Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
Freund in die Augen. Aber in der Dunkelheit des Säulengangs war es schwer, den Blick des anderen zu deuten.
»Du bist mein Freund, Arn, aber missbrauche diese Freundschaft nicht, denn das könnte dich eines Tages teuer zu stehen kommen«, meinte er mürrisch. »Zurzeit ist Odo Großmeister, aber diesen Schutz hast du vielleicht nicht für immer!«
»Wenn Odo fällt, dann wirst du wahrscheinlich der nächste Großmeister, und du bist ebenfalls mein Freund«, antwortete Arn, als hätte er nur leichthin etwas über das Wetter gesagt.
Da konnte Arnoldo do Torroja wirklich nicht länger seine strenge Haltung wahren. Er musste lachen, und jeder Beobachter hätte das in dieser für die Templer und Jerusalem so schweren Stunde sicher für sehr unpassend gehalten.
»Du bist nun schon lange bei uns, Arn, und du bist wie einer der unseren - außer in deiner Rede. Manchmal, mein Freund, könnte man den Verdacht hegen, dass sich in deiner Rede eine gewisse Frechheit verbirgt. Sind alle
Angehörigen deines nördlichen Volksstammes so, oder liegt das nur daran, dass wir dir den Lümmel noch nicht ausgepeitscht haben?«
»Ich habe genug Hiebe bekommen, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Arnoldo«, antwortete Arn in demselben unbekümmerten Tonfall. »Es mag sein, dass wir da oben im Norden, wo früher mein Zuhause war, weniger unterwürfig und einschmeichelnd miteinander sprechen als gewisse Franken. Aber was ein Templer sagt, soll immer daran gemessen werden, was er tut.«
»Immer noch dieselbe Frechheit und derselbe Mangel an Respekt vor deinem Vorgesetzten. Trotzdem bist du mein Freund, Arn, aber achte auf deine Zunge und halte sie im Zaum.«
»Im Augenblick steht doch wohl eher mein Kopf auf dem Spiel. Wir in Gaza bekommen den ersten Schlag ab, wenn Saladin angreift. Wie viele Ritter kannst du an mich abtreten?«
»Ich stelle vierzig neue Ritter unter deinen Befehl.«
»Damit sind wir dann achtzig Ritter und knapp dreihundert Knappen gegen eine Armee, die vermutlich aus nicht weniger als fünftausend ägyptischen Reitern besteht. Ich hoffe, dass du es mir überlässt, wie ich dieser Armee begegne. Der Befehl, ihr in einer Ebene, Lanze gegen Lanze, zu begegnen, würde mir nicht gefallen.«
»Hast du Angst davor, für die heilige Sache zu fallen?«, fragte Arnoldo do Torroja spöttisch.
»Sei nicht kindisch, Arnoldo!«, fauchte Arn. »Sich für nichts und wieder nichts in den Tod zu stürzen finde ich fast gotteslästerlich. Davon haben wir hier in Outremer schon zu viel gesehen. Neuankömmlinge, die sofort ins Paradies kommen wollen und uns damit große Verluste
beibringen und den Feind bereichern. Solche Dummheiten sollten meiner Meinung nach nicht mit Sündenvergebung belohnt werden, da sie selbst eine Sünde darstellen.«
»Ein Templer, der völlig atemlos, weil er in den Tod geeilt ist, an der Pforte des Paradieses anklopft, muss also mit einer unangenehmen Überraschung rechnen. Meinst du das?«
»Ja, aber so würde ich das nur meinen engsten Freunden gegenüber formulieren.«
»Da stimme ich dir übrigens lebhaft zu. Wie auch immer, tu, was du für richtig und sinnvoll hältst. Das ist mein einziger Befehl an dich.«
»Danke, Arnoldo, mein Freund. Ich schwöre, dass ich mein Bestes tun werde.«
»Daran zweifle ich nicht, Arn, wirklich nicht. Und ich bin froh, dass du den Befehl über Gaza hast, da die erste Schlacht des Krieges wohl genau dort stattfinden wird. Eigentlich hätten wir dir einen so hohen Posten gar nicht geben dürfen, damit wären auch andere fertiggeworden. Du bist viel zu wertvoll im Feld, um den ganzen Tag auf einer Burg herumzusitzen.«
»Aber?«
»Aber jetzt ist es nun einmal so. Odo de Saint Amand hält seine schützende Hand über dich. Ich glaube, er will, dass du in den Rängen aufsteigst. Ich halte ebenfalls meine Hand über dich, was immer das wert sein mag. Aber Gott hat uns offenbar beigestanden. Wider alle Vernunft hast du, unser Turkopel, diese Stellung bekommen. Eigentlich ist das eine Vergeudung von Streitkräften. Aber Gott verfolgt mit allem eine Absicht. Möge er dir und den Unseren beistehen, wenn der Sturm kommt. Wann reitest du?«
»In der Dämmerung. Wir haben in Gaza noch eine Menge vorzubereiten, aber nicht mehr viel Zeit.«
Die Stadt Gaza war mit ihrer Burg der südlichste Vorposten der Templer in Outremer. Seit ihrer Erbauung war die Burg noch nie belagert worden. Die vorbeiziehenden Armeen waren immer die eigenen gewesen, auf dem Weg von Norden nach
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