es wagte, wieder die Augen zu öffnen. Es war wie in einem Traum, von dem er allerdings nicht wusste, ob er gut oder böse war, nur dass er weitergehen und gehorchen musste. Dann riss er voll männlicher Entschlusskraft die Tür zum nächsten Raum auf, trat ein, warf die Tür hinter sich zu und schloss die Augen erneut.
Was er sah, als er sich dazu zwang, die Augen wieder zu öffnen, war von überwältigender Schönheit. Der Raum hatte drei Bogenfenster mit hölzernen Läden, durch die Licht hineinfiel. Einige von Jerusalems Türmen und Minaretten waren zu sehen. Außerdem hörte man die Stadt. Einige Tauben flatterten draußen im Sommerabend vorbei. Aber natürlich konnte niemand durch die Lamellen in die Dunkelheit dieses hoch gelegenen Raums hineinsehen.
Die Wände waren mit sarazenischen Mustern in Blau, Grün, Schwarz und Weiß verziert, die an diejenigen an der Kirche mit der Goldkuppel erinnerten. Die Gewölbe ruhten auf schlanken Marmorsäulen, die sich vom Fußboden bis zur Decke zu winden schienen. Der Boden war schachbrettartig mit schwarz- und goldglasierten Fliesen belegt, die jeweils von doppelter Handbreite waren. Links im Raum befand sich ein im Fußboden eingelassenes Bassin, in das einige Stufen hinabführten, und in dem zwei Pferde mühelos Platz gehabt hätten. Rechts war ein weiteres Becken. Auf zwei Tischen mit Intarsien aus Perlmutt, die
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