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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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beschworen, zugegen gewesen zu sein – ein Liebeslied, in dem der Name Almudia vorkam. Als er zu Ende gesungen hatte, waren seine Augen voll Scham. »Laß mich jetzt los«, röchelte er. »Ich laß dich los, wenn meine Tochter gesund ist«, antwortete der Klempner dumpf. »Und wenn sie nicht gesund wird, verbrenne ich dich neben ihrem Grab. Das schwöre ich bei meiner Seele.« Er blickte auf die Pardinas – Vater, Mutter, Geschwister, die wie erstarrt vor den Gewehrläufen standen – und fügte in einem Ton, der keinen Zweifel ließ, hinzu: »Lebendig werde ich dich verbrennen, auch wenn die Meinen und die Deinen sich jahrhundertelang gegenseitig umbringen werden.«Almudia starb nach einem Blutsturz noch in derselben Nacht. Die Nachbarn dachten, Zósimo würde weinen, sich die Haare raufen, Gott verfluchen oder Zuckerrohrschnaps trinken, bis er umfiel. Doch er tat nichts von dem allen. Die Betäubung der vorausgegangenen Tage wich einer kalten Entschlossenheit, mit der er die Beerdigung seiner Tochter und zugleich den Tod des Hexenmeisters vorbereitete. Er war nie böse gewesen, weder ausschweifend noch gewalttätig, sondern ein hilfsbereiter, freundlicher Nachbar. Deshalb bemitleideten ihn alle und verziehen ihm im voraus, was er tun würde, einige billigten es sogar.
    Zósimo ließ neben dem Grab einen Pfahl aufstellen und Stroh und dürre Zweige herbringen. Die Pardinas wurden in ihrem Haus festgehalten. Der Löwe, an Händen und Füßen gefesselt, war in den Pferch des Klempners gesperrt. Dort verbrachte er die Nacht, hörte die Gebete der Totenwache, die Beileidsbezeugungen, die Litaneien, das Weinen. Am nächsten Morgen hoben sie ihn auf einen Eselskarren, und so folgte er dem Trauerzug, wie immer in einigem Abstand. Als sie auf dem Friedhof waren und der Sarg unter neuen Gebeten ins Grab gesenkt wurde, banden ihn zwei Neffen des Klempners auf dessen Anweisung an den Pfahl, schichteten das Stroh und die Zweige darum auf, mit denen er verbrannt werden sollte. Fast das ganze Dorf war zugegen, um die Opferung zu sehen.
    In diesem Augenblick kam der Heilige. Er mußte in der Nacht oder am gleichen Morgen die Füße ins Dorf gesetzt und irgend jemand ihm berichtet haben, was hier geschehen sollte. Doch den Leuten, die das Übernatürliche glaubhafter fanden als das Natürliche, war diese Erklärung zu einfach. Später sagten sie, sein Ahnungsvermögen oder der gute Jesus hätten ihn in diesem Augenblick in diesen Winkel des Sertão von Bahia geführt, um einen Irrtum zu vermeiden, einem Verbrechen zuvorzukommen oder einfach, um eine Probe seiner Macht abzulegen. Er kam nicht allein, wie das erstemal, als er in Natuba gepredigt hatte, auch nicht nur von zwei oder drei Pilgern begleitet, wie das zweitemal, als er nicht nur Rat erteilte, sondern auch die verlassene Kapelle des Jesuitenklosters am Hauptplatz wieder instand gesetzt hatte. Diesmal begleiteten ihn an die dreißig Menschen, mager und arm wie er, aber mit glücklichenGesichtern. An ihrer Spitze brach er sich Bahn durch die Menge bis zu dem Grab, auf das eben die letzten Schaufeln Erde geworfen wurden.
    Der Mann in Violett wandte sich an Zósimo, der mit hängendem Kopf dastand und auf die Erde blickte: »Hast du sie in ihrem besten Kleid und in einem schön gezimmerten Sarg beerdigt?« frage er ihn mit liebenswürdiger, wenn auch nicht liebevoller Stimme. Zósimo nickte fast unmerklich. »Wir werden zum Vater beten, damit er sie freudig im Himmel empfange«, sagte der Ratgeber. Und er und die Büßer psalmodierten und sangen am Grab. Erst danach deutete der Heilige auf den Pfahl, an dem der Löwe festgebunden war. »Was willst du mit diesem Jungen tun, Bruder?« fragte er. »Ihn verbrennen«, antwortete Zósimo. Und inmitten einer Stille, die zu dröhnen schien, erklärte er ihm, warum. Der Heilige nickte, ohne sich zu verändern. Dann ging er auf den Löwen zu und gab Zeichen, die Leute sollten ein wenig beiseite gehen. Der Heilige beugte sich über den Festgebundenen und sprach ihm ins Ohr, dann näherte er sein Ohr dem Mund des Löwen, um zu hören, was dieser sagte. Und so, indem der Ratgeber seinen Kopf zwischen dem Ohr und dem Mund des Löwen hin und her bewegte, tauschten sie Geheimes aus. Niemand rührte sich, alle warteten auf etwas Außergewöhnliches.
    Und in der Tat war dies ebenso erstaunlich, wie einen jungen Mann auf einem Scheiterhaufen schmoren zu sehen. Denn als sie schwiegen, sagte der Heilige mit jener Ruhe, die ihn nie verließ, und

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