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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Offiziere und drei Ärzte, alle aus dem 9., dem 26. und dem 23. Infanterie-Bataillon von Bahia ausgewählt. Die kleine Ortschaft empfing sie mit einer Ansprache des Bürgermeisters, einer Messe in der Kirche Santo Antônio, einer Gemeinderatssitzung und einem arbeitsfreien Tag, damit die Leute die Parade mit Trompeten und Trommelwirbel auf dem Hauptplatz bewundern konnten. Noch ehe der Aufmarsch begann, waren freiwillige Kundschafter nach Norden aufgebrochen, um Canudos die Zahl der Soldaten und die Waffen der Expedition und ihre Marschroute mitzuteilen. Die Nachrichten lösten keinerlei Überraschung aus. Wie konnten sie überrascht sein, daß Wirklichkeit wurde, was Gott ihnen durch den Mund des Ratgebers verkündet hatte? Neu war nur, daß die Soldaten diesmal über Cariacá, die Serra de Acarí und das Ipueiras-Tal kommen würden. João Abade riet, Schützengräben auszuheben, Schießpulver und Munition anzufahren und Leute auf den Hängen des Cambaio aufzustellen, denn von dorther mußten die Protestanten kommen.
    Der Ratgeber schien sich im Augenblick mehr um den beschleunigten Bau des Tempels des guten Jesus zu sorgen als um den Krieg. Vom frühen Morgen an leitete er die Arbeiten, die sich jedoch verzögerten, da man die Steine von immer weiter entfernten Steinbrüchen herschaffen mußte, und sie auf die Türme hochzuziehen war ein schwieriges Unternehmen, bei dem manchmal die Stricke rissen und die aufprallenden Steine Gerüste und Arbeiter mitrissen. Und manchmal befahl der Heilige, eine schon fertige Mauer wieder einzureißen und weiter weg wiederaufzubauen oder ein Fenster zu versetzen, weil Eingebung ihm sagte, daß es nicht in der Richtung der Liebe lag. Man sah ihn zwischen den Leuten, um ihn herum der Löwe von Natuba, der Beatinho, Maria Quadrado und die frommen Frauen des Heiligen Chors, die ständig in die Hände klatschten, um die Fliegen zu verscheuchen, die den Heiligen belästigten. Täglich kamen drei, fünf, zehn Familien oder Gruppen von Pilgern mit ihren paar Ziegen und ihren Wägelchen nach Canudos, und Antônio Vilanova wies ihnen im Labyrinth der Häuser eine freie Stelle, wo sie bauen konnten. Jeden Abend vor der Stunde des Rats empfing der Heilige die Neuangekommenen in dem noch dachlosen Tempel. Der Beatinho führte sie durch die Massen der Getreuen zu ihm, und obwohl der Ratgeber es zu hindern suchte und sagte »Gott ist ein anderer«, fielen sie zu seinen Füßen nieder, um sie zu küssen oder sein Gewand zu berühren, während er sie segnete und sie mit diesem Blick ansah, der einem vorkam, als sei er immer ins Jenseits gerichtet. Dann brach er die Begrüßungszeremonie ab, indem er aufstand, und die Menge gab ihm den Weg frei zu der kleinen Leiter, die auf die Gerüste führte. Er predigte mit rauher Stimme, ohne sich zu bewegen, über die immer gleichen Themen: die Überlegenheit des Geistlichen, die Vorteile der Armut und des kargen Lebens, den Haß auf die Gottlosen und die Notwendigkeit, Canudos zu retten, damit die Gerechten eine Zuflucht hätten.
    Die Leute hörten ihm zu, hingerissen, überzeugt. Die Religion erfüllte nun ihre Tage. Jede der gewundenen Gassen, die neu entstanden, wurde in einer Prozession auf den Namen eines Heiligen getauft. An allen Ecken und Winkeln standen in Nischen Bilder der Jungfrau, des Kindes, des guten Jesus und des Heiligen Geistes, und jedes Viertel, jedes Gewerbe errichtete seinem Schutzheiligen Altäre. Viele der zuletzt Gekommenen änderten ihre Namen zum Zeichen, daß nun ein neues Leben begann. Doch manchmal mischten sich neue Sitten wie Schmarotzerpflanzen in die katholischen Gebräuche. So pflegten ein paar Mulatten beim Beten zu tanzen, weil sie angeblich glaubten, daß sie bei dem frenetischen Stampfen mit ihrem Schweiß auch ihre Sünden ausschwitzten. Die Neger schlossen sich im Nordteil von Canudos in einem Block strohgedeckter Lehmhütten zusammen, der später den Namen Mocambo erhielt. Die Indios aus Mirandela, die sich überraschenderweise in Canudos niedergelassen hatten, kochten vor aller Augen Kräutersude, die einen starken Geruch verströmten und sie in Ekstase versetzten. Außer den Pilgern kamen natürlich auch Wundertäter, Händler, Schnüffler und Neugierige. Zwischen den dicht gedrängten Hütten sah man Frauen, die aus der Hand lasen, Schwindler, die sich brüsteten, mit den Toten sprechen zukönnen, und Troubadoure wie die vom Zirkus des Zigeuners, die sich ihren Unterhalt damit verdienten, daß sie Romanzen sangen

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