Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
ein Wadi hinauf verfolgten, das eine Art Falle bildete. Genau darauf hatten wir gehofft, als wir aus der Ferne die Jagd mitverfolgten, denn dieser Taktik hatten sie sich schon früher bedient. Wir bezogen auf dem Kamm Stellung. Im richtigen Augenblick griffen wir an, mein Herr Arn natürlich als Erster und ich flankierend schräg hinter ihm, wie es die Regeln vorsehen. Der Rest war leichtes Spiel. Mein Herr Arn gab mir mit der Lanze das Zeichen, dass er erst einen Scheinangriff gegen den linken der beiden ersten Räuber machen würde, was mir natürlich eine glänzende Gelegenheit verschaffte. Der Räuber gab sich mir gegenüber eine Blöße. Ich musste nur noch mit der Lanze zielen und zustoßen.«
»Hattest du in diesem Augenblick Angst?«, fragte der Meister von Jerusalem milde, beunruhigend milde.
»Meister von Jerusalem!«, antwortete Armand mit lauter Stimme, aber dann zögerte er. »Ja … ich muss zugeben, dass ich Angst hatte.«
Er schaute auf, um zu sehen, wie die anderen am Tisch darauf reagieren würden. Aber weder der Meister von Jerusalem noch Arn oder die beiden anderen hohen Ritterbrüder ließen erkennen, was sie von einem Knappen hielten, der sich im Kampf fürchtete.
»Ich empfand Angst, aber auch Entschlossenheit. Das war ja die Gelegenheit, auf die wir so lange gewartet hatten, und jetzt durften wir sie nicht versäumen«, fügte er so schnell hinzu, dass sich seine Worte überschlugen. Er hatte das Gefühl, sich in seinen eigenen unklaren Gedanken zu verstricken.
Doch jetzt stieß Arn vorsichtig mit seinem syrischen Weinglas auf den Tisch, der Meister von Jerusalem tat es ihm nach und schließlich auch die beiden Ritterbrüder. Dann lachten alle herzlich und gutmütig.
»Siehst du, mein guter, junger Knappe«, sagte der Meister von Jerusalem und schüttelte mit einem verschmitzten Lächeln den Kopf, »was man als Bruder in unserem Orden ertragen muss. Man muss sich zu seiner Angst bekennen! Aber diejenigen unter uns, die im entscheidenden Augenblick nicht eine gewisse Angst empfinden, wohlgemerkt nur eine gewisse, sind Dummköpfe. Und für Dummköpfe ist unter unseren Brüdern kein Platz. Nun, wann kann er als Bruder in unseren Orden aufgenommen werden?«
»Bald«, antwortete Arn. »Eigentlich sehr bald. Ich werde das erste Gespräch gemäß unseren Regeln führen, sobald wir wieder in Gaza sind. Aber …«
»Ausgezeichnet!«, schnitt ihm der Meister von Jerusalem das Wort ab. »Dann komme ich bei der Aufnahme selbst zur Visitation und gebe dir nach Arn den zweiten Willkommenskuss!«
Der Meister hob sein Weinglas und trank Armand zu. Die anderen Templer folgten seinem Beispiel. Das Herz pochte Armand in der Brust, und er musste sich anstrengen, damit seine Hand nicht zitterte. Dann hob er sein Glas und verbeugte sich nacheinander vor seinen vier Vorgesetzten, ehe er ebenfalls trank. Er war sehr glücklich.
»Aber jetzt ist die Lage kritisch, und für die drei Tage, die die Aufnahmezeremonie dauert, ist möglicherweise keine Zeit, zumindest nicht jetzt«, meinte Arn, gerade als das Gespräch eine frohe und unbekümmerte Wendung hätte nehmen sollen.
»Unter den Sarazenen, die wir zufällig aus einer schwierigen Situation retteten, befand sich kein geringerer als Salah ad-Din Jussuf ibn Aijub«, begann Arn knapp und schnell und wartete die große Unruhe, die sich um den Tisch herum ausbreitete, nicht ab, sondern fuhr unberührt fort: »Am Abend brachen wir zusammen das Brot und sprachen miteinander, und diesem Gespräch habe ich entnommen, dass uns der Krieg bald erreicht.«
»Du hast mit Saladin Brot gebrochen und mit ihm zusammengesessen«, stellte der Meister von Jerusalem hart fest. »Du hast mit dem größten Feind der Christenheit gegessen und ihn lebend entkommen lassen?«
»Ja, so ist es«, antwortete Arn. »Und darüber gäbe es viel zu sagen, aber die simple Wahrheit ist, dass er lebend entkommen durfte. Zum einen haben wir Waffenruhe, und zum anderen hatte ich ihm mein Wort gegeben.«
»Du hast Saladin dein Wort gegeben?«, fragte der Meister von Jerusalem und runzelte die Stirn.
»Ja, so ist es. Ich gab ihm mein Wort, ehe ich begriff, wer er war. Aber jetzt gibt es wichtigere Dinge, über die wir sprechen müssen«, antwortete Arn in der schnellen Sprache, der man sich draußen im Feld bediente.
Der Meister von Jerusalem saß eine Weile lang schweigend da und rieb sich mit der Faust das Kinn. Dann deutete er plötzlich auf Armand, der seinen Herrn mit entsetzten
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