Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
begannen die Knappen mit dem Abladen. Arn gab Armand ein Zeichen, ihm zu folgen.
Sie durchschritten die unendlichen Stallungen. Armand hatte gehört, dass hier Platz für zehntausend Pferde sei, aber das kam ihm übertrieben vor. Jemand anders hatte jedoch gesagt, ihre Länge betrage einen Pfeilschuss und ihre Breite ebenfalls, was ihm ganz zutreffend erschien. Die Ställe waren schön ausgeschmückt und sauber, nirgends in den Gängen lagen Pferdeäpfel oder Stroh, das Pflaster war ordentlich gefegt. Überall standen Pferde, die entweder vor sich hin träumten oder aber gestriegelt oder beschlagen wurden. Einige wurden auch getränkt oder gefüttert, und all dies erledigte eine Armee braun
gekleideter Stallknechte. Einige schwarz gekleidete Knappen und Ritterbrüder in Weiß waren ebenfalls mit ihren Pferden beschäftigt. Jedes Mal, wenn sie an einem der Knappen vorbeikamen, verbeugte sich Armand. Jedes Mal, wenn sie einen Templer sahen, verbeugte sich Arn. Armand sah eine Macht und Stärke, die er sich nicht hatte vorstellen können. Er war bisher erst einmal in Jerusalem gewesen, um die Kirche des Heiligen Grabes mit einer Gruppe Rekruten zu besuchen. Aber er hatte noch nie das Anwesen der Templer in Jerusalem betreten, und trotz aller Gerüchte, die er gehört hatte, erwies sich dieses als unendlich viel größer, als er sich es hatte vorstellen können. Allein der Wert all dieser schönen und gepflegten Pferde mit arabischem, andalusischem oder fränkischem Blut hätte ausgereicht, um eine große Armee zu bezahlen.
Ganz hinten in den Ställen führten schmale Wendeltreppen nach oben. Armands Herr schien sich hier sehr gut auszukennen. Er brauchte niemanden zu fragen und wählte, ohne zu zögern, die dritte oder vierte Treppe, die sie schweigend im Dunkeln hinaufstiegen. Als sie plötzlich auf einen großen Innenhof traten, war Armand vom hellen Licht geblendet. Die untergehende Sonne schien auf eine große Kuppel aus Gold und eine etwas kleinere aus Silber. Sein Herr blieb stehen und deutete auf etwas, sagte aber immer noch nichts. Armand bekreuzigte sich bei dem heiligen Anblick, aber dann staunte er nur noch. Aus der Nähe sah die goldene Kuppel, die er bisher immer nur aus der Ferne gesehen hatte, wirklich so aus, als sei sie mit Platten aus purem Gold gedeckt. Er hatte immer geglaubt, dass es sich um goldglasierte Ziegel handelte. Ein ganzes Kirchendach aus reinem Gold, das war wirklich ein schwindelerregender Gedanke.
Sein Herr schwieg immer noch, bedeutete ihm aber nach einer Weile weiterzugehen. Sie gelangten nun in eine abgeschiedene Welt aus Gärten und Springbrunnen zwischen einem Gewirr aus Häusern in allen möglichen Farben und Baustilen. Einige sahen aus wie sarazenische Häuser, andere wie fränkische, manche waren weiß gekalkt und manche mit blau-, grün- und weißglasierten sarazenischen Kacheln verkleidet, die außerordentlich unchristliche Ornamente aufwiesen. Schließlich betraten sie eine Häuserzeile, die von kleinen, weiß gekalkten Kuppeln gekrönt wurde. Armand hielt zwei Schritte Abstand zu seinem Herrn.
Sie blieben vor einigen weißen Türen stehen, auf denen sich das rote Kreuz der Templer in der Größe einer Handfläche befand. Arn wandte sich zu seinem Knappen um und betrachtete ihn forschend und etwas amüsiert. Dann erst sprach er. In Armands Kopf herrschte vollkommene Leere. Er hatte nicht die geringste Vorstellung, was jetzt geschehen würde, und wusste nur, dass er wahrscheinlich einen Befehl erhalten würde, dem er gehorchen musste. Sein Durst brachte ihn fast um den Verstand.
»Jetzt, mein guter Knappe, wirst du tun, was ich dir sage, und nichts anderes«, meinte Arn schließlich. »Du gehst durch diese Tür. Dann kommst du in einen Raum, der bis auf eine Bank leer ist. Dort sollst du …«
Arn zögerte und räusperte sich. Sein Mund war trocken, und er konnte nur mit Mühe sprechen.
»Dort sollst du deine Kleider ausziehen, und zwar alle: Waffenhemd, Kettenpanzer, Beinkleider, Schuhe und … auch das, womit du den unreinen Teil des Männerkörpers gürtest, sogar den Teil, den du sonst nie ablegst. Schließlich sollst du das Hemd ausziehen, das du unter deinem
Kettenpanzer trägst, und den Gürtel ablegen, bis du vollkommen nackt dastehst. Hast du mich verstanden?«
»Ja, Herr, ich habe verstanden«, flüsterte Armand errötend, senkte den Blick und musste sich sehr anstrengen, um noch weitere Worte über seine trockenen Lippen zu bringen. »Aber Ihr sagt mir,
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